In der Phase-III-Studie FLAMES profitierten Frauen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom bezüglich des progressionsfreien Überlebens unabhängig von ihrem BRCA1/2-Mutationsstatus von der Erhaltungstherapie mit dem PARP-Inhibitor Senaparib - zumindest in der chinesischen Studienpopulation.

PARP(Poly-[ADP-Ribose]-Polymerase)-Inhibitoren (PARPi) haben laut Xiaohua Wu, Shanghai, China, die Erhaltungstherapie für Frauen mit einem fortgeschrittenen Ovarialkarzinom revolutioniert, die nach einer platinbasierten Chemotherapie in Remission sind. PARPi hemmen die PARP-Enzyme und damit die Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen. In normalen Zellen können DNA-Doppelstrangbrüche trotzdem über die homologe Rekombination repariert werden. Die BRCA1/2-Mutation in Tumorzellen unterbindet allerdings diesen Weg und führt zu einer Defizienz der homologen Rekombination (HRD), weshalb sich DNA-Schäden in der Zelle ansammeln. Die Folge ist ein hoher Grad an genomischer Instabilität und letztlich der Tod der Tumorzelle. Jedoch würden die Hälfte der Patientinnen weder eine BRCA-Mutation noch eine HRD aufweisen, erklärte Wu. Chinesische Patientinnen mit BRCA-Wildtyp hatten in der Primäranalyse der Phase-III-Studie FLAMES aber trotzdem von einer Erhaltungstherapie mit dem neuartigen PARPi Senaparib (inhibiert PARP 1 und PARP 2) profitiert [Wu X et al. ESMO. 2023;Abstr LBA36].

Neuartiger PARPi mit vergleichbarer Effektivität wie bereits zugelassene PARPi

In der FLAMES-Studie wurden Frauen mit einem serösen oder endometroiden High-grade-Ovarialkarzinom (FIGO-Stadium III-IV) behandelt, die auf eine platinbasierte Chemotherapie in der Erstlinie angesprochen hatten. Sie hatten bis zu zwei Jahre lang 2 : 1 randomisiert entweder oral Senaparib (n = 270) oder Placebo (n = 133) bis zum Auftreten einer Progression oder einer nicht akzeptablen Toxizität erhalten. Ungefähr 34 % der Frauen waren BRCA-positiv.

Nach einem medianen Follow-up von 22,3 Monaten zeigte sich im primären Endpunkt, dem progressionsfreien Überleben (PFS), ein verbessertes PFS unter Senaparib im Vergleich zu Placebo, der Median des PFS sei aber noch nicht erreicht worden (Hazard Ratio [HR] 0,43; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,32-0,58; p < 0,0001), sagte Wu. Dies entspreche einer 57 %igen Risikoreduktion für eine Krankheitsprogression oder Tod im Senaparib-Arm.

Diese Daten decken sich nach Darstellung des Diskutanten Charlie Gourley, Edinburgh, Großbritannien, mit den Ergebnissen aus anderen PARPi-Studien.

BRCA1/2-unabhängige Wirksamkeit in chinesischer Population

Die Besonderheit der Studie: Der PFS-Vorteil zeigte sich über alle Subgruppen hinweg. Die HRD-Scores seien zwar noch nicht verfügbar, aber das PFS von BRCA1/2-Wildtyp-Patientinnen war bereits vergleichbar mit dem der Patientinnen mit BRCA1/2-Mutation (HR in beiden Subpopulationen 0,43). Das sei ungewöhnlich, betonte Gourley, denn in anderen PARPi-Studien war die Effektivität der PARP-Inhibition bei Patientinnen mit BRCA1/2-Mutation am höchsten, gefolgt von Patientinnen mit BRCA-Wildtyp. Am wenigsten hätten bisher HRD-negative Patientinnen von einer Therapie mit PARPi profitiert, fasste Gourley die Datenlage zusammen.

Ein ähnliches Ergebnis sei bislang nur in der Phase-III-Studie PRIME [Li N et al. JAMA Oncol. 2023;9(9):1230-7] mit einer Niraparib-Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom zu sehen gewesen. Auch diese Studie sei in einer chinesischen Population durchgeführt worden war, so Gourley. Er vermutet, dass sich bei chinesischen Patientinnen möglicherweise eine andere molekulare Landschaft der High-Grade-Ovarialkarzinome finden könnte als beispielsweise bei Patientinnen mit einem nordeuropäischen Ursprung. Die Effektivität von Senaparib in einer europäischen Patientenkohorte bleibt aber abzuwarten. Die Verträglichkeit entsprach der der bislang bekannten PARPi, doch die Langzeittoxizität sei noch unbekannt, ergänzte Gourley.

Bericht vom ESMO Congress 2023, der vom 20. bis 24. Oktober 2023 in Madrid, Spanien, stattfand