Als erster PD-1-Inhibitor scheint Serplulimab beim kleinzelligen Lungenkarzinom im fortgeschrittenen Stadium effektiv zu sein. Dies lassen erste Daten der ostasiatischen Phase-III-Studie ASTRUM-005 vermuten.

Bei den meisten Betroffenen mit kleinzelligem Lungekarzinom (SCLC) wird die Erkrankung erst im metastasierten Stadium IV (ED, "extensive disease"; ED-SCLC) diagnostiziert. Die Standardbehandlung für das ED-SCLC in der Erstlinie ist die palliative Immunchemotherapie: Hierfür stehen die PD-L1-Antikörper Atezolizumab und Durvalumab in Kombination mit Cis- oder Carboplatin plus Etoposid (EP) zur Verfügung. Trotzdem wird nur eine 5-Jahres-Überlebensrate von < 7 % erreicht [Paz-Ares et al. Lancet. 2019;394(10212):1929-39]. Da die PD-L1-Antikörper das Gesamtüberleben (OS) nur um ca. zwei Monate verlängern würden und die Effektivität von PD-1-Inhibitoren beim ED-SCLC unklar sei, bleibe weiterhin ein großer Bedarf, noch wirksamere Immuntherapien zu entwickeln, erklärte Ying Cheng, Changchun, China, auf dem ASCO 2022. Ein bereits in China seit März 2022 zur Therapie von soliden Tumoren mit hoher Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) zugelassener PD-1-Antikörper ist Serplulimab. Dieser hätte eine exzellente Antiatumoraktivität mit handhabbarem Sicherheitsprofil in einer Phase-II-Studie gezeigt [Qin SK et al. J Clin Oncol. 2021;39(suppl 15):2566], sagte Cheng. Nun stellte sie eine Interimsanalyse der internationalen Phase-III-Studie ASTRUM-005 zur Therapie mit Serplulimab beim ED-SCLC in der Erstlinie vor [Cheng Y et al. ASCO. 2022;Abstr 8505]. Die meisten Erkrankten stammten aus China, Russland und Osteuropa.

Erste Interimsdaten zeigen verlängertes Gesamtüberleben

Die Teilnehmenden hatten im Verhältnis 2:1 randomisiert für bis zu vier Zyklen Serplulimab plus EP (n = 389) oder Placebo plus EP (n = 196) erhalten, danach wurde eine Erhaltungstherapie mit Serplulimab bzw. Placebo durchgeführt - bis zum Progress oder bis die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen werden musste. Nach einer Nachbeobachtung von im Median 12,3 Monaten war das OS (primärer Endpunkt) in der Serplulimab-Gruppe im Median um 4,5 Monate länger als unter Placebo plus EP (15,4 vs. 10,9 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,63; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,49-0,82; p < 0,001). Im sekundären Endpunkt blieben die Patientinnen und Patienten im Immuntherapiearm 1,5 Monate länger progressionsfrei als im Vergleichsarm (5,8 vs. 4,3 Monate; HR 0,47; 95%-KI 0,38-0,59; p < 0,001). Auch die Gesamtansprechrate hätte sich von 70,4 % auf 80,2 % verbessert, und die Dauer des Ansprechens von 3,2 auf 5,6 Monate, berichtete Cheng.

Insgesamt seien keine neuen Sicherheitssignale aufgetreten, sagte sie. Die häufigsten immuntherapievermittelten Nebenwirkungen in der Serplulimab-Gruppe waren laut Cheng Hypothyroidismus (11,6 %), Hyperthyroidismus (9 %) und Hautausschlag (3,1 %). Drei Betroffene starben im Serplumimab-Arm und einer im Chemotherapiearm, womöglich aufgrund der Therapie.

Molekularbiologische Unterschiede in ostasiatischer Kohorte

Diskutant Chandra Belani vom Penn State Cancer Institute, Hershey, PA/USA, gab zu bedenken, dass es sich hier zunächst nur um eine Interimsanalyse handele und das Follow-up der Studie noch sehr kurz sei. Er vermutete, dass sich die Effektivität von Serplulimab letztlich nicht bedeutend von der Effektivität der PD-L1-Inhibitoren unterscheiden werde - auch wenn jetzt ein numerischer Unterschied sichtbar sei. Diesen führte er darauf zurück, dass sich die ostasiatische Kohorte molekularbiologisch von weißen Betroffenen unterscheide. Denn es gäbe Hinweise in der Literatur, dass in der ostasiatischen Bevölkerung höhere Raten an Alterationen in den DNA-Reparaturmechanismen und in der Mutationslast vorliegen würden, erklärte er. Zudem seien in dieser Kohorte ruhende Lymphozyten signifikant angereichert. Studien mit einem Direktvergleich von PD-1- und PD-L1-Inhibitoren hielt er für unwahrscheinlich. Seiner Meinung nach könnte Serplulimab demnächst eine weitere Therapieoption beim ED-SCLC sein. Zumindest wurde dem Wirkstoff von der FDA bereits der Orphan-Drug-Status zuerkannt.

Bericht vom ASCO Annual Meeting 2022, das vom 3. bis 7. Juni 2022 in Chicago, IL/USA, und virtuell stattfand.