Dem widersprach nun das BSG. "Der Senat sieht die zeitliche Erreichbarkeit innerhalb von maximal 30 Minuten generell als geeignetes Kriterium zur Bestimmung der räumlichen Nähe an", erklärten die Kasseler Richter. Dies stelle sicher, dass Ärzte in angemessener Zeit vor Ort sein können und trage zudem den unterschiedlichen Anforderungen ländlicher wie städtischer Regionen hinreichend Rechnung.
An der früher vertretenen Ansicht, dass Hauptsitz und ausgelagerte Räume der Praxis "in den Augen des Publikums" eine organisatorischen Einheit bilden müssen, hielt der BSG-Vertragsarztsenat nicht fest. Diese Rechtsprechung sei zu "überholten berufsrechtlichen Vorgängerregelung" ergangen. Durch die Digitalisierung seien enge Organisationsstrukturen auch über größere Entfernungen hin möglich geworden.
Weil in Streitfall die 30-Minuten-Grenze eingehalten ist, konnte das BSG offenlassen, ob bei reinen Laborpraxen ohne Arzt-Patienten-Kontakt nicht sowieso auch weitere Entfernungen zulässig sein können.
Weiterhin gilt nach dem Kasseler Urteil aber, dass in ausgelagerten Praxisstätten nur spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen erbracht werden dürfen und - anders als in Zweigpraxen - nicht das gesamte Spektrum. Dabei beziehe sich der Begriff der "speziellen Leistungen" nicht auf die jeweilige Arztgruppe, sondern auf das Leistungsspektrum der betreffenden Praxis oder des MVZ. Daher könne auch ein Arzt, der im Vergleich zur Fachgruppe insgesamt überwiegend spezielle Leistungen erbringt, in ausgelagerten Räumen nicht im Wesentlichen die gleichen Leistungen wie am Hauptsitz anbieten.
Zudem müsse der Hauptsitz auch der Hauptort der Praxistätigkeit bleiben, urteilte das BSG. Wegen der Größe der angemieteten Räume soll im Streitfall auch dies das LSG Essen noch prüfen.