Viele medizinische Errungenschaften erlauben heute auch bei fortgeschrittenen Hauttumoren noch eine tumorspezifische Behandlung, oft sogar in mehreren Therapielinien. Wann ist der Zeitpunkt für ein ausschließlich symptomorientiertes Vorgehen erreicht?

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In Sevilla, Spanien, trafen sich onkologisch tätige Dermatologen, um aktuelle Aspekte der Behandlung von Hautkrebsbetroffenen zu diskutieren - vor Ort und virtuell.

Gerade beim fortgeschrittenen malignen Melanom profitieren Patientinnen und Patienten von großen Fortschritten in der medikamentösen Therapie. Dennoch stellt sich für die Betroffenen und auch ihre Angehörigen die Frage nach palliativmedizinischer Betreuung. In der erweiterten S3 Leitlinie "Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung" heißt es dazu: "Allen Patienten soll nach der Diagnose einer nicht heilbaren Krebserkrankung Palliativversorgung angeboten werden, unabhängig davon, ob eine tumorspezifische Therapie durchgeführt wird" [AWMF-Registernummer: 128/001OL]. Dennoch ist es schwierig, den Zeitpunkt zu wählen, wann auf weitere tumorspezifische Interventionen verzichtet wird. Dies zeigte sich auch auf dem EADO 2022.

Best Supportive Care beim Melanom im Stadium IV

Lag die 5-Jahres-Überlebensrate für Menschen mit metastasiertem malignem Melanom im Jahr 2011 noch bei etwa 6 % (damals stand zur Systemtherapie nur Dacarbazin zur Verfügung), könne heute ein Teil der Patientinnen und Patienten sogar auf ein langfristiges Überleben hoffen, erklärte Petr Arenberger von der Universitätsklinik für Dermatologie der Karls-Universität in Prag, Tschechien. Mit der Entdeckung der BRAF-Treibermutation im Jahr 2002 und der Einführung von zielgerichteten Therapien sowie der Einführung der Immuncheckpointinhibitoren (ICI) haben sich die Überlebenszeiten deutlich gebessert. Mehr als die Hälfte der Betroffenen überleben ihre Erkrankung heute bereits länger als fünf Jahre. Und, so Arenberger, es sei zu erwarten, dass die Überlebensraten weiter zunehmen, etwa durch die Kombination von PD-1- und CTLA-4-Inhibitoren oder auch durch die Kombination mit neuen Substanzen - wie Lenvatinib, einem VEGFR-Blocker oder dem LAG-3-Inhibitor Relatlimab. Auch nach Progression unter den modernen Therapien könnten Patientinnen und Patienten von einer weiteren ICI-Behandlung profitieren, das hätte die Gruppen um Georgina Long und Dirk Schadendorf bereits gezeigt [Long GV et al. JAMA Oncol. 2017; 3(11):1511-9; Zaremba A et al. Eur J Cancer. 2021;155:268-80]. Diese Daten, so Arenberger, würden auch Eingang in die im Juni/Juli erwarteten neuen Europäischen Guidelines finden.

Trotz dieser Optionen, so Arenberger, sollte die Palliativmedizin schon früh integriert werden. Dabei stünden nicht nur der oder die Betroffene selbst, sondern auch die jeweiligen Angehörigen im Fokus, die möglicherweise sogar noch nach dem Tod der Erkrankten Unterstützungsbedarf hätten. Eingebettet in eine gute palliative Versorgung sei der Übergang von aktiver Tumortherapie zu rein symptomatischer Behandlung als Best Supportive Care (BSC) sehr viel einfacher. Harte Daten zum Stopp der aktiven Therapie gebe es nicht immer. Immer dann, wenn es zu einem Progress oder inakzeptablen Nebenwirkungen ohne weitere aktive Therapieoption komme, sollte im multidisziplinären Team und mit den Betroffenen über die Möglichkeit ein reinen symptomorientierten Behandlung gesprochen werden.

Auf aktive Therapie am Lebensende verzichten

Grundsätzlich, so Zeljko Mijuskovic von der Klinik für Dermatologie am Militärkrankenhaus in Belgrad, Serbien, sei es Ziel der palliativen Versorgung, Leiden zu verhindern oder zu reduzieren, die Betroffenen und ihre Angehörigen zu unterstützen und ihre Lebensqualität bestmöglich zu erhalten. Er betonte, dass man insbesondere in den letzten Lebenswochen auf Chemo- und Immuntherapien verzichten solle, ebenso auf Radiotherapien mit Ausnahme von Notfallinterventionen wie z. B. zur Schmerztherapie. Im Vordergrund stünden Maßnahmen zur Behandlung von Fatigue und Schmerzen, von Übelkeit und Erbrechen, von Kachexie, Dyspnoe und Delir. Dabei sei eine gute Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten sowie den Angehörigen für eine auf die individuelle Situation der oder des Einzelnen zugeschnittene Versorgung unerlässlich, resümierte Mijuskovic.

Bericht von der Jahrestagung der European Association of Dermato Oncology (EADO 2022) veranstaltet als Hybridkongress vom 20. bis 22. April 2022 in Sevilla, Spanien