Biomarker für das Therapiemonitoring können aus Tumorgewebe, aber auch aus dem peripheren Blut in Form einer Liquid Biopsy gewonnen werden. Dabei spielt zunehmend auch zirkulierende zellfreie Tumor-DNA (ctDNA) eine Rolle.

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Vor elf Jahren wurde das European Post-Chicago Melanoma/Skin Cancer Meeting in München aus der Taufe gehoben. Nun musste das Meeting pandemiebedingt schon das zweite Jahr virtuell stattfinden.

Grundsätzlich erlaube ctDNA eine Reihe von unterschiedlichen Analysen: Neben der Identifizierung von genetischen und epigenetischen Alterationen können Mutationssignaturen und virale DNA-Sequenzen nachgewiesen werden, erklärte Christoffer Gebhardt vom Hautkrebszentrum der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf. Auch die Tumormutationslast lasse sich anhand der ctDNA bestimmen.

Welche diagnostischen und therapeutischen Möglicheiten lassen sich daraus ableiten? Laut Gebhardt eine ganze Reihe. Neben dem Tumorscreening und der Frühdiagnostik zähle etwa das molekulare Profiling dazu, das zur Stratifizierung oder zur Einschätzung der Prognose genutzt werden könne; aber auch die Detektion einer minimalen Resterkrankung (MRD) sowie ein Therapiemonitoring könne per ctDNA erfolgen.

Als aktuellen Standard bei den Verfahren der ctDNA-Analyse bezeichnete Gebhardt die ddPCR, die "droplet digital polymerase chain reaction", mit einer Analysesensitivität von 0,01 %. Dennoch solle man sich der Vor- und Nachteile einer ct-DNA-Diagnostik bewusst sein. Eindeutige Vorteile seinen die minimale Invasivität, die geringen Kosten, die Geschwindigkeit mit der das Ergebnis verfügbar sei (2-12h), die relative Objektivität und die Tatsache, dass das gesamte Tumorgeschehen durch die ctDNA repräsentiert werde. Zudem gebe es noch viel Potenzial für die weitere Entwicklung der Methode. Andererseits sei die Methode immer noch nicht standardisiert. Möglicherweise sei sie auch nicht für alle Tumoren gleich gut. Und es gebe eine Reihe von Unbekannten: etwa der Einfluss der Tumorlast oder die Bedeutung unterschiedlicher Tumoren und die von Metastasen. Wenn man an die Bedeutung des Tumormikroenvironment denke, müsse man davon ausgehen, dass eine ctDNA-Analyse alleine wohl nicht ausreichen werde.

Für das Melanom seien einige interessante Daten verfügbar. So habe eine eigene Analyse bei mehr an 600 Patienten ergeben, dass mit der ctDNA-Analyse eine hohe Übereinstimmung mit der plasma- und gewebebasierten Analyse des klinischen Verlaufs erreicht wurde [Haselmann V et al. Clin Chem. 2018;64(5):830-42]. In einer Subgruppe von 35 Patienten unter BRAF-Inhibition führte eine BRAF-Mutations-basierte ctDNA-Analyse sogar zu einem eindeutigeren Ergebnis im Hinblick auf die Vorhersage einer Progression als etwa der LDH-Wert. Der sogenannte ctDNA-Relaps war deutlich früher als der Anstieg des LDH-Wertes (110 vs. 18,6 Tage vor dem radiologischen Nachweis des Rezidivs). In einer aktuellen Studie erwies sich die BRAF-Mutations-basierte ctDNA-Analyse als prädiktiver Biomarker für das Ansprechen einer zielgerichteten Therapie mit Dabrafenib plus Trametinib oder Dabrafenib allein [Syeda MMet al. Lancet Oncol. 2021;22(3):370-80]. Schon 2019 konnte gezeigt werden, dass ein ctDNA-Monitoring auch beim metastasierten Melanom im Stadium III genutzt werden kann, um einen Progress vorherzusagen und eine MRD nachzuweisen [Tan L et al. Ann Oncol. 2019;30(5):804-14]. Mit der CAcTUS-Studie [NCT03808441], so Gebhardt, werde derzeit untersucht, ob der ctDNA-getriggerte Swich von der Erst-zur Zweitlinientherapie das Outcome verbessern kann. Patienten mit nicht resektablem Stadium-III/IV-Melanom werden in der Erstlinie zielgerichtet mit Dabrafenib/Trametinib behandelt. Im Standardarm wird bei radiologisch nachgewiesenem Progress auf die Immuntherapie mit Nivolumab plus Ipilimumab umgestellt. Im experimentellen Arm erfolgt die Umstellung abhängig vom ctDNA-Level (80 %iger Anstieg gegenüber der Baseline). Auf diese Daten werde mit Spannung gewartet. Bis die ctDNA-Analytik schließlich in Leitlinien und in die klinische Routine Eingang finden werde, bleibe noch viel zu tun, resümiert Gebhardt.

Bericht vom 11th European Post-Chicago Melanoma/Skin Cancer Meeting, das am 8. und 9. Juli 2021 als virtuelle Veranstaltung stattfand