Liebe Leserinnen und Leser,

noch nie gab es zu den malignen Erkrankungen des Uterus derart viele und neue Entwicklungen zur Verbesserung der Therapie für unsere Patientinnen.

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Das Bild zeigt das Ergebnis eines Pap-Abstriches mit Koilozyten, also veränderten plattenepithelialen Zellen, wie sie durch eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) hervorgerufen werden.

Das Zervixkarzinom (Cervix-Ca). steht als erste Krebserkrankung im Mittelpunkt der Agenda der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Am 17 November 2020 hat die WHO eine globale Strategie vorgestellt, um das Cervix-Ca zu eliminieren. Das Cervix-Ca gehört zu den wenigen Krebsarten, die sich durch eine Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) und eine regelmäßige Früherkennung verhindern ließen. In über 90 % der Fälle wird dieser Krebs durch eine Infektion mit bestimmten HPV-Stämmen verursacht, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Die WHO sieht für das Jahr 2030 vor, dass alle Länder weltweit die sogenannte 90-70-90-Marke im Kampf gegen das Cervix-Ca erreichen: 90 % HPV-Impfrate; 70 % Früherkennungsrate; 90 % Behandlungsrate des Cervix-Ca und seinen Vorstufen, inklusive einer Palliativversorgung.

In Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika südlich der Sahara, ist das Cervix-Ca immer noch das häufigste Malignom bei Frauen. Im Gegensatz dazu ist die Inzidenz in Industrienationen in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Screenings stark gesunken. In Deutschland ist seit Einführung der gesetzlichen Früherkennung die Inzidenz von etwa 30.000 Neuerkrankungen pro Jahr in 1970 auf etwa 4.000 im Jahr 2020 zurück gegangen. Im Januar 2020 ist zudem das neue Screeningprogramm gestartet, mit vielen Optimierungen wie z. B. einer organisierten und gezielten Einladung der Frauen und einem HPV-Abstrich und weiterer Abklärung auffälliger Befunde.

Es ist zu erwarten, dass die Inzidenz in Deutschland durch die HPV-Impfung von Mädchen und Jungen weiter sinken wird. Allerdings ist hier noch "Luft nach oben". Obwohl bereits seit 2007 von der STIKO in Deutschland empfohlen wird, dass sich alle Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren gegen HPV impfen lassen, sind in Deutschland aktuell nur 43 % der Mädchen im Alter bis 15 Jahren geimpft - und dass, obwohl die Impfstoffe sicher und gut verträglich sind und die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernehmen. In Ländern wie Australien und Skandinavien, die Impfquoten von 80-90 % aufweisen, ist bereits ein drastischer Rückgang der Krebsvorstufen zu verzeichnen. Außerdem ist im Oktober 2020 eine schwedische Studie mit mehr als 1,5 Millionen Mädchen und jungen Frauen veröffentlicht worden, die gezeigt hat, dass Frauen, die vor dem 17. Lebensjahr gegen HPV geimpft wurden, ein um 88 % geringeres Risiko für ein Cervix-Ca hatten als nicht geimpfte Frauen [Lei J et al. N Engl J Med. 2020;383:1340-8].

Beitrag 1 - Krebsfeldchirurgie beim Zervixkarzinom

Von einer Ausrottung des Cervix-Ca sind wir in Deutschland noch Jahrzehnte entfernt. Die in Deutschland getroffenen Maßnahmen werden erwartungsgemäß dazu führen, dass mehr und mehr Cervix-Ca in einem frühen Stadium diagnostiziert werden. In den frühen Stadien steht die operative Therapie mit radikaler Hysterektomie und lokoregionärer Lymphonodektomie im Vordergrund. Liegen karzinombezogene Risikofaktoren vor, so wird eine adjuvante Radio- oder Radiochemotherapie empfohlen, um die Tumorkontrolle zu verbessern, was jedoch mit einer erheblichen Steigerung der Nebenwirkungen verbunden ist.

Deutsche Wissenschaftler um Michael Höckel, München, haben die bisherige Vorstellung einer isotropen Tumorausbreitung und die daran angepassten operativen Techniken infrage gestellt. Sie liefern klinische Evidenz, dass die Tumorausbreitung einem ontogenetischen Prinzip folgt. Die daran angepassten operativen Techniken führen in prospektiven Studien beim Zervix- und Vulvakarzinom zu hervorragenden und - verglichen mit konventionellen operativen Therapieverfahren - zu besseren Überlebensdaten, ohne weitere Radio- oder Radiochemotherapie. Letzteres führt zudem zur Abnahme der therapiebedingten Morbidität. Aktuell laufen internationale prospektive Studien mit Beteiligung der deutschen Universitätsfrauenkliniken Leipzig, Essen und der Technischen Universität München (TUM) zur weiteren Validierung der ontogenetischen Krebsfeldchirurgie in der gynäkologischen Onkologie. Lesen Sie mehr ab ab Seite 10

Beitrag 2 - Immuntherapie beim Zervixkarzinom

Lea Franziska Gantner, München, zeigt auf, dass zudem erhebliche Therapiefortschritte beim fortgeschrittenen Cervix-Ca durch den Einsatz von Immuncheckpointinhibitoren (ICI) erzielt werden konnten. Trotz Früherkennungsprogramm sterben in Deutschland nach wie vor rund 1.600 Frauen pro Jahr an den Folgen eines Cervix-Ca. Die 5-Jahres-Überlebensrate ist mit 15 % bei Rezidiven oder Metastasierung vergleichsweise schlecht, was insbesondere an den begrenzten systemischen Therapiemöglichkeiten liegt. Die neuen ICI-Therapieoptionen, die (gerade) für PD-L1-positive Patientinnen infrage kommt, liefern vielversprechende Ergebnisse. Lesen Sie mehr ab Seite 16

Beitrag 3 - Aktuelle Endometriumkarzinomtherapie

Das Endometriumkarzinom ist mit mehr als 10.000 Neuerkrankungen pro Jahr das häufigste Genitalkarzinom der Frau. Risikofaktoren sind neben dem Alter, verschiedene hormonelle Therapien (z. B. Östrogenmonotherapie, Tamoxifen), Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2, PCO ("polycystic ovary syndrome") und auch eine positive Familienanamnese. Etwa 5 % aller Endometriumkarzinome beruhen auf einer monogen erblichen Disposition und treten damit im Rahmen eines erblichen Tumorrisikosyndroms auf (Lynch-, Cowden-Syndrom, HNPCC). Ursächlich hierfür sind Keimbahnmutationen insbesondere in DNA-Reparatur- und Tumorsuppressorgenen. Allerdings erfahren neuerdings auch somatische Mutationen und weitere molekulare Marker zunehmend Aufmerksamkeit beim Endometriumkarzinom. Hierdurch ist eine zielgerichtete und personalisierte Tumortherapie möglich, wie Philipp Hederich, München, zusammenfasst. ab Seite 23

Mit dem Lesen dieser drei Artikel bringen Sie sich auf den neuesten Stand der therapeutischen und diagnostischen Innovationen im Bereich der Uterusmalignome.

Viel Spaß dabei!

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© argum / Falk Heller

Prof. Dr. med. Marion Kiechle

Frauenklinik, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.

marion.kiechle@tum.de