Beim frühen HER2-positiven Brustkrebs hat bislang kein Regime bei der Prävention von Hirnmetastasen überzeugt. In der metastasierten Situation gibt es positive Signale unter anderem für Tucatinib.

In den letzten zwanzig Jahren wurden beim HER2-positiven Brustkrebs dramatische Fortschritte erzielt. "Leider haben wir bei der Prävention von ZNS-Metastasen nicht Schritt halten können", konstatierte Nancy Lin vom Dana-Farber Cancer Institute, Boston, MA/USA. Zwar hat die adjuvante Trastuzumab-Therapie die Prognose betroffener Frauen insgesamt enorm verbessert. Auch ist das absolute Risiko für einen ZNS-Befall als erster Rezidivlokalisation unter Trastuzumab mit 2,6 % niedrig, nummerisch jedoch etwas höher als ohne Antikörper mit 1,9 %. Mit neueren Anti-HER2-Substanzen wie Lapatinib, Pertuzumab und dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) T-DM1 wurde die Inzidenz von Hirnmetastasen als erstem Rückfallort ebenfalls nicht gesenkt. Einen Hoffnungsschimmer sieht Lin auf Basis der Phase-III-Studie ExteNET: Bei erweiterter adjuvanter Anti-HER2-Therapie mit Neratinib nach einem Jahr Trastuzumab war die Rate an ZNS-Metastasen in der Subgruppe von Frauen mit Östrogenrezeptor(ER)-positivem, HER2-positivem Brustkrebs mit < 1 % deutlich niedriger als mit Placebo [Chan A et al. Clin Breast Cancer. 2021;21(1):80-91.e7].

In der metastasierten Situation wurde in der CLEOPATRA- Studie durch Pertuzumab/Trastuzumab eine Verlängerung der Zeit bis zum ZNS-Befall als Erstmanifestation eines Progresses erreicht [Swain SM et al. Ann Oncol. 2014;25(6):1116-21]. Mit Lapatinib wird bei manifesten Hirnmetastasen zwar eine Tumorschrumpfung, jedoch keine Prävention neuer ZNS-Metastasen erreicht.

Positive Daten liefert die Phase-III-Studie HER2CLIMB, in der Trastuzumab/Capecitabin (TC) mit TC plus Tucatinib verglichen wurde [Murthy RK et al. N Engl J Med. 2020;382(7):597-609]: Durch das Tripelregime wurde das progressionsfreie Überleben im Gesamtkollektiv und bei Frauen mit ZNS-Befall deutlich verbessert. Zudem verlängerte die Tucatinib-Addition bei Frauen mit Hirnmetastasen zu Studienbeginn die Zeit bis zum ZNS-Progress und Tod [Lin N et al. J Clin Oncol. 2020; 38(23):2610-9]: Nach einem Jahr waren 40 % der Frauen im Tucatinib-Arm, aber keine im Kontrollarm noch ohne ZNS-Progress am Leben. Ob sich dies in der adjuvanten Situation bestätigt, soll die Studie COMPASS HER2 RD zeigen, in der Patientinnen mit residuellem Tumor nach neoadjuvanter Therapie zu T-DM1 allein oder T-DM1 plus Tucatinib randomisiert werden. Exploratorischer Endpunkt der Studie ist die Inzidenz von ZNS-Rezidiven.

Bericht von der 17th St. Gallen International Breast Cancer Conference, die vom 17. bis 21. März 2021 als virtuelle Tagung stattfand.