Grundsätzlich haben MVZ bei der Organisation von Innenvertretungen Gestaltungsspielraum, müssen sich aber an gewisse Spielregeln halten, wie das Bundessozialgericht in einem aktuellen Urteil erläutert.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat grundlegende Fragen zur plausiblen Arbeitszeit und zu internen Vertretungen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) geklärt. Danach haben diese hier zwar weitreichende eigene Gestaltungsmöglichkeiten, sind aber von den vereinbarten Stundenzahlen und weiteren Beschränkungen auch nicht völlig frei. Geklagt hatte ein MVZ in Oberbayern mit einer Zulassung im Umfang dreier Vertragsarztsitze (Az.: B 6 KA 9/18 R). Es war 2006 von zwei Orthopäden und einem Facharzt für physikalische Medizin gegründet worden, die zuvor in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zusammengearbeitet hatten. Nach dem Ausscheiden eines Orthopäden wurde dessen Sitz teils von zwei halb, teils von einem in Vollzeit angestellten Kollegen belegt.

Nach einer Plausibilitätsprüfung forderte die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) für die Quartale IV/2007 bis II/2009 Honorare in Höhe von 262.000 € mit der Begründung zurück, die angestellten Ärzte hätten ihren genehmigten Tätigkeitsumfang überschritten. Das MVZ rechtfertigte die Überschreitungen mit internen Vertretungen bei Urlaub und Krankheit. Kern des Streits war somit, inwieweit die Vertretungsregelungen der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (§ 32 Ärzte-ZV) hier anzuwenden sind.

BAG ist kein MVZ

Danach gilt im Grundsatz die persönliche Leistungserbringung. In einem Zwölfmonatszeitraum sind Vertretungen für insgesamt drei Monate problemlos zulässig. Ab einer Woche sind die Vertretungen der KV anzuzeigen, über die Dreimonatsgrenze hinaus ist eine Genehmigung erforderlich. Allerdings hatte das BSG 1992 und dann nochmals 2011 entschieden, dass derlei Beschränkungen bei gegenseitigen Vertretungen von Ärzten innerhalb einer BAG nicht anwendbar sind und begründete dies mit der Aussage, dass eine BAG "als einheitliche Rechtspersönlichkeit auftritt". Nur eine Vertretung von außen sei eine wirkliche Vertretung. Generell, also auch bei echten Vertretungen, seien die Ärzte jedoch an die Grenzen ihres Fachs oder weiterer Qualifikationsanforderungen gebunden.

Im Streitfall meinte nun das MVZ, auch hier seien die Vertretungsgrenzen der Ärzte-ZV nicht anwendbar. Schließlich sei das MVZ ebenso eine "einheitliche Rechtspersönlichkeit". Die Fachgrenzen und Qualifikationsanforderungen seien eingehalten worden. Diesem Argument folgte das BSG auch im Interesse des MVZ nicht. Denn die Vertretungsregelungen der Ärzte-ZV beschreiben eine Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung. Weil auch die Anstellungsgenehmigungen personenbezogen sind, könnte die Nichtanwendung bedeuten, dass im MVZ gar keine Innenvertretungen zulässig wären. Doch so weit ging der Vertragsarztsenat nicht. "In entsprechender Anwendung" der Ärzte-ZV sei es auch einem MVZ möglich, "unter anderem in Fällen von Krankheit oder Urlaub die Versorgung auch durch interne Vertretungen aufrechtzuerhalten". Laut Urteil bedeutet dies aber, dass auch die Grenzen entsprechend gelten: Anzeige nach einer Woche, Genehmigungspflicht bei mehr als drei Monaten in einem Zwölfmonatszeitraum.

figure 1

© Syda Productions / Fotolia (Symbolbild mit Fotomodellen)

Vertretungsbedarf? Dazu hat das BSG jetzt grundlegende Fragen beantwortet.

Wochenarbeitszeit ist begrenzt

Wichtig für angestellte Ärzte sind zudem die in der Zulassung festgelegten Wochenstundenzahlen. Gleichzeitig schreibt das Gesetz aber auch die Gleichbehandlung mit niedergelassenen Ärzten vor, die in einer Plausibilitätsprüfung erst mit mehr als 60 Wochenstunden (780 Stunden im Quartalsprofil) als auffällig gelten. Diese Grenze hat das BSG nun auf angestellte Ärzte übertragen. Dabei dürfen Ärzte mit halber Zulassung jedoch nicht bis an die Grenze der Vollzeitkollegen arbeiten. Vielmehr gelten für sie auch die halben Profilgrenzen, also 30 Wochenstunden beziehungsweise 390 Stunden im Quartal.Über diese Stundengrenzen und ohne Genehmigung über die Dreimonatsgrenze hinaus gelten auch Vertretungsleistungen als "nicht rechtmäßig erbracht", so das BSG. Eine Vergütung stehe dem MVZ dann nicht zu. Wie viel das im konkreten Fall ist, muss die KVB nun neu berechnen.