Lungenkrebsscreening rettet Leben - oder doch nicht?

In vielen Laien- und Fachmedien wurden die Befunde der niederländischen NELSON-Studie [de Koning HJ et al. N Engl J Med. 2020;382(6):503-13] regelrecht gefeiert. Der Tenor: Die Studie habe gezeigt, dass ein Screening mittels Niedrigdosis-Computertomografie das Risiko für Raucher reduziert, an Lungenkrebs (LC) zu versterben. Das Screening rette also Leben. Aber stimmt das wirklich? Tatsächlich konnte die NELSON-Forscher zeigen, dass im Screeningarm nach zehn Jahren die LC-Sterberate um ca. 25 % reduziert war - im Vergleich zum Kontrollarm, in dem nicht regelhaft auf LC gescreent wurde. Aber: In puncto Gesamtsterblichkeit (OM) oder Krebsmortalität (Tod duch irgendeine Tumorentität inkl. LC) gab es zwischen beiden Armen keinen Unterschied. Auf 1.000 Personen gerechnet starben insgesamt 132 im Screening- und 130 im Kontrollarm (OM-Daten). Zugespitzt formuliert: In beiden Studienarmen verstarben nahezu gleich viele Personen, nur der jeweilige Sterbegrund war ein anderer. Auf diese wichtigen Details haben u. a. der US-Onkologe Vinay Prasad [https://tinyurl.com/Prasad-on-NELSOn] aber auch deutsche Forscher vom RWI hingewiesen [http://www.rwi-essen.de/unstatistik/100]. Um etwaige Unterschiede im OM finden zu können, hätte die Studie höher gepowert sein müssen, so Prasad. Für die adäquate Bewertung eines Krebsscreenings sei die OM aber das Maß der Dinge, da sie sicherer zu erfassen sei, als die LC-Sterblichkeit.