Ein Problem in der immuntherapeutischen Behandlung von soliden Tumoren sei deren mangelnde Zugänglichkeit für die immunologischen Effektorzellen, erklärte Helmut Salih, Tübingen: „Die T-Zellen, die Sie stimulieren, müssen aus dem Blutgefäßsystem austreten, damit sie ihre Arbeit machen können“. Passiere dies nicht, nütze es auch nichts, Immunzellen durch Checkpointinhitoren zu reaktivieren.

Gefäße für Therapie öffnen

„Wir glauben, die beste Lösung für dieses Problem ist es, Gefäß-assoziierte Zielantigene zu adressieren — also Antigene, die sowohl auf den Tumorgefäßen als auch auf dem Tumor selbst exprimiert werden. Dadurch öffnen wir die Gefäße für die Therapie“.

Ein in dieser Hinsicht ideales Antigen sei PSMA (prostataspezifisches Membranantigen):

  • Es werde auf Prostatakrebszellen und auf Tumorgefäßen exprimiert,

  • finde sich nicht auf normalen Gefäßen und

  • spiele darüber hinaus eine Rolle für die Neovaskularisation bei vielen soliden Tumoren.

Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde in Tübingen ein bispezifischer Antikörper mit dem Namen CC-1 (10B3) entwickelt. Dieser bindet sowohl an PSMA als auch an den CD3-Rezeptor von T-Zellen und führt so zu einer Zielzell-abhängigen Immunaktivierung. PSMA sei ein sehr „sauberes“ Antigen — d. h., es werde außerhalb der malignen Zellen kaum (bei Frauen z. B. gar nicht) exprimiert. Dadurch sei das Risiko von Nebenwirkungen geringer und es ließen sich höhere Dosen verabreichen, hofft Salih.

Humanstudie für Anfang 2019 geplant

In-Vitro- und Tiermodelldaten hätten die grundsätzliche Wirksamkeit von CC-1 gezeigt — nicht nur gegen Prostatakarzinomzellen: „Wir haben richtig Glück gehabt, einen Antikörper gefunden zu haben, der nicht nur an Prostatakarzinomzellen bindet, sondern auch eine exklusive Reaktivität mit Plattenepithelkarzinomen der Lunge aufweist“, zeigt sich Salih begeistert. Anders als der bisherige Benchmark-Antikörper (J591), binde CC-1 nicht nur an Gefäßzellen beim SCCL, sondern zusätzlich an die Tumorzellen selbst. In Tübingen sei die Herstellung des Antikörpers nach „good manufacturing practices“ (GMP) fast abgeschlossen. Der Beginn einer ersten Studie bei Patienten mit Prostatakarzinomen und SCC sei für Anfang 2019 geplant. Details zum Antikörper lassen sich im Moment nur einem Patentantrag unter https://patents.google.com/patent/EP3192810A1 entnehmen.