Bei Patienten mit malignen lymphatischen Neoplasien wie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) oder dem Mantelzelllymphom (MCL) ist BTK („Bruton’s tyrosine kinase“) in den Tumorzellen pathologisch aktiviert. Das Enzym BTK bildet die zentrale Schaltstelle einer Signalkaskade aus Kinasen und Phosphatasen, die für die Steuerung und Amplifikation der Signale des B-Zell-Rezeptors auf dem Weg zum Zellkern eine zentrale Rolle spielt. Aufgrund der pathologischen Aktivierung erhalten die Tumorzellen wichtige Wachstumsimpulse, proliferieren unkontrolliert und ziehen sich in schützende Umgebungen wie Lymphknoten, Knochenmark und Milz zurück.

Ibrutinib ist ein hochselektiver oraler BTK-Inhibitor zur Behandlung von Patienten mit CLL und MCL. Ibrutinib bindet irreversibel an BTK und blockiert so dessen enzymatische Aktivität und damit auch die vom B-Zell-Rezeptor ausgehende Signalweiterleitung. In der Folge werden maligne B-Zellen aus ihrer Mikroumgebung in das periphere Blut ausgeschwemmt, wo sie absterben. Zusätzlich wird die Proliferation der malignen B-Zellen gehemmt und die Apoptose gefördert.

Ergebnisse der Phase-III-Studie HELIOS

Während der DGHO-Jahrestagung 2016 stellte Paula Cramer, Köln, die 2-Jahres-Daten der Phase-III-Studie HELIOS vor [Chanan-Khan A et al. ASCO. 2015; LBA 7005]. In der doppelblinden Multizenterstudie erhielten jeweils 289 vorbehandelte Patienten mit refraktärer oder rezidivierter CLL randomisiert entweder Ibrutinib (420 mg/Tag) oder Placebo — zusätzlich zu sechs Zyklen Bendamustin plus Rituximab (BR). Die Behandlung wurde bis zur Krankheitsprogression fortgesetzt und nur beim Auftreten einer inakzeptablen Toxizität abgebrochen. Primärer Endpunkt der Studie war das von einer unabhängigen Gruppe beurteilte progressionsfreie Überleben (PFS).

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 25,4 Monaten betrug das PFS bei den Patienten der Kontrollgruppe 14,2 Monate, in der Ibrutinib-Gruppe war der Median noch nicht erreicht (Hazard Ratio [HR] 0,199; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,15–0,26; p < 0,0001) [Cramer P et al. DGHO 2016;Abstr: V141]. Damit reduzierte die Kombination mit Ibrutinib das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod um 80 %. Das mediane Gesamtüberleben (OS) war in beiden Behandlungsarmen noch nicht erreicht (HR 0,67; 95 %-KI 0,44–1,02; p = 0,0587), die 2-Jahres-Überlebensraten betrugen 86,2 versus 81,5 %. Dass der Unterschied im OS nicht signifikant ausfiel, könnte an der vom Studienprotokoll vorgesehenen Möglichkeit zum Wechsel in die Ibrutinib-Gruppe liegen, die zum Zeitpunkt der Analyse bereits 49,1 % der Patienten des Placebo-Arms mit bestätigter Krankheitsprogression wahrgenommen hatten.

Die Gesamtansprechrate zum Zeitpunkt der berichteten Analyse betrug in der Ibrutinib-Gruppe 87,2 gegenüber 66,1 % im Placebo-Arm (p < 0,0001). Eine klinisch komplette Remission (CR) oder eine klinisch komplette Remission ohne vollständige hämatologische Erholung (CRi) wiesen 33,9 gegenüber 7,2 % der Patienten in den beiden Studienarmen auf.

HELIOS ist neben RESONATE [Byrd JC et al. N Engl J Med. 2014;371(3):213-23] die zweite Phase-III-Studie, in der bei vorbehandelten Patienten mit CLL gezeigt werden konnte, dass eine Therapie mit Ibrutinib das Rezidivieren der Erkrankung signifikant verzögern kann. Die aktuellen 2-Jahres-Daten betätigen die Bedeutung des Einsatzes von Ibrutinib bei CLL-Patienten, bei denen andere Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind.