Insgesamt 230 Empfehlungen enthält die S3-Leitlinie Palliativmedizin [AWMF Registernummer 128 — 001OL], davon 100 evidenzbasiert. Das lasse sich für ein Fach sehen, dem die Evidenzbasierung häufig abgesprochen werde, betonte Bernd Alt-Epping, Göttingen, auf der DGHO-Jahrestagung 2015. Seit einem halben Jahr ist die Leitlinie veröffentlicht und es hat sich seiner Ansicht nach schon einiges getan:

  1. 1.

    In der studentischen Lehre und der beruflichen Weiterbildung wurden Elemente und Inhalte der S3-Leitlinie implementiert.

  2. 2.

    Basierend auf Leitlinienempfehlungen wurden zehn Qualitätsindikatoren konsentiert, etwa die Reduktion von Atemnot und Schmerz. „Diese Kennzahlen werden jetzt verlangt, wenn Sie sich bei der Deutschen Krebsgesellschaft als onkologisches Zentrum bewerben“, sagte Alt-Epping.

  3. 3.

    Das Bewusstsein für die Vermeidung von Unter- und Übertherapie am Lebensende ist gewachsen und entspricht auch der aktuellen Initiative „Gemeinsam klug entscheiden“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).

  4. 4.

    Die S3-Leitlinie stärkt den Rücken und unterstützt die Argumentation bei schwierigen, strittigen Fragen, z. B.

    • (Symptomatische) Behandlung der Dyspnoe mit Opioden

    • (Konsequente) Umsetzung von Frühintegrationskonzepten

    • (Kriterienbegründete) Therapiebegrenzung in der Sterbephase

Damit hat die S3-Leitlinie laut Alt-Epping bereits jetzt umfassende Auswirkungen auf das konkrete klinische Tun. Derzeit ist der zweite Teil der S3-Leitlinie Palliativmedizin in Vorbereitung. Nachdem die aktuelle Version u.a. die Symptome Atemnot, Schmerz, Obstipation, Depression und die Bereiche Kommunikation, Sterbephase und Versorgungsstrukturen abdeckt, wird sich der zweite Teil mit maligner intestinaler Obstruktion, Übelkeit/Erbrechen (unabhängig von einer Chemotherapie), Schlafstörungen und nächtliche Unruhe, Wundpflege, Fatigue, Angst, Therapiezielfindung und Umgang mit Todeswunsch befassen.