Arbeitsteilung ist in der Medizin mitunter schlicht zwingend, was auch für die Vertretung bei Aufklärungsgesprächen gilt. Damit sind jedoch haftungsrechtliche Risiken verbunden.

Eine mehrfach voroperierte Klägerin mit Beschwerden in beiden Knien unterzog sich in einer Privatklinik einer arthroskopischen sowie offenen Operation am rechten Kniegelenk. Dabei wurden eine partielle Synovektomie, ein Lateral Release, eine Versetzung der Tuberositas Tibiae sowie eine Shaving-Chondroplastik an Patella und Trochlea vorgenommen. Etwas später erfolgten auch links eine partielle Synovektomie, Shaving-Chondroplastik der Patella und laterale Retinakulotomie. Beide Eingriffe waren nicht zufriedenstellend; vielmehr wurden Revisionen erforderlich. Aufgeklärt worden war die Patientin jeweils weder vom Operateur noch von dem Arzt, der ihr zu den Operationen geraten hatte. Stattdessen wurde die Aufklärung in Vertretung, im Aufklärungsbogen als „i. V.“ dokumentiert, von einer niedergelassenen Fachärztin für Orthopädie übernommen, die freiberuflich auf Basis einer „Kooperationsvereinbarung“ für die Klinik tätig war. Wegen einer inhaltlich unzureichenden Aufklärung nahm die Patientin die Ärztin in Anspruch.

So sah das Gericht den Fall

Das Landgericht (LG) München I hatte der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte sie auf die Berufung der Beklagten hin aber abgewiesen: Es folgte zwar dem LG insofern, dass die Klägerin nach Ergebnis der Beweisaufnahme über die „begrenzten beziehungsweise geringen Erfolgsaussichten der Eingriffe nur unzureichend oder überhaupt nicht aufgeklärt“ worden sei. Das OLG wollte die Haftung aber daran scheitern lassen, dass die Beklagte „keine Pflichten im Rahmen des von ihr übernommenen Behandlungsteils“ verletzt habe. Dabei wollte das OLG zwischen dem Aufklärungsteil zu Erfolgsaussichten und Alternativen und dem zu allgemeinen Risiken unterscheiden.

Aufgrund einer Revision befasste sich sodann der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Fall (Urteil vom 21. Oktober 2014, VI ZR 14/14). Er bestätigte eingangs, dass die Klägerin über eingeschränkte Erfolgsaussichten hätte aufgeklärt werden müssen; erst recht, wenn wie vorliegend das Misserfolgsrisiko hoch war. Ebenso bekräftigte der BGH, dass selbst eine Ärztin oder ein Arzt, die „nur“ eine Aufklärung zu einer Operation übernehmen, unerlaubt handeln und haften könnten, wenn diese inhaltlich unzureichend ist. Das gelte nicht nur, wenn sie die Patientin oder den Patienten zuvor bereits behandelt und ihnen zum Eingriff geraten hätten, sondern grundlegend.

Der BGH präzisierte aber, dass die Differenzierung des OLG nicht ohne weiteres haltbar sei. Denn die denkbare Haftung allein aufgrund eines fehlerhaften Aufklärungsgesprächs beruhe dogmatisch auf der Annahme einer Garantenpflicht für Patientinnen und Patienten. Diese fuße entweder auf der Übernahme ihrer Behandlung oder auf dem Vertrauen, das eine Ärztin oder ein Arzt durch ihr Tätigwerden weckten. Letzteres lasse sich entgegen der Sicht des OLG nicht abstrakt bestimmen, sondern hänge vom Einzelfall ab. Dabei komme es darauf an, wie ein objektiver Dritter das ärztliche Verhalten in konkreter Lage verstehe. Da die Vorinstanzen hierzu keine Feststellungen getroffen hatten, hob der BGH das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurück.

Was bedeutet das Urteil für den klinischen Alltag?

Das Urteil zeigt ein selbst für den Fall der bloßen Übernahme von Aufklärungsgesprächen zunächst grundsätzliches Haftungsrisiko auf. Es führt zur Ausweitung möglicher Passivlegitimierter, also potenziell „verklagbarer“ Ärztinnen und Ärzte auf Behandlerseite. Allzu verbreitet ist dort leider die - rechtlich aber falsche - Annahme, dass lediglich vor einem Eingriff aufklärende Ärztinnen und Ärzte kein eigenes Haftungsrisiko trügen, wenn sie den Eingriff weder indiziert hätten noch durchführten, da sie nur eine allgemeine „Risikoaufklärung“ schuldeten. Zu dieser zählt aber zum einen schon an sich die Aufklärung über die Erfolgsaussichten und die echten Alternativen hierzu. Zum anderen haften aber auch die „nur“ Aufklärenden angesichts der BGH-Entscheidung eventuell für insoweit nun falsche oder unvollständige Angaben. Bei der Übernahme solcher Gespräche gilt es, dies zu beachten und sich im Zweifel fehlende Vorinformationen zu besorgen, um auch hierüber aufklären zu können, oder zumindest zu klären, ob dieser „andere Aufklärungsteil“ bereits von den Behandelnden, die den Eingriff indiziert haben, übernommen wurde.