Wir erfahren täglich die Sorgen und Nöte aller Kolleginnen und Kollegen, Kranken- und Altenpflegekräfte sowie aller anderen, die im Bereich der medizinischen Dienstleistung arbeiten. Es fehlt an Geld und Anerkennung, an jenen, die Dienstleistung übernehmen wollen oder können.

In diesem Spannungsfeld kommt unser Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf die Idee, in Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen eine Nullrunde für alle dienstleistenden niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu unterstützen. Genau diese Ebene hat während der Pandemie eine massive Arbeit geleistet und für die Sicherung und Sicherheit aller Menschen gesorgt − über Hausbesuche bis hin zu Impfungen an Wochenenden und Feiertagen.

Die Befürchtungen verdichten sich, dass nicht genügend junge Kolleginnen und Kollegen nachrücken werden, die diese Aufgaben wieder übernehmen wollen. Das betrifft auch alle Kliniken, Altersheime und selbstverständlich ebenso die spezielle Schmerztherapie im interdisziplinären Bereich. Schon seit Jahren fordern Gesetzgeber, Ärztekammern und Weiterbildungseinrichtungen, dass an der speziellen Schmerztherapie interessierter Nachwuchs weitergebildet werden kann und soll. Unsere Kolleginnen und Kollegen sind sicherlich gewillt, diese Rolle wahrzunehmen, doch die oben beschriebenen Umstände erschweren ihr Vorhaben erheblich.

Außerdem möchten viele ihre Aufgaben mit Erreichen des Rentenalters abgeben, doch mangels Nachwuchs müssen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen ihre Praxis weiterführen, obwohl sie bereits ihren wohlverdienten Ruhestand genießen könnten.

Doch wir sind weiterhin hoffnungsvoll; es wird immer wieder junge Kolleginnen und Kollegen geben, die sich genau für diesen Bereich interessieren. Umso wichtiger ist es deshalb, dass alle zusammenarbeiten und Interdisziplinarität wirklich gelebt wird. Denn es gibt nur EINE Ärzteschaft − egal welchem Fachgebiet ein jeder von uns angehört. Grundlage ist die Approbation, die Zugehörigkeit zu einer spezifischen Fachrichtung sollte uns nicht unnötig voneinander abgrenzen.

Wenn wir es schaffen, Interdisziplinarität wirklich zu leben, dann kann ein Karl Lauterbach keinen Keil mehr zwischen uns treiben und seine Nullrunden nicht ungehindert durchsetzen. Was wäre, wenn alle Kolleginnen und Kollegen am Montag von 8:00 bis 10:00 Uhr eine Fortbildung machen und darin das weitere Vorgehen besprechen? In diesem Zeitraum ist die Nullrunde durchgesetzt und es wird vorsichtshalber kein Erkrankter falsch behandelt, die Notärztinnen und -ärzte bauen ihre Überstunden ab und der Search-and-Rescue-Hubschrauber wird gewartet. Wenn wir das schaffen, haben wir bereits um 12:00 Uhr die volle Unterstützung der Politik auf unserer Seite. Der wahre Stellenwert der medizinischen Versorgung ist dann nicht, wie von Lauterbach initiiert, in einem Gesundheitskiosk zu verorten.

Also, an alle Kolleginnen und Kollegen aus allen Fachgebieten: Ziehen wir gemeinsam an einem Strang, dann werden wir wieder Erfolg sehen und uns freuen können, jeden Tag die Menschen zu versorgen, die unsere Mithilfe und Fürsorge benötigen!

Mit herzlichen Grüßen

figure 1

Dr. med. Fritjof Bock

Ehrensenator der IGOST