Kaum haben Ärztinnen dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft gemeldet, schon ereilt sie ein Beschäftigungsverbot: Das ist vor allem in der Weiterbildung ein Problem. Doch es kann auch anders gehen.

Schwanger sein und trotzdem im Operationssaal oder auf der Station gute Arbeit leisten, ohne das ungeborene Kind zu gefährden - in einigen Kliniken gelingt das offenbar sehr gut. Darauf lässt die Positivliste des Deutschen Ärztinnenbunds (DÄB) schließen. Mehr als 30 Beispiele für einen gelungenen Mutterschutz hat der DÄB nach eigenen Angaben bisher erfasst und ausgewertet.

"Die Analyse belegt eindeutig: In diesen Fällen ist es möglich, schwangere Ärztinnen in ihrem angestammten Tätigkeitsfeld so einzusetzen, dass ihnen keine karriererelevanten Nachteile entstehen", erklärte DÄB-Vizepräsidentin Dr. Barbara Puhahn-Schmeiser. Die Angaben der Kliniken würden jetzt verifiziert. "Ziel ist es , eine Liste mit Positivbeispielen auf der Homepage des Ärztinnenbundes zu veröffentlichen und diese ständig zu aktualisieren", sagte Puhahn-Schmeiser zur Ärzte Zeitung/Springer Medizin Verlag.

Bundesweite Lösung sinnvoll

Der Deutsche Ärztinnenbund hatte vor einigen Wochen einen Aufruf gestartet: Kliniken, Krankenhausabteilungen und Arztpraxen, die den Mutterschutz im Gesundheitswesen im Sinne der schwangeren Frauen umsetzen, sollten sich melden. Alle positiven Beispiele hätten zwei Faktoren gemeinsam: Sie verfügten über ein klares Konzept, welche Tätigkeiten für schwangere Ärztinnen risikoarm möglich seien und welche Bedingungen dafür gelten sollten, zum Beispiel verstärkte Schutzausrüstung. Zudem hätten sich die Aufsichtsbehörden in diesen Fällen aufgeschlossen gezeigt und die Vorarbeiten der Kliniken und Praxen gewürdigt.

Genau hier liege für Puhahn-Schmeiser einer der Problempunkte. Die Bewertung der Gefährdungsbeurteilungen durch die Aufsichtsbehörde - das können zum Beispiel Gewerbeaufsichtsämter, Regierungspräsidien oder Landesämter für Arbeitsschutz sein - sei oft sehr unflexibel, Einschätzungen seien von einzelnen Personen abhängig. So sei ihr von einem Fall berichtet worden, in dem es an einer Klinik in einem Jahr keinerlei Schwierigkeiten für die Weiterarbeit einer schwangeren Ärztin gegeben habe. Im Jahr darauf sei bei einer anderen Ärztin ein Beschäftigungsverbot empfohlen worden. Ursache: Die zuständige Mitarbeiterin in der Behörde hatte gewechselt. "Das Vorgehen wird in den einzelnen Bundesländern und Kreisen sehr unterschiedlich gehandhabt", berichtete Puhahn-Schmeiser. Die Ärztin spricht sich deshalb für eine bundeseinheitliche Lösung aus.

Behörde ist nicht weisungsbefugt

Beaufsichtigende Behörden seien bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung nicht weisungsbefugt, sondern nur beratend tätig, sagte die Neurochirurgin. Dennoch sei ihr Votum oft ein entscheidender Punkt, weil sich Arbeitnehmer aus Sorge vor juristischen Folgen, falls etwas passiere, oft nach dem Rat der Behörde richteten. Dabei werde nicht berücksichtigt, dass das novellierte Mutterschutzgesetz darauf ziele, dass Frauen - anders als zuvor - aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht mehr einseitig von der beruflichen Teilhabe ausgeschlossen werden dürften. Es sei also falsch, dass viele beaufsichtigende Behörden eine Weiterbeschäftigung teils pauschal ablehnten.

Puhahn-Schmeiser nannte eine ganze Reihe von Maßnahmen, mit denen schwangeren Ärztinnen eine Weiterarbeit ermöglicht werden könne. Dazu zählten unter anderem

  • keine Gasnarkosen und

  • Operationszeit auf vier Stunden beschränken; die Kollegin sollte nur für entsprechende Operationen eingeteilt werden.

  • Kollegin nur für Eingriffe einteilen, bei denen sie nicht alleine operieren muss.

  • Es muss die Möglichkeit gegeben sein, beim Röntgen den Raum zu verlassen.

  • Beim Lagern des Patienten durch eine Pflegekraft unterstützen.

  • Doppelte Handschuhe sowie Schutzbrillen zur Verfügung stellen sowie

  • Kollegin nur für Operationen einteilen, bei denen Patienten auf HIV und Hepatitis C getestet wurden.

Die Teilnahme an vielen planbaren Operationen sei so möglich, Notfalleingriffe dagegen selbstverständlich ausgeschlossen, sagte Puhahn-Schmeiser. Alle Kliniken, die sich auf die DÄB-Umfrage gemeldet hätten, würden genau so verfahren. Eine Weiterbeschäftigung schwangerer Ärztinnen sei also durchaus mit überschaubarem Aufwand machbar. "Gerade für Ärztinnen in der Weiterbildung und die Teams, in denen sie arbeiten, ist es oft besser, sie in einem bestimmten Umfang weiteroperieren zu lassen. Dafür können sie zum Beispiel nachmittags stärker bei administrativen Tätigkeiten beziehungsweise Stationsarbeit unterstützen", fasste Puhahn-Schmeiser zusammen. Auf diese Weise profitierten alle.