Wie beweissicher ist im Arzthaftungsprozess eine Dokumentation in der Praxis-IT? Ein Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt bei Ärzten für Verunsicherung. Das Problem lässt sich aber in vielen IT-Systemen lösen.

Der Entscheidung aus Karlsruhe zufolge erhöht die digitale Dokumentation das Haftungsrisiko, wenn sie sich unbemerkt nachträglich ändern lässt. Dieses erhöhte Haftungsrisiko basiert auf dem Patientenrechtegesetz. Die Richter maßen einer solchen Dokumentation nicht einmal mehr eine positive Indizwirkung bei, geschweige denn eine Beweiskraft zugunsten des Arztes.

Das Urteil muss Ärzte, die mit moderner Praxis-IT arbeiten, allerdings nicht schrecken, haben Recherchen von Springer Medizin ergeben. Das Problem der rechtssicheren Dokumentation ist demnach längst erkannt.

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Dokumentation am PC lässt sich auch beweissicher machen.

"Unsere Anwendungen arbeiten revisionssicher"

"Die von unseren Mitgliedern bereitgestellten Anwendungen arbeiten revisionssicher. Das bedeutet, dass alle Änderungen an der elektronischen Patientendokumentation in einer Historie gespeichert werden und nachvollziehbar bleiben", heißt es in einer Stellungnahme des Herstellerverbands bvitg.

Diesen Befund bestätigt auch der Hersteller medatixx auf Anfrage: "Wir bieten das Änderungsprotokoll an, mit dem eine Historisierung jedes Eintrages und jeder Änderung daran protokolliert wird." Die Kunden könnten diese Funktion selbst aktivieren und deaktivieren.

Mittels digitaler Signatur und Zeitstempel durch den E-Arztausweis könne jeder Dokumentationseintrag in der Software signiert werden, heißt es weiter in der Antwort. Diese Funktionalität sei bislang von Ärzten aber noch nicht nachgefragt worden. Zusätzlich könnten Bilder und Dokumente in einem professionellen Archivsystem rechtssicher abgelegt werden. Für eine solche, MP2a-zertifizierte Lösung entschieden sich immer mehr Ärzte.

Auch Arzt und Tomedo-Anwender Dr. Bahman Afzali aus Bottrop schätzt deren Dokumentation "nach aktueller Situation als rechtssicher" ein. Jeder Eintrag bei einem Patienten könne nur "soft-deleted" werden, also oberflächlich gelöscht werden. "Das heißt, kein Eintrag ist jemals wirklich weg", so Afzali. Nur in der Standardansicht werde der Eintrag nicht mehr in der Kartei angezeigt.

Weiterer Punkt: Das Datum des Karteieintrags lasse sich beliebig wählen. Anhand des Datums werde der Eintrag in der Kartei sortiert. Das Änderungsdatum werde unabhängig davon gespeichert und lasse sich "nie manuell ändern", so Afzali.

Nicht zuletzt führe jede Änderung eines Karteieintrags zu einer Archivierung der Vorversion und lasse sich in der Historie des jeweiligen Eintrags verfolgen. Eine Vorgabe, diese Vorgehensweise in der Software verbindlich umzusetzen, gebe es von seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aber nicht, wie Springer Medizin erfahren hat. Ärzte, die Zweifel haben, wie die Dokumentation in ihrer EDV läuft, sollten also vorsichtshalber beim Hersteller nachfragen.

Bei einem Wechsel der Praxis-IT gibt es Probleme

Einen Pferdefuß bei der rechtssicheren Dokumentation sieht der bvitg am Ende aber doch, und zwar im Falle eines Wechsels der Praxissoftware: Für einen solchen mussten die Hersteller die von der KBV spezifizierte Archiv- und Wechselschnittstelle in ihre Systeme einbauen. Die Vorgaben dafür seien jedoch "nicht praxistauglich", weil beim Einsatz dieser Schnittstelle nicht alle Daten aus den Patientenakten übernommen werden können, und weil der zeitliche Aufwand einer solchen Datenübertragung "mindestens einen Arbeitstag beanspruchen würde". Beide Punkte seien nur schwer vermittelbar.

Ein möglicher Ausweg könnte sein, dass Ärzte nach dem Wechsel die Dokumentation für den Fall der Fälle in der zuvor genutzten Software archivieren und dann darauf zugreifen, wenn es nötig ist. Updates der Alt-Software wären dann nicht mehr erforderlich.