Seit dem 1. Oktober 2020 - beflügelt durch die Bedingungen der COVID-19-Pandemie - sind im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) folgende neue Leistungen enthalten, die das Potenzial der Telemedizin nutzen: Videosprechstunde, Videofallkonferenzen, Telekonsile sowie ein Technikzuschlag.

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Die Abrechnungsbestimmungen der neuen Leistungen sind sehr komplex und schwer zu lesen. Im Folgenden soll versucht werden, sie verständlich darzustellen. Die erste Einschränkung besteht darin, dass der Zahnarzt Videosprechstunden und Videofallkonferenzen nicht bei allen Patienten abrechnen darf. Diese neue Form der digitalen Technik wird nur bei Kranken honoriert, bei denen eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

  1. 1.

    Einstufung in einen Pflegegrad (§ 5 Sozialgesetzbuch [SGB] XI)

  2. 2.

    Erhalt von Eingliederungshilfe

  3. 3.

    Betreuung im Rahmen eines Kooperationsvertrags mit einem Pflegeheim (§ 119b Abs. 1 SGB V)

Der Behandler muss die jeweilige Anspruchsberechtigung in der Patientenakte dokumentieren (Kopie des Pflegekassenbescheids).

Telekonsile

Die bereits bestehenden Gebühren-Nrn. 181 und 182 (jetzt 181a und 182a) für die konsiliarische Erörterung mit Ärzten und Zahnärzten wurden ergänzt um die Telekonsile. Telekonsile nach Nr. 181b BEMA zwischen Ärzten und Zahnärzten sind für alle Versicherten abrechenbar.

Die Telekonsile nach Nr. 182b BEMA zwischen Ärzten und Zahnärzten sind für Versicherte abrechenbar, die in einer stationären Pflegeeinrichtung betreut werden, mit der der Vertragszahnarzt einen Kooperationsvertrag abgeschlossen hat. Telekonsile werden mit 16 Punkten um 2 Punkte höher bewertet als das telefonische oder persönliche Konsil. Videosprechstunde, Videofallkonferenz und Telekonsil dürfen aber nicht gleichzeitig in derselben Sitzung abgerechnet werden.

Videosprechstunden

Videosprechstunden sind normalerweise nur als alleinige Leistung zu erbringen. Wie des Öfteren im BEMA gibt es auch hier eine (seltene) Ausnahme: Die Mundgesundheitsaufklärung (Nr. 174b BEMA) ist neben der Videosprechstunde (Nr. VS BEMA) in derselben Sitzung abrechenbar, wenn ein persönlicher Kontakt des Zahnarztes mit dem Versicherten nicht möglich ist (z. B. aufgrund einer Quarantäne oder behördlichen Anordnung im Zusammenhang mit einer meldepflichtigen Krankheit des Versicherten oder eines meldepflichtigen Nachweises von Krankheitserregern). Es ist aber zu beachten, dass die Mundgesundheitsaufklärung nur einmal je Kalenderhalbjahr angesetzt werden darf.

Die Videofallkonferenz ist nur als alleinige Leistung zulässig. Der BEMA gestattet nicht die gleichzeitige Mundgesundheitsaufklärung. Videofallkonferenzen sind außerdem pro Versicherten auf 3 Sitzungen je Quartal begrenzt.

Table 1 Die neuen Gebührennummern mit ihren Abrechnungsbestimmungen

Selbstverständlich müssen Gesprächsinhalte der Videosprechstunde/-fallkonferenz oder des Telekonsils in der Patientenkartei dokumentiert werden, so etwa Gesprächspartner, Uhrzeit, Inhalt (Anamnese/Befund/Diagnose), Ergebnis und weitere Vorgehensweise.

Datenschutz

Des Weiteren spielt der Datenschutz eine Rolle. Die Videoverbindung kann nicht abgerechnet werden, wenn gängige Software, wie etwa FaceTime, Skype oder WhatsApp, benutzt wird. Um die neuen telemedizinischen Leistungen im BEMA erbringen und abrechnen zu können, benötigt man einen Videodienstanbieter, der die datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt. Diese technischen Verfahren zur Videosprechstunde sind im SGB (§ 291g) und im Bundesmantelvertrag - Zahnärzte (Anlage 16) genau geregelt. Was vielfach in der Praxis bezüglich des Datenschutzes nicht beachtet wird: Ohne vorherige Einwilligung des Versicherten oder Betreuers in die Datenverarbeitung des genutzten Video-dienstanbieters ist eine Videosprechstunde oder eine Videofallkonferenz nicht möglich. Zu Beginn der Videosprechstunde hat eine beidseitige Vorstellung aller im Raum anwesenden Personen zu erfolgen. Die Aufzeichnung der Videosprechstunde ist nicht gestattet. Die Videosprechstunde darf nur vom Zahnarzt durchgeführt werden. Neben den technischen Hürden erschwert der Datenschutz die praktikable Anwendung moderner Kommunikationsformen.

Technikzuschlag

Da die Inanspruchnahme von Videodienstanbietern Geld kostet, wurde ein Technikzuschlag (TZ) im BEMA zur Abgeltung der durchschnittlichen Auslagen aufgenommen. Er stellt keine zahnärztliche Leistung dar. Die Zuschlagsposition TZ kann maximal zehnmal im Quartal im Zusammenhang mit Videosprechstunden, Videofallkonferenzen oder Telekonsilen abgerechnet werden.

Zertifizierte Anbieter finden sich auf der Website der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV): https://www.kzbv.de/videosprechstunden-und-videofallkonferenzen.1396.de.html. Nebenbei bemerkt: Bisher kannten wir nur BEMA-Nummern, das heißt: Zahlen, Ziffern. Jetzt gibt es doch tatsächlich BEMA-"Nummern", die nur Buchstaben sind: VS, VFK, TZ. Aber Sie wissen ja: Der BEMA ist immer für Überraschungen gut - und nach Logik fragt man besser nicht.

Zusammenfassend muss jeder Zahnarzt für sich selbst feststellen, ob sich der Aufwand für den Einsatz der modernen Informationswege in der eigenen Praxis lohnt. Kosten und Nutzen müssen individuell abgewogen werden. Dies wird entscheidend sein für Akzeptanz und Anwendung.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in WIR in der Praxis 6/20, S. 44