figure 1

Dr. Lena Müller // ist approbierte Ärztin und studiert Zahnmedizin im 8. Semester. Seit Ausgabe 1/2017 berichtet sie über ihre Erfahrungen mit Doppelstudium, Karrierewunsch MKG-Chirurgie und ehrenamtliches Engagement.

Jedes Ende ist ein Neuanfang — so auch bei mir: Ich hatte bei zahlreichen Geburten assistiert, Narkosen mit eingeleitet, Zehen amputiert und während meines Medizinstudiums tendenziell eher eine Vorliebe für Unfallchirurgie gehabt — und doch fiel meine Wahl nun auf die Kieferchirurgie. „Willst du wirklich nochmal vier Jahre studieren? In der Praxis macht man ja dann doch das Gleiche wie ein Oralchirurg!“

In der Berufssoziologie spricht man von einer sozialen Vererbungstheorie. Der Beruf, die Branche, die Art und das Niveau der Arbeit der Eltern — all das kann Söhne und Töchter beeinflussen. Und so auch bei mir: Meine Eltern sind beide Zahnärzte in einer Gemeinschaftspraxis. Dieser Umstand hat es mir erlaubt, dass ich bereits als kleines Kind „Behandler“ mit Luftpuster und Speichelsauger sein durfte. Ein wichtiges rationales Argument jedoch war die Option, sich als Kieferchirurgin später relativ gut niederlassen zu können — und die Tatsache, das volle Spektrum der Operationen auch als Frau beherrschen zu können. In der Unfallchirurgie kam ich krafttechnisch häufig an meine körperlichen Grenzen.

Ein erstes Problem meiner neuen Berufswahl war nun die Finanzierung des Zahnmedizinstudiums: Volle Stellen sind aufgrund der Anwesenheitspflicht im Semester nicht möglich und für Zweitstudierende gibt es fast keine Stipendien. Auch eine erneute Studienplatzvergabe durch die ZVS stand mir bevor. Hier gibt es jedoch anders als beim Erststudium ein Punktesystem, welches die Note des Erststudiums, Gründe für die Zweitstudienwahl und weitere individuelle Gegebenheiten berücksichtigt. Ich hatte Glück: eine Platzzusage in meiner Wunschstadt Mainz sowie eine ärztliche Teilzeitstelle in der Diabetologie. Alternativ wäre ich auch bereit gewesen, eine Stelle in einer anderen medizinischen Fachdisziplin anzunehmen — um zu einem späteren Zeitpunkt in die MKG-Chirurgie zu wechseln. Diesen Weg gehen viele angehende Kieferchirurgen, sofern sie nicht direkt eine Stelle in ihrem Wunschfach bekommen.

Trotz aller Hürden und Schichtdienst bin ich mit meiner Entscheidung sehr glücklich und rate meinen Kommilitonen und Kommilitoninnen mit Interesse an MKG-Chirurgie zu dieser Entscheidung — auch wenn der Weg länger ist. Einige meiner Kollegen studieren und arbeiten nicht nur gleichzeitig, sondern haben bereits eine kleine Familie — wenn man möchte, ist also durchaus alles gut zu schaffen!