Liebe Leserinnen und Leser,

wie auch in früheren Jahren tut ein Sommerurlaub im Herbst der beruflichen Karriere gut und lässt auch an die Zeit denken, die nach dem Berufsleben liegen mag. Gleichzeitig aber bringt Urlaub die Muße mit sich, Dinge aus der Vergangenheit Revue passieren zu lassen. Und das zu einer Zeit, in der, ich sage es einmal mit Euphemismus, die Rheumatologie in Österreich in einer Umbruchsphase ist. Zu einer Zeit, in der Nachwuchsprobleme evident werden, weil sich die jungen Kollegen aussuchen können, welche fachliche Option sie wählen oder ob sie ins wesentlich besser bezahlende Ausland wechseln. Nur ein Satz dazu: Dass Geld kein starker Motivator wäre, behauptet immer nur der Zahler, aber nie der Empfänger!

Zum Beginn meiner beruflichen Karriere hätte man sich die oben beschriebene Situation gewünscht. Rheumatologie war ein unpopuläres, weil auch nicht wirklich potentes, Fach. In der medizinischen Welt waren damals, in den 1980-ern, die Rheumatologen wohl gelitten, sie kümmerten sich um die chronischen Schmerzpatienten, die Klagsamen, und benötigten wenige Krümel des finanziellen Kuchens. Heute verbraucht die Rheumatologie mehr finanzielle Mittel im ambulanten Bereich als die anderen internistischen Subdisziplinen; die Kosten für Biologika (Rheumatologie, Gastroenterologie, Dermatologie) in Österreich betragen mehr als € 250.000.000 Wer hätte sich das vor 35 Jahren gedacht? Ist das nicht eine sehr herzeigbare Situation, mit der man allerdings auch verantwortungsbewusst umgehen muss?

Und wie hat sich das auf die Betroffenen ausgewirkt? Sie können heute in den allermeisten Fällen ein unabhängiges, weitgehend unbehindertes und – am wichtigsten – ein nicht schmerzgeplagtes Leben führen. Kein Score, kein Fragebogen und keine Responsekriterien sind in der Lage, die Verbesserung wirklich zu beschreiben, die seit der Einführung von Methotrexat, Cortisontherapie, Biologika und Small Molecules erreicht werden konnte. Was für ein Gegensatz zu den schmerzgeplagten, behinderten und abhängigen Patienten meiner Anfangszeit! Wenn wir heute über Strategien, Shared Decision Making, Patient Reported Outcomes u. a. m. diskutieren können, sollten wir uns glücklich schätzen, denn vor 35 Jahren war es eigentlich oft nicht möglich, die basalen täglichen Bedürfnisse der Betroffenen irgendwie zu gewährleisten.

Das alles und mehr sollte uns Rheumatologen stolz machen, stolz auf unser Fach, auf das Erreichte und vor allem darauf den Betroffenen Schmerzminderung, Unabhängigkeit und Funktionalität zu bewahren bzw. wieder zurückgeben zu können. Damit kommen wir Rheumatologen der wirklichen Funktion des Arztes doch näher als manche anderen Fächer. Zurückzuschauen wäre manchmal wohl die bessere Werbung für unser Fach als die fünfzigste Empfehlung für ein Randproblem zu referieren.

Auch aus der Gegenwart und für die Zukunft bestimmt sind die weiteren Berichte vom EULAR, die in diese Ausgabe aufgenommen wurden. Die Übersichtsarbeiten von Klaus Krüger, München, und Hubert Nüsslein, Nürnberg, über kardiovaskuläre Komorbiditäten und von M. Gaubitz, Münster, über Osteoporose beschäftigen sich mit sehr wesentlichen Komorbiditäten entzündlich rheumatischer Erkrankungen, deren Prognose sich auch durch die wesentlich verbesserten therapeutischen Möglichkeiten, deutlich ins Bessere verschoben hat. Der Fallbericht von N. Zipfel und Mitarbeitern beschreibt einen Patienten mit einer retropharyngealen Tendinitis.

Auch mit dieser Ausgabe hoffen wir wieder Ihr Interesse zu wecken und dem Ziel von rheuma plus nahe zu kommen, eine fruchtbringende, offene und redliche Diskussion in Gang zu bringen, aus der wir alle Nutzen ziehen können. Wie immer an dieser Stelle möchten wir Sie herzlich dazu einladen, uns Ihre Meinung zu den Beiträgen dieser Ausgabe, wie auch zu allen rheumatologischen Themen, die Sie für relevant oder für diskussionswert halten, zu schicken. Sie können in jedem Falle auf einen fairen Review mit entsprechendem Feedback vertrauen. Für Kritik, Hinweise, Zustimmung wie auch für jeden anderen Beitrag bedanke ich mich schon im Voraus.

Herzlichst, Ihr Burkhard Leeb