Die Politik ähnelt mittlerweile etwas dem Karneval: Es geht rund und am Ende droht Chaos. Im Gesundheitswesen läuft Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mittlerweile zu Höchstform auf und entbudgetiert erst die Kinderärzte, jetzt die Hausärzte, leider aber nicht weitere Facharztgruppen. Ob das der verfassungsrechtlichen Prüfung standhält, ist die Frage. Gilt der Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz nicht auch für die Fachärzte? Lauterbachs weitere Steckenpferde sind Gesundheitskioske und digitale Gesundheitsanwendungen, über deren Niederschwelligkeit schon Jens Spahn schwärmte. Wenn man sparen möchte, verbieten sich in dieser Zeit leider andere Investitionen. Insofern wüsste ich nicht, warum man der Verordnung oder der Empfehlung derartiger Instrumente bei klammen Kassen zustimmen sollte - es sei denn, in Krisenzeiten sind Fachärzte den Herren Politikern zu teuer.

Zurück zum Karneval: Herr Lauterbach kommt aus dem schönen Rheinland, in dem ich früher auch gerne Praxisvertretungen gemacht habe. Schon auf der Anreise begann dann das bunte Treiben. In Bonn wurde ich in einen Regionalzug verfrachtet, begeisterte Fahrgäste winkten und riefen mir zu „Wir sind jeck, kumm rin“. Also Pappnase auf und ab in den Zug! 30 km lang zu schunkeln und zu singen, ohne aus dem Zug zu fallen, will gelernt sein. Am Alten Markt in Köln stieg die Stimmung dann mit jedem Kölsch.

Damals war ich auch öfter zu Gast im Schwarzwald sowie am Bodensee bis hinüber in die Schweiz. Dort gibt es die schwäbisch-alemannische Fastnacht und diese ist für einen Dermatologen auch überaus interessant. Zunächst weniger auffällig war der schmutzige Donnerstag: Dann finden bereits ab 6 Uhr morgens in Konstanz und weiteren Gemeinden die berühmten Umzüge der Hemdglonker statt. Ich folgte damals mit einem Instrument bewaffnet einer Guggenmusik-Gruppe und verhalf ihr zu noch mehr Lautstärke. Es ging von Geschäft zu Geschäft und überall gab es kleine Schnäpse sowie andere Köstlichkeiten. Abends fand dann in einer großen Stadthalle das Guggen-Monster-Konzert statt. Dieses Programm lief vier bis fünf Tage hintereinander ab, bis man seine Energie abgebaut hatte und am Aschermittwoch dann dem normalen Leben wieder angenehme Seiten abgewinnen konnte.

figure 1

© Fabian von Poser / imageBROKER / picture alliance

Handelt es sich bei den Hauterscheinungen dieser Hexe um harmlose Warzen oder doch um Basaliome?

Was davon ist nun für uns Dermatologen interessant? Natürlich die Masken! Bei jeder größeren Fastnachtveranstaltung werden die verschiedensten Larven eingesetzt. Sie sind aus diversen Materialien wie Holz, Kupfer sowie Metallen gefertigt und teilweise mehr als 100 Jahre alt. Für einen engagierten Dermatologen ist es überaus reizvoll, festzustellen, dass Keratosen, Warzen, Papillomen, Nävi, Basaliomen und weiteren Hauterscheinungen diagnostiziert werden können. So traf ich auch auf schwere Verlaufsformen der Rosazea wie auch des Lupus erythematodes, die zum Teil die aktiven Mitglieder eines ganzen Fastnachtsverein zierten. Ich kam ins Schwärmen und verbrachte jahrelang die Fasnetzeit damit, diese Masken auf Umzügen zu dokumentieren.

Anfang des Jahres gab es nun den großen Umzug zum 100-jährigen Bestehen der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte in Weingarten. Am 21. Januar 2024 trafen sich die Zünfte des Verbandes für einen Umzug mit über 10.000 Teilnehmenden, bei dem sie ihr Brauchtum vorführten. Man erhielt eine famose Übersicht über die unterschiedlichen schwäbischen und alemannischen Regionen mit ihren unterschiedlichen Bräuchen. Dabei steht nicht der große Fastnachtswagen mit Prinzen und Ehrengarde im Fokus wie im Rheinland, sondern es ist das Brauchtum, das die Fastnacht prägt. Unter dem Patronat der Hexen kann es durchaus auch zu handgreiflichen Auseinandersetzungen kommen, die aber in der Regel glimpflich enden. Wer einmal Richtung Schweiz oder Konstanz fährt, sollte nicht versäumen, das Museum der Zünfte in Bad Dürrheim zu besuchen.

Was lernen wir daraus? Interessante dermatologische Aspekte gibt es immer wieder, sogar während der Fastnacht. Und das Wichtigste im Leben ist nun mal, zu lachen und Zuversicht sowie Lebensfreude zu haben. Insofern wünsche ich närrische Tage und allen anderen einige Tage mit politischer Abstinenz!

Auf eine tolle Fastnacht!

figure 2

Dr. Matthias Herbst

Generalsekretär ADK e. V.