Das uveale Melanom (Aderhautmelanom) kommt in Deutschland zwar sehr selten vor, ist aber die häufigste primäre Augenkrebserkrankung bei Erwachsenen. Bis zu 50 % der Betroffenen entwickeln Metastasen; in dieser Situation betrug die Lebenserwartung bislang weniger als ein Jahr.

Der Galenus-Kandidat Tebentafusp (Kimmtrak®) ist eine Orphan Drug zur Monotherapie von Erwachsenen mit inoperablem oder metastasiertem uvealem Melanom, die positiv für das HLA(humane Leukozytenantigen)-A*02:01 sind. Es ist seit April 2022 in der EU zugelassen und seit Mai 2022 in Deutschland verfügbar. Im Oktober 2022 hat der Gemeinsame Bundesausschuss dem Medikament Anhaltspunkte für einen beträchtlichen Zusatznutzen attestiert.

Tebentafusp ist ein bispezifisches Fusionsprotein, das aus einem T-Zell-Rezeptor und einer Anti-CD3-Effektordomäne besteht. Der T-Zell-Rezeptor bindet spezifisch an Glykoprotein 100 (gp100), ein Peptid, das vom HLA-A*02:01-Komplex auf Aderhautmelanomzellen präsentiert wird; die CD3-Domäne rekrutiert und aktiviert anschließend T-Zellen zu den Tumorzellen. Auf diese Weise wird eine immunologische Synapse zwischen Tumorzelle und T-Zelle gebildet, wodurch der maligne Tumor für das Immunsystem zugleich sichtbar und direkt zerstörbar wird.

In der Phase-III-Studie IMCgp100-202 mit 378 an einem metastasierten Aderhautmelanom Erkrankten, die therapienaiv waren, wurde Tebentafusp mit einer Therapie nach Wahl der Prüfärztinnen beziehungsweise -ärzte (Pembrolizumab, Ipilimumab oder Dacarbazin, off-label) verglichen [Nathan P et al. N Engl J Med. 2021;385:1196-206]. Im Verhältnis 2 :1 randomisiert wurde die Medikation bis zur Krankheitsprogression oder bis zum Auftreten unzumutbarer Toxizität verabreicht.

Bereits nach der ersten Interimsanalyse mit einem medianen Follow-up von 14,1 Monaten war die geschätzte mediane Gesamtüberlebenszeit (primärer Endpunkt) unter Tebentafusp signifikant länger als unter der Vergleichstherapie (21,7 vs. 16,0 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,51; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,37-0,71; p < 0,0001). Das geschätzte progressionsfreie Überleben (sekundärer Endpunkt) war unter Tebentafusp signifikant länger (3,3 vs. 2,9 Monate; HR 0,73; 95 %-KI 0,58-0,94; p = 0,01).

57 % der mit Tebentafusp Behandelten litten in den ersten vier Wochen unter Nebenwirkungen; Schweregrad und Häufigkeit nahmen bei wiederholter Gabe ab. Mit 89 % kam es in der Studie am häufigsten zu einem Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS), das durch Fieber, Hypotonie und Hypoxie gekennzeichnet ist und in der Regel innerhalb weniger Stunden nach den ersten Gaben auftritt. Meist verlief dieses aber mild (Grad 1 oder 2) und führte nur selten zum Therapieabbruch (1,2 %). Ihm kann mit intravenösen Flüssigkeitsgaben als Prämedikation vorgebeugt werden.

nach Informationen von Immunocore