Gutes Personal langfristig an die eigene Praxis zu binden, ist für viele Ärztinnen und Ärzte eine Herausforderung - vor allem, wenn es um die Generation Z geht. Der gegenseitige wertschätzende Umgang miteinander ist dabei von zentraler Bedeutung.

"Geld allein macht nicht glücklich" - auch für medizinische Fachangestellte (MFA) gilt dieses tradierte Sprichwort. "Wegen der Bezahlung alleine bleibt heute keine MFA mehr bei ihrem Arbeitgeber", resümiert Verena Faden, die Betreiberin des auf Einrichtungen des Gesundheitswesens spezialisierten Beratungsunternehmens Team und Führung.

"Für die Vertreter der Generation Z heißt die neue Währung Zeit", spiegelt sie die Herausforderung für Chefinnen und Chefs wider. Praxen sind demnach heute gerade für jüngere Angestellte dann attraktiv, wenn sie zum Beispiel interessante Arbeitszeitmodelle bieten. "Hier ist Kreativität gefragt. Von einer starren Vier-Tage-Woche profitiert die betreffende MFA vielleicht weniger, als wenn ein flexibleres Modell wie mit einem Drei-Wochen-Rhythmus geboten wird. Auch Sabbaticals für MFA dürfen heute für Praxischefs kein Tabu mehr sein, wollen sie gute und fähige MFA einstellen und sie langfristig an die Praxis binden", postuliert Faden. Gerade reine Privatpraxen könnten hier mehr Spielraum bieten als Kassenpraxen.

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Guter Teamzusammenhalt ist auch in Arztpraxen wichtig - besonders dann, wenn Generationen aufeinander treffen.

Keinesfalls ein Wunschkonzert

Faden kann Praxischefinnen und -chefs beruhigen: "Es geht keinesfalls um ein Wunschkonzert für MFA. Es muss nur klipp und klar sein, wofür die Praxis steht, welche Philosophie sie vertritt, die gegenüber den Patienten, aber auch im Team gelebt wird, welche Rolle die MFA einnimmt und dass sie auch tatsächlich Wertschätzung für ihre geleistete Arbeit abseits des monatlichen Gehaltszettels erfährt!" Diesen Personalführungsstil zu implementieren, bedeute für viele Chefinnen und Chefs einen herausfordernden Paradigmenwechsel.

Was Faden in Praxen immer wieder beobachte, sei eine zu starke Fokussierung auf die reine Patientenversorgung im Sprechzimmer. "In vielen Gesprächen nannten Praxischefs das Personal als ihren größten Energiekiller. Viele haben sich bis dato aber wenig Gedanken darüber gemacht, wie gutes Personal angemessen geführt und gehalten wird", so Faden. Für die Zukunft sei das aber kein Geschäftsmodell für Haus- und Facharztpraxen: "Wer sich heute nicht kümmert, wird morgen kein Personal haben. Mitarbeiter sind nicht mehr einfach austauschbar."

Wertschätzung im Team leben

"Als Führungskraft geht es zunächst um Selbstführung: Nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen", so Faden. Dabei sei es wichtig, dass Führung nicht übermäßig Kraft kosten dürfe, sondern mit Leichtigkeit von der Hand gehe - in Fachkreisen wird dies "mindful leadership" genannt. Das sei aber letzten Endes alles eine Frage der richtigen Führungstools, die man Praxischefinnen und -chefs an die Hand gebe. "Führung kann man lernen, dazu muss man sich zuerst mit sich selbst beschäftigen", konkretisiert Faden. Dabei geht es insbesondere um die individuelle Persönlichkeitsstruktur.

Zentrale Führungsaufgabe sei es schließlich, Wertschätzung im Team zu leben. Dafür sei in der Regel ein Perspektivenwechsel notwendig. "Wertschätzung funktioniert nur zweigleisig: Führungskräfte müssen wertschätzend mit ihren Mitarbeitern umgehen, im Gegenzug müssen aber auch die Mitarbeiter im Team den Vorgesetzten gegenüber Wertschätzung betreiben", verdeutlicht Faden.

Im Arbeitsalltag heiße das für die Mitarbeiterinnern und Mitarbeiter, dass sie sich bei ihrer täglichen Arbeit auch mit sich selbst auseinandersetzen sollten. Alle müssten wissen, welche Rolle sie spielen und hinterfragen, wie sie die Praxis weiterbringen können. "Eine Praxisstrategie darf nie in Stein gemeißelt sein. Das gilt auch für die Praxisphilosophie, die im Team am besten einmal jährlich auf den Prüfstand gestellt wird", konkretisiert Faden.

Aus personalpsychologischer Perspektive betrachtet baue die moderne, auf Wertschätzung basierende Personalführung auf die Selbstwirksamkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Nicht tolle Obstkörbe, sondern eine offene Feedbackkultur, die ein proaktives Einbringen seitens der Mitarbeiter explizit fördert, bringt zum Beispiel den MFA die notwendige psychologische Sicherheit im Arbeitsalltag, die dann positiv auf das Patienten- und Praxismanagement einzahlen könne.

Wertschätzung bedeute übrigens auch, so Faden, die Schwächen und Stärken der Teammitglieder zu kennen: "Wenn eine MFA lieber mit Steinen als mit Menschen arbeitet, ist sie an der Rezeption eine Fehlbesetzung. Im Labor oder bei der Abrechnung wird sie sich hingegen entfalten können." Zur Wertschätzung gehöre ebenfalls, die Teilnahme an zielgerichteten Fortbildungsangeboten zu ermöglichen - mit klar geregelten Modalitäten, damit neben den Angestellten auch die Praxis langfristig profitiert.