Bei Frauen mit vor allem mittelschwerer bis schwerer androgenetischer Alopezie zeigt topisches Minoxidil nur begrenzte Wirkung. Erfolgversprechender könnte es sein, das Medikament mittels Microneedling in die Kopfhaut einzuschleusen.

Beim Microneedling entstehen im Stratum corneum zahlreiche Mikrokanäle, die die Penetration von Externa erleichtern. Zusätzlich werden durch die Mikrotraumata Reparaturprozesse angestoßen, die unter anderem die Produktion von Wachstumsfaktoren stimulieren können. Diese Wirkungen werden bei einem breiten Spektrum von kosmetischen und dermatologischen Indikationen genutzt; zu ihnen gehört seit einigen Jahren auch Haarausfall. Eine Forschungsgruppe aus Shanghai hat nun in einer randomisierten, kontrollierten Studie untersucht, ob Frauen mit androgenetischer Alopezie und topischer Minoxidilbehandlung ebenfalls von Microneedling profitieren.

Microneedling bei 85 % der Frauen effektiv

Studienteilnehmerinnen waren 40 Frauen mit androgenetischer Alopezie, die nach dem Zufallsprinzip der Interventionsgruppe mit Minoxidil plus wöchentlichem Microneedling oder der Kontrollgruppe, die nur topisches Minoxidil erhielt, zugeteilt wurden. Alle Patientinnen sollten zweimal täglich 1 ml einer 2%igen Minoxidil-Lösung in die Kopfhaut einmassieren; davon ausgenommen war in der Interventionsgruppe der Tag der Microneedling-Sitzung. Für die Prozedur wurden spezielle Nadeln mit einer Länge von 260 µm verwendet; die Behandlung damit wurde jeweils zweimal wiederholt, nach der Hälfte der Zeit wurde 1 ml Minoxidil 2 % in die Kopfhaut einmassiert. Beide Therapien wurden über 24 Wochen fortgeführt. Primäre Wirksamkeitsendpunkte waren das Haarwachstum gemäß der Sinclair-Einteilung, das anhand von Fotografien beurteilt wurde, und die Veränderung der Anzahl der Haare in einem definierten Areal von 1 cm2.

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Die androgenetische Alopezie bei Frauen ist oft nicht zufriedenstellend zu behandeln. Der Einsatz von Microneedling könnte das ändern.

Die beiden Studiengruppen stimmten in Alter und Dauer des anlagebedingten Haarausfalls sowie in den Sinclair-Stadien (überwiegend zwei und drei) und der Haardichte vor Studienbeginn überein. Nach der 24-wöchigen Therapie wurden in der Kombinationsgruppe niedrigere Sinclair-Stadien erreicht. Unter der Annahme, dass eine Reduktion um mindestens ein Stadium als klinisch relevanter Effekt anzusehen ist, erwies sich die Therapie mit Microneedling bei 85 % der Patientinnen als effektiv. Das war ein statistisch signifikanter Vorteil gegenüber der alleinigen Minoxidilbehandlung, die nur bei 45 % eine klinisch relevante Wirkung zeigte. Die Zahl der Haare nahm mit beiden Therapien signifikant zu, aber auch hier schnitt die Gruppe mit Microneedling signifikant besser ab (pro cm2 von 84 auf 122 versus von 84 auf 96).

Verbesserte Resorption durch Mikroporen

Die Microneedling-Sitzungen dauerten jeweils 30 Minuten, sie verursachten allenfalls ein leichtes Erythem, das innerhalb kurzer Zeit abklang. Zwei Patientinnen berichteten nach den ersten Sitzungen über Kopfschmerzen. Bei zehn Frauen kam es, möglicherweise infolge einer verbesserten Minoxidilresorption, zu einer vermehrten Behaarung in anderen Körperregionen (Unterarm, Oberlippe). Alle Nebenwirkungen waren leichter Art; Hämorrhagien, Infektionszeichen oder andere systemische Symptome wurden nicht beobachtet.

Microneedling in Kombination mit Minoxidil sei sicher und effektiv und übertreffe bei weiblicher androgenetischer Alopezie die Wirksamkeit einer Minoxidil-Monotherapie, lautet daher die Schlussfolgerung der Studienautorinnen und -autoren. Als Ursache der stärkeren Wirkung vermuten sie vor allem die bessere Verfügbarkeit von Minoxidil: Die genutzten Mikronadeln öffneten innerhalb von fünf Minuten eine große Zahl von Mikroporen in der Epidermis und würden aktiven Wirkstoffen erlauben, das Stratum corneum problemlos zu passieren. Dies vergrößere die Resorptionsrate und die Wirkung von Minoxidil.

Zhang Y et al. Randomized trial of microneedling combined with 2 % minoxidil topical solution for the treatment of female pattern hair loss in a Chinese population. J Cosmet Dermatol 2022;21:6985-91