Liebe Leser des Journal für Ästhetische Chirurgie, liebe Kollegen der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. (GÄCD),

wie bereits in den vorherigen Ausgaben auch, haben wir diesem Heft einen Themenschwerpunkt zugeordnet. Diesmal berichten wir in der Kongressausgabe unserer Zeitschrift über die unterschiedlichen Techniken zur Korrektur abstehender Ohren. Daneben informieren wir weiterhin über die wissenswerten Neuigkeiten unseres Fachgebiets.

Edward Talbot Ely (1850–1885) gilt weithin anerkannt als der Vater der ästhetischen Korrektur abstehender Ohren. Er beschrieb 1881 eine Technik mit Exzision einer Knorpel-Haut-Spange zur Korrektur abstehender Ohren, denen eine Cavumhyperplasie zugrunde lag. Weitere Modifikationen der von Ely beschriebenen Technik wurden publiziert, blieben allerdings Einzelfallbeschreibungen. Eine Systematik im chirurgischen Vorgehen war zu dieser Zeit noch nicht erkennbar. In der „vorantibiotischen Ära“ war der Grund dafür die gefürchtete Komplikation einer Perichondritis. Folglich versuchten einige, unter Umgehung der kausalen Ohrknorpelpathologie, die Anlegung der Ohrmuschel durch eine retroaurikuläre Hautexzision zu erreichen. Dufourmentel stellte diese Technik noch in seinem 1950 erschienen Werk „Chirurgie Réparatrice et Correctrice des Téguments et des Formes“ dar. Das Resultat dieser Methode ist weithin als „Telefonohr“ bekannt – das im kranialen Drittel und am Lobulus abstehende Ohr mit verstrichener retroaurikulärer Hautfalte. Eine andere häufige Folge dieser Technik ist das retroaurikuläre Keloid, dessen Therapie von Bozzato in diesem Heft beschrieben wird.

Nach Einführung der Sulfonamide im Jahr 1935 und des Penicillins 1942 veränderte sich die chirurgische Vorgehensweise zur Korrektur abstehender Ohren rapide. Die Perichondritis als gefürchtete Komplikation verlor zunehmend ihren Schrecken und eine kausale, problemorientierte Herangehensweise trat in den Vordergrund. In den Nachkriegsjahren entwickelten sich drei komplett unterschiedliche Vorgehensweisen, die bis zum heutigen Tag Bestand haben und angewendet werden.

In den Nachkriegsjahren entwickelten sich drei komplett unterschiedliche Vorgehensweisen

Converse beschrieb 1955 eine Schnitt-Naht-Technik zur Korrektur abstehender Ohren, die auf einer Cavumhyperplasie und Anthelixhypoplasie beruhen. Obwohl die originale Technik von Converse heute nicht mehr durchgeführt wird, gilt er doch als Gründervater für alle Techniken, die auf einer Schnittmethode des Knorpels basieren. Die bekannteste Variation der Schnitttechnik wurde von Walter 1962 beschrieben und wird in diesem Journal präsentiert. Die Schnitttechnik gilt gemeinhin als die chirurgisch anspruchsvollste Methode. Insbesondere unschöne scharfe Kanten an der Ohrmuschelvorderseite bei falsch platziertem Schnitt galten bisher als nicht zu korrigierende Komplikation. Berghaus stellt in diesem Leitthemenheft eine Technik vor, mit der diese „zerschnittenen Ohren“ rekonstruiert werden können.

Mustardé beschrieb im Jahr 1960 eine reine Nahttechnik, um abstehende Ohren, die durch eine reine Anthelixhypoplasie bedingt sind, anzulegen. Diese Nahttechnik wurde in der Folge mehrfach von einer Vielzahl von Kollegen überarbeitet und modifiziert. Sie stellt heute die am weitesten verbreitete Methode dar. In diesem Journal stellen wir Ihnen drei Variationen der Nahttechnik vor. Wurm beschreibt eine Nahttechnik zur Anthelixfaltung und Cavumrotation. Merck und Fritsch stellen die neuesten, aktuellen Modifikationen der Nahttechnik, die „Incisionless“-Technik, vor. In der nächsten Ausgabe präsentiert Winter unterschiedliche Nahttechniken zur Anlegung des abstehenden Lobulus.

Stenström beschrieb 1963 eine Ritzmethode zur Korrektur abstehender Ohren. Durch Ritzen oder Feilen konnte, seinen Beobachtungen nach, eine Faltung der hypoplastischen Anthelix erreicht werden. Der an einer Oberfläche verletzte Knorpel faltet sich dabei von der Seite der Verletzung weg. Die zugrunde liegenden Untersuchungen von Gibson und Davis aus dem Jahr 1959 beschreiben dieses Phänomen, das beim Schnitzen von Transplantaten aus Rippenknorpel bekannt ist, erstmalig. In diesem Journal stellt Raunig seine Variation dieser Technik vor.

Es ist effizienter, eine Pathologie zu verhindern, als sie zu therapieren. Dieses Paradigma gilt auch für die Korrektur abstehender Ohren. Raunig stellt eine Methode mit überzeugenden Langzeitergebnissen vor, die bei Neugeborenen mit Ohrmuscheldeformitäten durch eine Pflastertechnik die Entwicklung abstehender Ohrmuscheln verhindert.

Es ist effizienter, eine Pathologie zu verhindern, als sie zu therapieren

In der heutigen Zeit kommt dem juristischen Aspekt unseres Handelns eine stetig wachsende Rolle zu. Insbesondere das „Beschneidungsurteil“ hat für uns eine nicht zu unterschätzende Auswirkung, über dessen Folgen Wienke berichtet, der die juristischen Konsequenzen des Urteils für uns entschlüsselt.

Sie werden bei der Lektüre dieses außergewöhnlichen Leitthemenheftes den Autoren die Begeisterung für ihre Technik anmerken. Die demonstrierten Ergebnisse sind durchweg überzeugend, die Komplikationen scheinen beherrschbar. Bei aller Begeisterung für das Thema der Ohrkorrektur müssen wir nach nunmehr über 100 Jahren Erfahrung aber auch eingestehen, dass es bei der Korrektur abstehender Ohren „den einen Weg nach Rom“ nicht gibt. Vielmehr soll das vorliegende Heft Ihnen einen umfassenden Überblick über die Vielzahl der unterschiedlichen Techniken der Otoplastik geben. Komplett neue Techniken und neue Aspekte alter Techniken sollen demonstriert werden und so vielleicht Einzug in Ihr chirurgisches Repertoire halten.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine spannende Lektüre dieses Journals.

Prof. Dr. Klaus Bumm

Dr. Dr. Frank Muggenthaler