Bundesvorstandssitzung. Gesundheitspolitische Pausen gibt es nicht - und schon gar nicht zum Jahreswechsel. Zwei angekündigte Versorgungsgesetze, eine große Krankenhausreform, Neuregelungen für Investoren-MVZ - alles in der eigentlich ruhigen Weihnachtszeit. In der ersten Sitzung des Bundesvorstands (BV) des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) galt es, all das zu sortieren und zu bewerten.

"Das neue Jahr beginnt mit alten und neuen Herausforderungen", sagte der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader zum Auftakt der Videokonferenz des Bundesvorstandes Anfang Januar. Das GKV-Finanzstärkungsgesetz der Ampel-Koalition sei bereits ein Schwächungsgesetz für den ambulanten Bereich gewesen. Mit den angekündigten milliardenschweren neuen Reformpaketen für Kliniken würden die freiberuflich selbstständig Niedergelassenen nun endgültig zu "freiberuflich selbstständig Linksliegengelassenen". Der immer wieder als Mantra von der Politik wiederholte Slogan "ambulant vor stationär" werde damit ins Gegenteil verkehrt.

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Richtungsentscheidungen völlig verfehlt

Die Bundesregierung habe in den vergangenen Monaten ganz klare Richtungsentscheidungen getroffen: Zuerst einmal gehe es um den stationären Bereich, nicht um den ambulanten. Geplante Verzahnungen der Bereiche, die sogenannte sektorenübergreifende Versorgung, die ja bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, solle eingeführt werden, ohne vorher mit den Betroffenen zu reden. "Da gibt es eine Regierungskommission, die Politik macht, die eigentlich der Selbstverwaltung im Gesundheitsbereich überlassen sein sollte", kritisierte Schrader. Staat vor Selbstverwaltung sei ebenso eine Richtungsentscheidung wie Krankenhaus vor Praxis.

"Die ambulanten Praxen, die in der Pandemie die medizinische und zahnmedizinische Versorgung überhaupt nur aufrechtgehalten haben und ohne die das System zusammengebrochen wäre, wie andernorts zu sehen war, werden jetzt zum Paria", monierte Schrader. Jetzt, in der nächsten Krise, in der die Niedergelassenen Unterstützung bräuchten, werde budgetiert, gekürzt und gestrichen. "

Wir als Niedergelassene werden bereinigt und dürfen nur noch den Mangel verwalten", sagte der FVDZ-Bundesvorsitzende.

2023 wird zum Schlüsseljahr

Das Jahr 2023 werde zu einem Schlüsseljahr für die ambulante Versorgung, betonte Schrader noch einmal. Es werde entscheidend sein, wie die beiden jetzt geplanten Versorgungsgesetze ausgestaltet würden. Skeptisch ist Schrader hinsichtlich der Ankündigungen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach in der Bild am Sonntag zur Begrenzung von Investoren im Gesundheitsbereich. "Das haben alle gelesen und genickt, allerdings wird ein Minister Lauterbach da auch nicht einfach die Uhr zurückdrehen können und vermutlich auch nicht wollen - denn alles, was Lauterbach bisher angefasst hat, geht in Richtung Zentralisierung." Schrader warnte davor, allzu große Hoffnungen in die von Minister Lauterbach ausgegebene Parole "keine Kommerzialisierung der Medizin" zu setzen. Dessen "Gegenmittel" sei eben nicht die Stärkung der Niederlassung, sondern des öffentlichen Gesundheitswesens. Hinzu kämen allerlei weitere "Spielwiesen", wie Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) und Gesundheitskioske, die der Versorgung weitere Mittel entzögen.

Strukturreform ist notwendig

Dass immer mehr Praxen in Knie gingen und dem wirtschaftlichen Druck nicht mehr Stand halten können, dass Deutschland auf ein akutes Versorgungsproblem in ländlichen Regionen zusteuere, dass der Kern der Gesundheitsversorgung zerstört werde, wenn alles auf dem Rücken der ambulanten Praxen ausgetragen werde, sei aus ideologischen Gründen bei Minister Lauterbach noch nicht angekommen. Aufgabe sei es jetzt, gemeinsam mit allen Gleichgesinnten Aktionen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Dabei könnten kurzfristig auch symbolische Aktionen wie Praxisschließungen, Postkartenaktionen oder Plakate für Aufmerksamkeit sorgen. "Das Gesundheitssystem braucht allerdings eine grundlegende Strukturreform, in der wir uns als niedergelassene Freiberufliche wiederfinden", sagte Schrader. "Hier werden wir uns in die Diskussion mit unseren Vorschlägen einmischen."