Eine COVID-19-Studie. Die Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie hat die Welt nachhaltig verändert. In Deutschland wurde der erste bestätigte Fall der COVID-19-Pandemie laut Gesundheitsministerium in Bayern Ende Januar 2020 registriert. Seitdem werden kontinuierlich neue Fälle gemeldet und Patienten zunehmend in Krankenhäusern isoliert. Welche Auswirkungen der erste Lockdown auf die Arbeit der Zahnärzte in Deutschland hatte, zeigt eine neue Studie.

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Am 27. März 2020 hat der Deutsche Bundestag das "Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" beschlossen. Damit können auf Bundesebene Verordnungen im Gesundheitswesen ohne Zustimmung des Bundesrates getroffen werden [Bundesgesetzblatt 2020]. Seitdem wurde eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen, nicht lebensnotwendige Reisen in die EU eingeschränkt, zahlreiche Geschäfte geschlossen und als Maßnahme ein Einreiseverbot für Drittstaatsangehörige verhängt (Lockdown). Kontaktbeschränkungen gelten seit dem 22. März 2020 [Robert-Koch-Institut Berlin, 2020a]. Die Abstands- und Hygienemaßnahmen haben sich seither je nach Bundesland regelmäßig geändert, verschiedene Veranstaltungen und sogar Bezirksregionen wurden unter Quarantäne gestellt. Es gab und gibt regelmäßige Anpassungen und auch Lockerungen, die täglich von der Politik im Hinblick auf den R-Wert und die täglichen Infektionszahlen durch das Robert-Koch-Institut in Berlin (Deutschland) überprüft und neu bewertet werden [Robert-Koch-Institut Berlin, 2020a,b]. Auch die zahnärztliche Versorgung war von der Pandemie und einer generellen Reduktion der Arbeitszeit pro Woche stark betroffen. Während des Lockdowns wurden zahnärztliche Behandlungen zeitweise komplett ausgesetzt, mit Ausnahme der Notfallversorgung [Sinjari et al., 2020; Papi et al., 2020; Cagetti et al., 2021]. Was die zahnärztliche Versorgung betrifft, so beschränkten viele Regionen in Deutschland wie auch in anderen Ländern [American Dental Association, 2020] während der Abriegelung die zahnärztliche Versorgung auf Notfälle [Bundeszahnärztekammer, 2020]. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben zusammen mit den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder (KZV) ein gemeinsames Maßnahmenpaket entwickelt, um die zahnärztliche Versorgung in Deutschland auch in Zeiten zunehmender Ausbreitung von SARS-CoV-2/COVID-19 aufrechtzuerhalten. Damit sollten alle Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene koordiniert und aufeinander abgestimmt werden. Darüber hinaus sollte ein synchronisierter Informationsstand sichergestellt und eine Verunsicherung bei Patienten und Zahnärzten vermieden werden.

Maßnahmenpaket der Zahnärzteschaft

Neben Empfehlungen zur Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung unter Beachtung des Infektionsschutzes enthält das Maßnahmenpaket der Zahnärzteschaft unter anderem einen Vorschlag zur Sicherstellung der akuten zahnärztlichen Notfallversorgung von Infizierten und in Quarantäne befindlichen Patienten in spezialisierten Praxen und Behandlungseinheiten in Krankenhäusern. Diese Maßnahme sollte dazu dienen, die Ausbreitung des Virus im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung so weit wie möglich zu verhindern, das Infektionsrisiko für Patienten und Praxispersonal zu reduzieren und die Versorgung langfristig zu sichern.

Für die vertragszahnärztliche Versorgung ist in § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V geregelt, dass Vertragszahnärzte aufgrund ihrer Zulassung berechtigt und verpflichtet sind, im Umfang des sich aus ihrer Zulassung ergebenden Versorgungsauftrages an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilzunehmen. Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Behandlungspflicht können nur durch behördlich angeordnete Praxisschließungen nach dem Infektionsschutzgesetz zustande kommen. In Ausnahmefällen mit begründeten Besonderheiten kann in Abstimmung mit der zuständigen KZV oder dem örtlichen Gesundheitsamt auch eine vorübergehende Praxisschließung erfolgen [KZBV, 2020].

Umfrage des Freien Verbandes und der Universität in Bern

Der FVDZ führte im Juni 2020 eine Umfrage in Kooperation mit der Universität Bern zur Bewertung der epidemiologischen Situation in Deutschland durch, nachdem die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zum ersten Mal gelockert worden waren.

Ergebnisse

  • Insgesamt haben 2.635 Zahnärzte (m/w/d) an der Umfrage teilgenommen.

  • Mehr als vier Fünftel (87 Prozent) waren Inhaber einer eigenen Praxis.

  • Während der 1. Lockdown-Periode 2020 (nach Beratung und Beschlussfassung durch die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer am 22. März 2020 [Deutsche Bundesregierung, 2020]) berichteten fast zwei Drittel der Zahnärzte (65 Prozent) eine Reduktion der Praxistätigkeit um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Zeitraum vor der Pandemie.

  • 93 Prozent der Studienteilnehmer reduzierten die wöchentliche Arbeitszeit während des Lockdowns.

  • Die Reduktion des wöchentlichen Arbeitspensums während des Lockdowns war nicht statistisch signifikant mit der Einwohnerzahl der Gebiete assoziiert, in denen die Zahnärzte ihren Beruf ausübten.

  • Die wöchentliche Arbeitszeitreduktion nach der ersten Lockerungsmaßnahme (ab 20. April 2020) war statistisch signifikant mit dem Praxistyp assoziiert; in IMVZ (mit Mehrheit angestellter Zahnärzte unter Leitung eines nicht-zahnärztlichen Geschäftsführers) tätige Zahnärzte gaben an, schnell die Arbeitsbelastung aus der Zeit vor der COVID-19 Pandemie wieder aufgenommen zu haben,

Schlussfolgerungen

  • Das wöchentliche Arbeitspensum wurde während des Lockdowns in Deutschland sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten drastisch reduziert.

  • Die Rehabilitierung des wöchentlichen Arbeitspensums der Praxis auf den Zustand vor der Pandemie nach dem Ende des Lockdowns erfolgte in größeren Praxisstrukturen schneller als in kleinen.

  • Da sich die Pandemiesituation sehr plötzlich entwickelte und sprunghaft ändert, müssen die kurz-, mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auf die Zahnarztpraxen, das zahnärztliche Personal und die Patientenversorgung mit neuen Erhebungen genau beobachtet werden.

Originalpublikation als open access-Publikation verfügbar: Int. J. Environ. Res. Public Health 2021, 18(6), 3164; https://doi.org/10.3390/ijerph18063164