Uni-Alltag. Wie sieht die studentische Patientenbehandlung unter Corona-Bedingungen aus? Sehr unterschiedlich, wie eine Umfrage des FVDZ-Studierendenparlaments gezeigt hat. Das gilt auch für das Patientenaufkommen an den einzelnen Uni-Standorten. Doch eins gilt für alle: Die Pandemie ist auch hier eine große Herausforderung.

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Montag, 13.20 Uhr: In einer Zahnklinik in Deutschland laufen die Studierenden der klinischen Semester durch den Saal und bereiten ihre Boxen vor. In Box 8 steht eine Füllung an. Die Behandlungstage sind knapp, das Kursprogramm muss an den vorgegebenen Tagen erfüllt werden, sonst wird das Semester wiederholt.

13.30: Die Box ist aufgebaut, der Fall wird dem Saalbetreuer vorgestellt. Ein Blick ins Wartezimmer, in dem die Patienten mit Sicherheitsabstand und Maske geduldig warten. Keine Spur vom Füllungspatienten bisher.

13.45: Die Behandlungen starten, noch immer fehlt der Patient aus Box 8. Das Telefon wird gezückt. "Der angerufene Teilnehmer antwortet nicht." Vielleicht hat die Bahn Verspätung.

14.15: Während die anderen Studierenden schon fleißig ihre Patienten versorgen, macht sich bei ihren Kommilitonen aus Box 8 Panik breit. Nach gefühlten zehn Versuchen hat der Patient endlich den Hörer abgehoben. Er käme heute nicht mehr, das Ganze sei ihm zu gefährlich. Wegen Corona. Außerdem habe er ja keine akuten Schmerzen.

14.20: Verzweifelt versuchen die Studierenden aus Box 8, einen Ersatz für ihren Patienten zu finden. Doch so spontan hat niemand Zeit.

15.00: Ein Ersatz wurde nicht gefunden. Der Behandlungstag ist verloren und kann nicht nachgeholt werden. Ob das

Kursprogramm noch zu schaffen ist? Niedergeschlagen wird Box 8 abgebaut, die Studierenden verlassen die Uniklinik. Sie hoffen, beim nächsten Mal mehr Glück zu haben.

StuPa hat eine Umfrage gestartet

Solche oder ähnliche Fälle sind in Deutschlands Zahnkliniken schon immer zu beobachten. Als Studierender freut man sich über jeden Patienten, der einem Vertrauen entgegenbringt. Doch man ist auch auf die Zuverlässigkeit und Mitarbeit dieser Person angewiesen. An vielen Unis in Deutschland herrscht außerdem ein allgemeiner Patientenmangel. Obwohl an vielen Standorten diverse Leistungen vergünstigt angeboten werden, sind zum Beispiel Patienten für Totalprothesen oder Endos oft nicht in genügender Anzahl vorhanden.

Doch wie verhält es sich während der Corona-Pandemie? Diese Frage hat sich die Arbeitsgruppe Patientenakquise des Studierendenparlaments des FVDZ gestellt und eine Umfrage gestartet.

Die patientenbasierte Lehre findet an vielen Standorten wieder statt. In den klinischen Semestern ist man froh, endlich wieder von der Praxisnähe und Vielfältigkeit dieses Studienganges zu profitieren. Doch nicht alle Unis ermöglichen die Behandlung von Patienten in Zeiten von COVID-19. Mancherorts werden immer noch Ersatzleistungen am Phantom erbracht, und an einer Hochschule in Deutschland ist aktuell nicht einmal das der Fall. Individuelle Problematiken wie die Vorgaben der Bundesländer, die räumlichen Gegebenheiten, die finanziellen Mittel der Kliniken etc. sorgen für starke Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten.

Während mancherorts die klinischen Kurse wie gewohnt unter erhöhten Hygienemaßnahmen stattfinden, wurden andernorts die Gruppen der Studierenden verkleinert und die Behandlungstage drastisch reduziert.

Neue Logistik, schärfere Hygienemaßnahmen

Wie versucht man ansonsten, den Infektionsschutz zu gewährleisten? An den meisten Universitäten wird der Patient vor der Behandlung genauestens befragt, ob er vor kurzem entsprechende Symptome hatte. Auch wird abgefragt, ob er Kontakt zu erkrankten Personen hatte. Die Studierenden müssen ebenso eine solche Erklärung abgeben. Des Weiteren wurde die Logistik an den meisten Standorten verändert. Die Auslastung der Wartezimmer wurde reduziert, zum Teil räumliche Umbauarbeiten durchgeführt, um stets den Mindestabstand einhalten zu können. Entsprechende Schutzkleidung wie FFP2-Masken, Plastikvisiere und teils Schutzkittel werden an nahezu allen Hochschulen ausgegeben.

Obwohl in größtmöglichem Maße für die Sicherheit der Patienten gesorgt wird, gibt die Hälfte der Studierenden aus 18 der an der Umfrage teilnehmenden Standorten an, dass weniger Patienten als sonst in die Uni kämen. An drei Universitäten sei das Patientenaufkommen ungefähr gleichgeblieben. Im Gegensatz dazu hört man von einer Uni, dass sogar mehr Patienten als vorher zur Behandlung kämen. Die restlichen Teilnehmenden der Umfrage können den Sachverhalt noch nicht einschätzen und werden wohl erst am Ende des Semesters merken, ob die Anzahl der Patienten ausreichend war. Trotz vielerorts verringertem Patientenaufkommen wurde das Kursprogramm nicht überall angepasst. Auch können an mehr als sieben Unis keine Ersatzleistungen am Phantom erbracht werden bei zu wenigen "echten" Behandlungen. Wie das Ganze am Ende des Semesters gehandhabt wird, bleibt abzuwarten. Immer öfter hört man von Studierenden, die Behandlungstage verlieren, weil sich die Patienten wegen Corona nicht mehr in die Kliniken trauen. Natürlich kommt es auch immer wieder dazu, dass die zu behandelnden Personen selbst Corona-Verdachtsfall sind und deshalb den Termin nicht wahrnehmen können.

Reine Online-Lehre geht nicht

Doch welche Lösungsansätze gibt es? Neben den bereits erwähnten Ersatzleistungen am Phantomkopf wird an drei Unis explizit mit den verstärkten Hygienemaßnahmen in Form von Flyern geworben. Ansonsten wird das Problem häufig aufgeschoben. Am Semesterende würde man dann schauen, wie man es handhabt. Ähnlich verhält es sich auch mit den Regelungen bei Auftreten eines Corona-Verdachtsfalles unter Studierenden oder Patienten. Es würde im Einzelfall entschieden, Quarantäne der Gruppe und der entsprechenden Kontaktpersonen stünden im Raum.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die patientenbasierte Lehre in Zeiten der Corona-Pandemie eine große Herausforderung darstellt. In diesem so praxisorientierten Studiengang kann nun einmal nicht komplett auf Online-Lehre umgestellt werden. Nur durch das aktive Behandeln lernen Zahnmedizinstudenteninnen und -studenten das Handwerk des Berufes kennen. Keinem Patienten kann ein Vorwurf gemacht werden, wenn er aus Angst vor einer Infektion oder einer bestehenden Corona-Verdachtsdiagnose einen Termin nicht wahrnehmen kann. Doch auch für die Behandlung in den Studierendenkursen gelten die "Fünf guten Gründe" des Freien Verbandes, gerade jetzt zum Zahnarzt zu gehen.