Der Zahnarzt ist zunächst „unangenehm berührt“, dann aber extrem verärgert, reagiert aber besonnen. Aus seiner schriftlichen Antwort an den Beihilfeberechtigten — zur Weiterreichung an die Beihilfe — wird unschwer erkennbar, worin der nicht hinnehmbare Übergriff der Beihilfe zu sehen ist:

Sehr geehrter Herr Beihilfeberechtigter, es ist einleitend zu korrigieren: Sie können nicht davon ausgehen, dass ein Zahnarzt nur das abrechnet, was gemäß den Beihilferegelungen prinzipiell auch von der Beihilfe anerkannt wird. Dann wäre Zahnheilkunde auf dem anerkannten Stand zum Teil nicht möglich; dann stünden die unbezahlten Leistungen in aller Regel nicht zur Verfügung. Beihilfe- und Erstattungsbestimmungen sind häufig unlogisch, den Zahnärzten in der Regel unbekannt und müssen auch von Ihnen nicht beachtet werden, denn sie regeln Beihilfezahlung, nicht Rechnungsbegleichung.

Der Zahnarzt muss sich nach dem Zahnheilkundegesetz, der Berufsordnung und nach der Gebührenordnung für Zahnärzte richten, zusätzlich noch einschlägige Gesetze des BGB beachten. Gemäß § 630c BGB sind seit wenigen Jahren allgemeine Hinweise auf mögliche Nichterstattung nötig. Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten darüber informieren.

Die Handhabung der Erstattung durch die verschiedenen Beihilfestellen ist jedoch völlig unterschiedlich und für Außenstehende undurchschaubar. Das gilt auch für die Erstattung von DVT-Röntgenaufnahmen (Ä5370 digitale Volumentomographie). Deren Berechnung bedarf keineswegs — wie die Beihilfe schreibt — einer besonderen Rechnungsbegründung des behandelnden Zahnarztes. Sie muss allerdings medizinisch indiziert sein, wie aber bereits im Rechnungskopf links oben unter „DVT: rechtfertigende Indikation gemäß s2k-Leitlinie der AWMF (...)“ unübersehbar und ohne dahingehende Verpflichtung bereits ausgewiesen.

Die Beihilfekasse will zur Festsetzung der Beihilfe eine „Überprüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen“ durch eine amts- beziehungsweise vertrauenszahnärztliche Begutachtung durchführen. Sie fordert zu diesem Zweck von Ihnen als Antragsteller eine Einverständniserklärung und die Übermittlung von folgenden Unterlagen

  • den Sachkundenachweis DVT des Herrn Dr. ... (Behandler)

  • den Befundbericht zur vollständigen Durchmusterung der DVT

Diese Unterlagen sind zur Überprüfung der Notwendigkeit beziehungsweise Indikationsstellung einer DVT-Röntgenaufnahme mit Sicherheit nicht erforderlich. Die Beihilfestelle mag konkret darlegen, wozu diese Unterlagen tatsächlich benötigt werden. Die Vorlageforderung eines Befähigungsnachweises übersteigt die Befugnis einer Beihilfestelle, auch eines Amtszahnarztes eindeutig: Diese Anforderung dient offenkundig Kontrollzwecken der zahnärztlichen Berufsausübung, zu denen eine Erstattungsstelle nicht befugt und auch gar nicht befähigt ist. Derartige — jedoch begründete — Anforderungen kann nur die Zahnärztekammer in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (K.d.ö.R.) im Rahmen ihrer Aufsichtspflichten tätigen.

DARAUS FOLGT: DIE ANGEFORDERTEN KONTROLLUNTERLAGEN WERDEN NICHT ÜBERMITTELT.

Der Behandler wird dieses übergriffige Ansinnen der Beihilfe seiner Zahnärztekammer übermitteln zwecks Überprüfung möglicher rechtlicher Schritte. Überaus bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der ablehnende Beihilfebescheid auch zur nötigen Nr. Ä5377 „Zuschlag für computergesteuerte Analyse inkl. 3D-Rekonstruktion“.

Diese blamable Ablehnung verrät fehlende Fachkunde der Beihilfe: Ohne die 3D-Rekonstruktion des dreidimensionalen Datenvolumens der DVT kann eine „Volumentomografie“, die ist kein zweidimensionales Flachbild zum Beispiel auf Papier, nicht betrachtet und ausgewertet werden: Digitale Daten sind ohne Umwandlung in Bildpunkte gemäß Ä5377 völlig unsichtbar.

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Dr. Peter H. G. Esser