figure 1

Leserbrief „Nichts für schlechte Nerven“, DFZ 05/2018-- Mit Verwunderung habe ich den Artikel „Nichts für schlechte Nerven“ von Ruth Auschra in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift DFZ gelesen. Abgesehen von der Frage, ob wirklich auf drei Seiten in einer zahnärztlichen Zeitschrift über die Freizeitgestaltung eines Kollegen berichtet werden muss, ärgert mich die einseitige und unkritische Darstellung des Extrembergsteigens. Über die Gefährlichkeit der Situationen, in die sich Dr. Hundeshagen und andere Extrembergsteiger beim Besteigen der höchsten Gipfel freiwillig begeben, wird in Nebensätzen („[...] mit viel Glück wieder einmal überlebt.“, „Er sieht Leichen [...]“) und im Stil eines Abenteuerromans berichtet. Die „Notfalleinsätze“, über die Dr. Hundeshagen „angenehm unaufgeregt plaudert“, werden zu amüsanten Anekdoten und die „mit ungewohnt alten Instrumenten“ ausgestattete Praxis eines tibetischen Zahnarztes zur Kulisse für die Fähigkeiten des Protagonisten.

Was sagt es über unsere westliche Einstellung gegenüber anderen Völkern, wenn wir in ihre Länder reisen, um dort widrige Umstände zu erleben, anhand derer wir uns im sicheren Zuhause profilieren? Ist das respektvoll? Oder handelt es sich dabei eher um eine Art „Kolonialismus 2.0“? Was sind wir für Menschen, wenn uns unser Hobby und unsere persönliche Entwicklung wichtiger sind als das Wohlergehen unserer Mitmenschen und das der Natur?

Denn wer als Amateurbergsteiger unbedingt auf die höchsten Gipfel will, verlässt sich auf Sherpas und Bergführer, die ihren gefährlichen Beruf oftmals mit dem Leben bezahlen, hinterlässt seinen Müll in einzigartigen Ökosystemen und gefährdet sein Leben und das seiner Begleiter. Dass das äußerst fragwürdig ist, sollte sich jeder halbwegs selbstkritische und reflektierte Mensch klarmachen können. Wem das dennoch schwerfällt, lege ich das Buch „In eisige Höhen“ von Jon Krakauer ans Herz. Zumindest aber sollte man im Nachgang aus privilegierten Touristen keine furchtlosen Abenteurer machen.