Leserbrief „Ein Stiefkind wird erwachsen“, DFZ 03/2018-- Mit äußerstem Befremden habe ich den Artikel „Ein Stiefkind wird erwachsen“ (DFZ 3/2018) zur Kenntnis nehmen müssen. Dieses sogenannte Stiefkind wurde erst nach der Wende im geeinten Deutschland zum Stiefkind.

Ich habe in der DDR Zahnmedizin in Leipzig studiert und anschließend eine Facharztausbildung der Fachrichtung „Kinderstomatologie“ absolviert. Generell war es in der DDR Usus, dass auch Zahnmediziner eine Facharztausbildung durchlaufen mussten (Kieferorthopäden, Kieferchirurgen, Allgemeine Stomatologen und Kinderstomatologen).

Diese Ausbildung zum Kinderstomatologen dauerte in der Regel vier bis fünf Jahre (nicht, wie im Artikel genannt, drei Jahre) und umfasste folgende spezielle Ausbildungszeiten:

  • 6 Monate Kieferorthopädie

  • 2 Monate Anästhesie in einem Klinikum

  • 8 Monate in der allgemeinen Stomatologie

  • 32 Monate in einer Kinder- und Jugendzahnklinik

Nach erfolgreichem Abschluss dieser „Vorbedingungen“ stand eine mehrstündige Facharztprüfung. Damit waren die optimalen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung und Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschaffen — einzig und allein fehlten uns damals die Materialien von heute. Gleichzeitig umfasste die Tätigkeit die regelmäßigen Besuche von Kinderkrippen und -gärten sowie Schulkinder der ersten bis sechsten Klasse.

„GRUNDSTEIN FÜR OPTIMALE BEHANDLUNG“

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© links: Kzenon / Fotolia

Nach der Wende hätten wir uns als reine Kinderstomatologen jedoch niemals niederlassen können, da weder Kassen noch Verbände diese Leistungen (übrigens bis heute!) nicht in einer speziellen Honorarordnung mit festgehalten hatten und haben.

Nach 28 Jahren deutscher Einheit freue ich mich, dass endlich die kleinen Patienten wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gestellt werden. Aber den Stein der Weisen hat man nicht jetzt gefunden. Vielmehr wurde 1989/90 ignoriert, dass es eine gut ausgeprägte, funktionierende Infrastruktur innerhalb der medizinischen Versorgung gab. Das war damals offensichtlich nicht gewollt.

Allen Fachkollegen, die sich mit den kleinen Patienten befassen, wünsche ich alles Gute, vielleicht kommt es ja zu einem echten Erfahrungsaustausch auf diesem Fachgebiet durch diesen Artikel. Eine zusätzliche Facharztausbildung auf diesen Spezialgebieten wäre auch heute angeraten, um einen gewissen Tunnelblick gar nicht erst aufkommen zu lassen.