Dieses Gleichgewicht kippt, je mehr Kohlenhydrate mit der Nahrung aufgenommen werden, was wegen der Säureproduktion zu einem Mineralisationsverlust und einer Erweichung der Zahnhartsubstanz führt. Diese Hypothese wird als ökologische Plaque-Hypothese bezeichnet, die die klassische Therapie der mechanischen Entfernung kontaminierter Zahnhartsubstanz in Frage stellt. Zudem konnten einige Studien zeigen, dass die Bakterien mechanisch niemals vollständig entfernt werden können und die konventionelle Therapie eher als symptomatische Therapie denn als ursächliche Therapie verstanden werden sollte. Daher versuchen neuere Therapieansätze, die Karies zu kontrollieren und eine invasive Therapie zu vermeiden.

Neuere Methoden bedienen sich daher der Kohlenhydratdiät, der chemischen Elimination des Biofilms, Mineralisationsstrategien oder mikroinvasiver Techniken zur Entfernung weniger Mikrometer der Zahnhartsubstanz. In Abhängigkeit des Läsionstyps ist folgendes Therapievorgehen denkbar:

  • Oberflächliche oder moderate Läsionen: selektive Entfernung des weichen Dentins bis auf eine feste, wieder mineralisationsfähige Zahnhartsubstanz.

  • Tiefe Läsionen: selektive Entfernung des weichen Dentins bis in Pulpanähe und Versiegelung durch restaurative Maßnahmen. Dabei ist auf die hermetische Versiegelung durch Schaffung ausreichender Bondingflächen zu achten.

  • Die schrittweise Entfernung der kariösen Läsion kommt für pulpanahe Läsionen in Frage: Zunächst wird weiches Dentin pulpanah belassen und versiegelt. Nach sechs bis zwölf Monaten wird in einer zweiten Sitzung mit der Hoffnung auf Remineralisation das verbliebene weiche Dentin entfernt. Diese Technik wird nicht für Milchzähne empfohlen.

  • Alternativ können die Läsionen mit niedrig viskösem Kunststoff infiltriert und versiegelt oder aber bei Milchzähnen zur Versiegelung mit einer Stahlkrone versehen werden. Die klinische Praxis hat aber auch gezeigt, dass eine simple Versiegelung einer kariösen Läsion ohne deren vollständigen Entfernung zu Zahnfrakturen führen kann oder im Fall einer Undichtigkeit zur Progression der Läsion. Daher ist bei dieser Methode eine regelmäßige Kontrolle der Läsion notwendig.

Die Therapie hängt somit von der Tiefe der kariösen Läsion und dem Zahntyp ab. Zusammenfassend ist die Entfernung der kariösen Läsion gemäß Konsensus-Konferenz nur soweit sinnvoll, bis einer Restauration genügend mechanischer Halt und eine ausreichende Versiegelungsdichtigkeit gegeben sind. Die vollständige Entfernung von kariösem Dentin wird nur noch für oberflächliche Läsionen empfohlen.

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Prof. Dr. Dr. Felix P. Koch

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