Die Landesversammlung in Ispringen zeigte dieses Spannungsfeld in einzigartiger Weise auf. Zwei Referenten und Themenkreise bürgten ebenso wie der FVDZ-Landesvorsitzende Dr. Joachim Härer für eine höchst interessante Versammlung. Der Medizinrechtler Prof. Dr. jur. Thomas Ratajczak und Thomas Hochstein, Erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft in Stuttgart, fesselten mit ihrem Vortrag „Und führe mich nicht in Versuchung – Korruption im Gesundheitswesen“ das Auditorium. Der Blickwinkel, das Wissen, die Erfahrung und das Hintergrundwissen der Juristen, Fallbeispiele und die Kompetenzen der Ermittlungsbehörde waren einfach frappierend.

Eintreten für den Freien Beruf

Zuvor hatten Jochen Haußmann MdL, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, und Dr. Gudrun Kaps-Richter, stellvertretende FVDZ- Bundesvorsitzende, die Landesversammlung mit ihren Redebeiträgen bereichert. Sowohl Haußmann als auch Kaps-Richter betonten, wie wichtig es ist, immer wieder für den Freien Beruf des Zahnarztes in Gesellschaft und Politik einzutreten. Haußmann freut sich darüber hinaus auf den weiteren Dialog mit der Zahnärzteschaft. Kaps-Richter wies darauf hin, dass der Freie Beruf zwar unter dem Schutz des Grundgesetzes stehe, angesichts der Bestrebungen des Europäischen Parlaments aber unter Druck gerate. Denn in Europa stünden die Gebührenordnungen auf dem Prüfstand. Auch die Frage der Verkammerung werde zurzeit in Europa kontrovers diskutiert. Darüber hinaus sprach sie das Thema Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) an: „Die Frage ist, ob das MVZ für die Selbstorganisation der Zahnärzteschaft das geeignete Instrumentarium ist“. MVZ führten zu Wettbewerbsverzerrungen, insbesondere in Ballungszentren. Es müsse Chancengleichheit zwischen klassischen Niederlassungsformen und MVZ geben.

Härer kritisiert Antikorruptionsgesetz

Der FVDZ-Landesverbandsvorsitzende Härer ließ das vergangene Jahr Revue passieren und insbesondere die Wahl des neuen FVDZ-Bundesvorsitzenden aus Schleswig-Holstein, Harald Schrader, der sich im Oktober 2015 gegen Dr. Michael Betz, (Karlsruhe) durchsetzen konnte. Mit Kollegin Kaps-Richter aus Heilbronn, ist Baden-Württemberg weiter im geschäftsführenden Vorstand vertreten.

Zum Antikorruptionsgesetz merkte Härer deutlich an: „Das Antikorruptionsgesetz ist überflüssig. Die Heilberufe werden diskriminiert, und es besteht weiterhin ein Generalverdacht gegen alle freiberuflich arbeitenden Ärzte und Zahnärzte“. Der FVDZ als Interessenvertretung freiberuflich und selbstständig arbeitender Zahnärzte ist davon überzeugt, dass jeder zahnärztliche Kollege das Berufsrecht kenne, das klare und ausreichende rechtliche Regelungen enthalte. „Der FVDZ vertritt nach wie vor die Ansicht, dass es darüber hinaus keinen weiteren gesetzlichen Regelungsbedarf gibt.“ Ebenso wie Kaps-Richter bezeichnete Härer das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung, welches die Gründung arztgruppengleicher, also auch rein zahnärztlicher MVZ erlaubt als Ärgernis. Entschieden ist Dr. Härer ebenso wie die KZBV und die BZÄK in der Ablehnung des sogenannten GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes, dessen Eckpunkte im Mai veröffentlicht worden waren. „Die Mittel der staatlichen Aufsicht werden drastisch verschärft.“ Die Autonomie der Selbstverwaltung müsse erhalten und gestärkt werden. „Ich möchte keine Kassen- oder Staatsmedizin, sondern eine starke Selbstverwaltung“, betonte Härer.

Zukunftsweg einschlagen

Ein Thema, das beim FVDZ seit vielen Jahren auf der Agenda steht, wird auch vom FVDZ-Landesvorsitzenden weiter verfolgt: Zur Zahnheilkunde gehöre die Implementierung eines Zukunftswegs Zahnheilkunde in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kostenstruktur in der Zahnmedizin sei völlig anders als in anderen medizinischen Bereichen, in denen umso höhere Kosten anfielen je älter die Patienten werden. In dem berufspolitischen Manifest des Landesverbandes Baden-Württemberg, der „Plattform“, wird im Kapitel „Weiterentwicklung des Gesundheitswesens – GKV-System in Deutschland“ auch auf dieses seit vielen Jahren vom FVDZ verfolgte Konzept ausführlich eingegangen. Die Plattform wurde in leicht geänderter Form von den Delegierten der Landesversammlung einstimmig verabschiedet.

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Starkes Plädoyer für Freiberuflichkeit in Baden-Württemberg: FVDZ-Landesvorsitzender Dr. Joachim Härer

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