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Der überraschende Stopp der Verhandlungen über eine neue private Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sorgt für reichlich Kopfschütteln. Wie konnte das passieren? Und wie geht es jetzt weiter? Der Vizepräsident der Ärztekammer Berlin, Dr. Elmar Wille, blickt in einem Interview mit DFZ-Redakteurin Melanie Fügner zurück — und nach vorne.
DFZ: Herr Dr. Wille, der Vorstand der Bundesärztekammer hat die Vorlage zur neuen GOÄ überraschend gestoppt. Wie geht es jetzt weiter?
Wille: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) könnte, wenn es wollte, trotzdem eine neue GOÄ auf den Weg bringen. Aber es gibt keine von den Ärzten konsentierte Vorlage. Und die Festlegung der einzelnen Leistungspositionen kann doch keine Abteilung im BMG leisten. Da muss Vor- und Zuarbeit aus den Fachgruppen kommen. Also fängt man jetzt praktisch bei Null an. Zumal die bisherige Vorlage keineswegs so weit war, wie lange suggeriert wurde. Ziel war es ja, das Leistungsverzeichnis zu modernisieren, indem veraltete Leistungen beseitigt und neue aufgenommen werden. Die Bewertungen der Leistungen sollen zeitgemäß und betriebswirtschaftlich fundiert sein. Außerdem sollte natürlich der Inflationsausgleich einer über viele Jahre nicht angepassten GOÄ berücksichtigt werden.
DFZ: Vor allem BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery hatte die Vorlage zunächst ordentlich angepriesen. Warum ist sein Präsidium ihm denn Mitte März in den Rücken gefallen?
Wille: Der Druck wurde zu groß. Da einzelne Gebührenpositionen in der Vorlage so offensichtlich disparat sind, musste das Präsidium die Notbremse ziehen und hat einstimmig dagegen gestimmt. Die übrigen Kammerpräsidenten haben offenbar jetzt erst erkannt, dass sie etwas für gut befunden hatten, was nicht gut ist. Der BÄK-Vorstand hält es beispielsweise auch für inakzeptabel, dass Montgomery den allgemeinen Paragrafenteil nicht anfassen will. Diese Änderungen sehen die Schaffung einer gemeinsamen Kommission (GeKo) vor. Das halten wir für hochproblematisch.
DFZ: Hat der BÄK-Vorstand die Vorlage erst so spät zu Gesicht bekommen? Oder warum sind die Präsidenten so überrascht von den Inhalten?
Wille: Das ist sicherlich in erster Linie der unnötigen und kontraproduktiven Geheimhaltung im Vorfeld geschuldet. Der BÄK-Vorstand hat das konkrete Verhandlungsergebnis erst sehr spät zu Gesicht bekommen. Und die Fachverbände wurden gar nicht involviert. Beim außerordentlichen Ärztetag Ende Januar, auf dem über die geplante GOÄ-Novelle diskutiert wurde, hatten die Delegierten noch den Verhandlungsführern vertraut und mehrheitlich für ein „Weiter so“ gestimmt. Das ist auch nicht verwunderlich. Schließlich haben zwei Drittel der Ärzte in Deutschland mit Abrechnungen nichts zu tun, weil sie angestellt arbeiten, und interessieren sich nicht vorrangig für die GOÄ.
Auch die Kammerpräsidenten haben auf das Geschick der Verhandlungsführung gesetzt. Aber BÄK-Verhandlungsführer Dr. Theodor Windhorst hat einfach schlecht verhandelt. Und das ist jetzt allen klar geworden. Windhorsts Rücktritt war eine logische Konsequenz.
DFZ: Sogar Herr Montgomery ist umgekippt und hat jüngst kritisiert, dass die GOÄ-Vorlage „einseitig“ sei und auf „vom PKV-Verband beauftragten Berechnungen“ beruhe. Ist das die verzweifelte Suche nach einem Schuldigen?
Wille: Auf jeden Fall. Dieses Herumgeeiere um den gesamten Verhandlungsablauf, die Intransparenz bei den Verhandlungsergebnissen und nun die Aussage, dass die PKV die Vorlage noch in letzter Minute verändert habe — da wird doch alles versucht, einen Schuldigen zu finden.
DFZ: Und was nun?
Wille: Die GOÄ ist völlig veraltet und muss novelliert werden. Das ist klar. Aber die bisherige Verhandlungsführung müsste geschlossen zurücktreten, damit ein neues Team von vorne loslegen kann. Die Kammern müssen ordentliche Vorarbeit leisten und ein Leistungsverzeichnis erarbeiten, das dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht. Davon ist die bisherige Vorlage weit entfernt.
DFZ: Das hört sich so an, als ob die Luft an der BÄK-Spitze sehr dünn geworden ist. Sind auf dem nächsten Ärztetag Ende Mai in Hamburg personelle Konsequenzen zu erwarten?
Wille: Ich denke schon. Es gibt einige, die sagen, dass es in Hamburg einen Antrag zur Abwahl des BÄK-Präsidenten geben wird. Montgomery persönlich hatte die GOÄ einst zur Chefsache erklärt. Und deshalb muss er für dieses Debakel jetzt auch die Verantwortung übernehmen.
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Springer-Verlag Berlin Heidelberg. „BÄK-Präsident Montgomery muss die Verantwortung übernehmen“. DFZ 60, 31 (2016). https://doi.org/10.1007/s12614-016-6222-1
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