Ein bisschen krank sein und trotzdem arbeiten – das soll nach einem Vorschlag des Sachverständigenrates Gesundheit bald Realität werden. Der konkrete Vorschlag der Experten: Es sollen Teilarbeitsunfähigkeit und Teilkrankengeld eingeführt werden. Laut Gutachten, das im Dezember veröffentlicht wurde, dürfe der Arzt im Krankheitsfall, im Einvernehmen mit dem Patienten, eine teilweise Einsatzfähigkeit bescheinigen. Entsprechend der prozentualen Arbeitsunfähigkeit sollte das Krankengeld in 25-50-75-100-Prozent-Schritten ausgezahlt werden.

Die Gesundheitsweisen begründen die Idee damit, dass das restliche Leistungsvermögen des Arbeitnehmers genutzt werden könne. Die Pläne lösten bei Ärzteschaft, Psychotherapeuten und Öffentlichkeit geteilte Reaktionen aus. Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, erklärte gegenüber der „Ärzte Zeitung“, dass die Umsetzung in der Praxis zusätzliche Last für Ärzte sei. Sie müssten mit dem Patienten über den Prozentsatz des Restleistungsvermögens diskutieren. Im Gegensatz dazu hält die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung eine Teilkrankschreibung gerade bei psychischen Erkrankungen für sinnvoll. In einer Online-Umfrage unter den Lesern der „Ärzte Zeitung“ sprachen sich zwei Drittel der Teilnehmer gegen Teilarbeitsfähigkeit und Teilkrankengeld aus. Das klare Urteil der Mehrheit der 520 Umfrageteilnehmer: „Wer krank geschrieben wird, ist arbeitsunfähig.“

Das Bundesgesundheitsministerium hatte das Gutachten im vergangenen Jahr beim Sachverständigenrat in Auftrag gegeben. Hintergrund: Zwischen 2006 und 2014 haben sich die Krankengeld-Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen fast verdoppelt. Während die Kassen 2006 noch 5,7 Milliarden Euro Krankengeld zahlten, waren es im vergangenen Jahr bereits 10,6 Milliarden Euro.

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