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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Gesundheitsversorgung der rund eine Million Flüchtlinge, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen sind, ist eine große Herausforderung – auch in der Zahnmedizin. Alleine schon die Sprachbarriere bei der Kommunikation mit dem Patienten, bei der Anamneseerhebung oder bei der nach Patientenrechtegesetz geforderten Patientenaufklärung erschwert oft die Behandlung. Hier bietet ein Übersetzungsservice per Telefonhotline des FVDZ gute Hilfe, ebenso wie mehrsprachige Anamnesebögen zum Download oder die Piktogramme der Bundeszahnärztekammer. Überall im Land helfen Zahnärzte den ankommenden Flüchtlingen, häufig ehrenamtlich. In Berlin etwa erfolgt ein Screening durch Freiwillige in den Erstaufnahmelagern. Andernorts gibt es Praxen, die die Versorgung der Patienten freiwillig und manchmal sogar unentgeltlich übernehmen.

Der Freie Verband wird hier Unterstützung über die Landesverbände und Bezirksgruppen anbieten – zum Beispiel bei der Organisation von weiteren Praxen, die sich freiwillig oder wegen besonderer Sprachkenntnisse an der zahnärztlichen Versorgung vor Ort beteiligen wollen. Die große Zahl der Flüchtlinge erfordert oft schnelle und unbürokratische Hilfe, die von der freiberuflich tätigen Zahnärzteschaft im Sinne des Gemeinwohls auch erbracht wird. Das ist ohne Frage ein guter Beweis des Wertes eines freiberuflichen Systems für unsere Gesellschaft.

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Dr. Gudrun Kaps-Richter

Kostenübernahme muss sicher sein

Grundsätzlich gilt für die zahnmedizinische Versorgung der Asylbewerber während der ersten 15 Monate ihres Aufenthalts das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG). Ein Leistungsanspruch gem. § 4 AsylblG besteht danach nur im Fall von akuten Erkrankungen oder Schmerzzuständen. Die fachliche Therapieentscheidung muss hier alleine beim behandelnden Zahnarzt liegen. Die Kostenübernahme von Akut- oder Schmerzbehandlungen muss auch „akut“ gesichert sein, eine weitergehende Therapie kann durch einen entsprechenden Genehmigungsantrag geklärt werden. Regional vereinbarte Leistungskataloge können hilfreich sein. Der Leistungsanspruch des Asylsuchenden besteht gegenüber den zuständigen Leistungsträgern, der behandelnde Zahnarzt dagegen reicht die Abrechnung für die erbrachten Leistungen bei seiner KZV mit der Quartalsabrechnung ein, die dann wiederum die Kosten bei den zuständigen Stellen (meist Sozialämtern) geltend macht.

Der Staat ist in der Pflicht

Die Leistungen gem. § 4 AsylblG müssen budgetfrei gestellt sein und bleiben. Häufig hat die zahnmedizinische Versorgung der Asylsuchenden in deren Herkunftsländern andere Standards als in Deutschland. Hier wird sich wegen der hohen Flüchtlingszahlen und einer derzeitigen Anerkennungsquote von zirka 45 Prozent der Asylanträge ein hoher Behandlungsbedarf mit entsprechend hohen Behandlungskosten ergeben. Weil die meisten Asylbewerber nach Anerkennung ihres Antrages eine elektronische Gesundheitskarte der gesetzlichen Krankenkassen erhalten, muss sozialpolitisch gefordert werden, dass dieser Mehraufwand bei der Integration der Asylsuchenden in unsere Gesellschaft nicht ausschließlich nur zu Lasten der GKV-Versicherten geht. Die Finanzierung dieser gesamtstaatlichen Aufgabe muss über den Staat und nicht über die Sozialversicherungen erfolgen. In keinem Fall darf dieser Mehrversorgungsaufwand unter die bestehenden zahnärztlichen Budgets fallen. Hier sind auch die KZVen in den Vertragsverhandlungen gefordert.

„Wir schaffen das!“, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt. Dieses „Wir“ sind alle Bürger. Darum ist der Staat mit einer steuerbasierten Regelung in der Pflicht und eben nicht alleine die Sozialversicherungssysteme, und schon gar nicht eine Zahnärzteschaft unter Budgetzwängen.

Ihre

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Dr. Gudrun Kaps-Richter