Das erste Heft der Soziale Passagen Journal für Empirie und Theorie der Sozialen Arbeit fand eine erfreulich positive Resonanz. Das breite, zwar sozialpädagogisch fundierte, aber interdisziplinäre Profil der Zeitschrift findet freundliche, anerkennende Zustimmung – dies erfreut und bestärkt uns.

Die HerausgeberInnen und auch die Mitglieder des Beirates sind sich bewusst, dass die im ersten Heft kühn formulierten Ziele nicht ohne weiteres und leicht von Beginn an und wahrscheinlich auch nicht in jeder Ausgabe umfassend realisiert werden können. Kleinere Fehler, wie in der ersten Ausgabe, werden sich immer wieder einschleichen und nicht jeder Beitrag wird die mit der Zeitschrift verbundenen Intentionen punktgenau abbilden. Das Anliegen, mit den Soziale Passagen Journal für Empirie und Theorie der Sozialen Arbeit ein interdisziplinär angelegtes, sozialpädagogisches Publikationsprojekt bereit zu stellen, wird darüber jedoch nicht in Frage gestellt. Empirisch abgesichert und theoretisch fundiert die Soziale Arbeit wissenschaftlich weiter zu konturieren, diesem Anliegen versucht die Zeitschrift zu entsprechen und: Die praktische Soziale Arbeit sieht sich gegenwärtig mit der Bewältigung enormer Um-, insbesondere in Bezug auf die Organisations- und Personalstrukturen, und Aufbrüche, beispielsweise im Feld der Pädagogik der Kindheit, konfrontiert. Unter kritischer Würdigung der Praxis Sozialer Arbeit wird es auch Aufgabe dieser Zeitschrift sein, dafür Beiträge zu präsentieren.

Die HerausgeberInnen hoffen, den selbstgesteckten Ansprüchen auch mit diesem zweiten Heft zu entsprechen. In der Rubrik Im Blickpunkt setzen sich die Beiträge von Emil Swoboda & Giovanni Saavedra, Stephan Lessenich, Hans Oswald und Bärbel Frischmann aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit Fragen der Anerkennung auseinander – siehe hierzu auch den einleitenden Aufriss von Holger Schoneville & Werner Thole zu Beginn des Schwerpunktes. Damit wird an die Beiträge der ersten Ausgabe (Heft 1/2009) angeschlossen. Fragen der Prekarisierung, sozialen, ökonomischen und kulturellen Ausgrenzung, der Desintegration und der Abschottung, wie sie im ersten Heft diskutiert werden, sind eng verbunden mit Fragen der Zugehörigkeit, der Integration, der Wertschätzung und damit auch der Anerkennung. Anerkennung kann aus dieser Theorieperspektive als das Medium identifiziert werden, das gesellschaftliche Zugehörigkeit herzustellen und zu etablieren vermag.

Im Forum plädiert Thomas Rauschenbach auf der Basis einer impliziten Auseinandersetzung mit vorliegenden theoretischen Fassungen von Sozialer Arbeit und unter expliziten Hinweis auf die jüngere Bildungsdiskussion für die professionelle und disziplinäre Justierung der Sozialen Arbeit über Bildung. Davor warnend, alles, auch die allgemeinen Formen des Aufwachsens, unter Bildung zu subsumieren, sieht er doch im Kern die Soziale Arbeit als Teil einer wie auch immer ausbuchstabierten Bildungswissenschaft und die sozialpädagogischen, empirischen Sondierungen durchaus auch als Element der empirischen Bildungsforschung. Die damit verbundenen Ambivalenzen und Nebenwirkungen“, so ist dem Beitrag zu entnehmen, sind zu beachten und zu diskutieren. Hans-Georg Flickinger unterbreitet im Anschluss daran seine – im Kern sympathische, aber doch recht provokative – Idee der Verhältnisbestimmung von Sozialer Arbeit und Bildung. Aus einer bildungsphilosophischen Beobachterperspektive und unter Rückgriff auf den klassischen Bildungsbegriff als Modus der Selbst- und Weltaufklärung sieht er die Soziale Arbeit als das Feld, die klassische Bildungsidee umzusetzen. Motiviert fühlt er sich zu dieser bildungstheoretischen Ortsbestimmung auch durch die wahrgenommenen gesellschaftlichen Veränderungen, insbesondere durch die technologische Reduzierung von Bildung in den Systemen der formalisierten Bildung.

Ilse Arlt wird in der Rubrik Nachgefragt/Wiederentdeckt als eine fast vergessene, aber immer noch aktuelle, über praktische Fragen inspirierte Theoretikerin der Sozialen Arbeit vorgestellt. In der Einleitung zu dem abgedruckten Textauszug aus I. Arlts Buch „Wege zu einer Fürsorgewissenschaft“ skizziert Martin Hunold Ilse Arlt als eine sozialpädagogische Theoretikerin, die basierend auf ihren Forschungen eine Theorie der Sozialen Arbeit zu entwickeln suchte. Der Hinweis auf I. Arlt knüpft ebenfalls unmittelbar an die Beiträge des Blickpunktes im ersten Heft an: Ihre Reflexionen setzen bei einem erweiterten, sehr breit formulierten Armutsbegriff an und zielen darauf ab, denjenigen, die Prozessen der Desintegration, Ausgrenzung und Missachtung unterliegen, Möglichkeiten der Wiederherstellung von Bedürfnisbefriedigung und Handlungskompetenz über die Soziale Arbeit zu eröffnen.

Der Europäische Qualitätsrahmen findet im Kontext der Diskussionen und der Implementierung von neuen Studienprogrammen und berufsbezogenen Ausbildungen in der Sozialen Arbeit bislang nur am Rande Beachtung. Karin Böllert referiert in der Rubrik Praxis Hochschule den aktuellen Stand der Arbeiten an einem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR). Über diese Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) soll gewährleistet werden, dass jedes formale Qualifikationsniveau auf unterschiedlichen Bildungs- und Karrierewegen erreichbar wird. Damit sollen Brücken zwischen den formalen, nicht formalen und informellen Bildungsfeldern errichtet werden. Aus Sicht der Hochschulen ist die Gefahr einer Absenkung der hochschulischen Bildungszertifikate sowie der erweiterte Hochschulzugang ohne formale Hochschulreife oder Abitur allerdings kritisch zu sehen – zumindest, so die Autorin, in jedem Fall diskussionswürdig.

Die Berichte und Reflexionen über neue und laufende Forschungsnotizen im ersten Heft fanden lobende Aufmerksamkeit. In den Forschungsnotizen dieser Ausgabe werden wiederum drei Projekte vorgestellt. Pascal Bastian, Gregor Hensen, Virginia Lenzmann, Anne Lohmann, Holger Ziegler & Wolfgang Böttcher skizzieren ein Evaluationsforschungsprojekt zu den Wirkungen und Mechanismen Früher Hilfen. Im Zuge der vermehrten öffentlichen Aufmerksamkeit für Fragen der Kindeswohlgefährdung und des Kinderschutzes kommt diesem Projekt eine besondere Bedeutung zu. In dem Beitrag stellen sie das experimentelle Design des Projektes vor und begründen, warum entsprechende Forschungen immer so anzulegen sind, dass auch Aussagen über die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen möglich werden. Im gleichen Kontext verortet sich auch das von Claudia Buschhorn vorgestellte Forschungsprojekt, in dem es um die wirkungsorientierte Programmevaluation des Projektes „Guter Start ins Leben“ geht. In dem Evaluationsprojekt wird danach gefragt, welche sozialpädagogischen Interventionen für welche AdressatInnen unter welchen Bedingungen welche Wirkung zeigen können. Holger Schoneville stellt sein Promotionsprojekt „Die Tafeln“ vor. Mit ihrer enormen quantitativen Ausbreitung – für 2009 wird von über 800 Tafeln in Deutschland ausgegangen – und einer hohen öffentlichen Akzeptanz stellen die Lebensmittelausgaben „Die Tafeln“ inzwischen Angebote dar, die neben den wohlfahrtsstaatlichen Sicherungssystemen die Gewährleistung einer elementaren menschlichen Grundversorgung absichern. Das vorgestellte Promotionsprojekt betrachtet mit einem qualitativ-rekonstruktiven Untersuchungsdesign das Phänomen der Lebensmittelausgaben und fragt aus unterschiedlichen Perspektiven nach der Bedeutung der Institution, insbesondere auch danach, welche Relevanz „Die Tafeln“ aus der subjektiven NutzerInnenperspektive haben.

HerausgeberInnen und Beirat laden ein, Beiträge zum Abdruck einzureichen. Auch durch diese Form der aktiven Teilnahme kann sich das Interesse an der Profilierung und Entwicklung der Zeitschrift dokumentieren. Und wir hoffen und wünschen uns zahlreiche, vielleicht ja auch kritische, kollegiale Rückmeldungen. Zunächst jedoch wünschen wir über die Lektüre dieser Ausgabe der Zeitschrift Soziale Passagen Journal für Empirie und Theorie der Sozialen Arbeit Erkenntnisgewinn und vielleicht ja auch Lust beim Lesen.

Werner Thole, Karin Bock, Karin Böllert, Holger Ziegler