Lehrjahre am Hindukusch: Kontinuität und Zäsuren russischer Geostrategie

Zusammenfassung

Am 27. Dezember 1979 liquidierten in Kabul sowjetische Sondereinheiten Hafizullah Amin, den Staats- und Parteichef Afghanistans. Der gleichzeitige Einmarsch regulärer Truppen sollte die Herrschaft seines Nachfolgers Babrak Karmal sichern. Stattdessen aber wurde Afghanistan zur „blutenden Wunde“, die maßgeblich zur Schwächung und zum Zerfall des Sowjetsystems beitrug. Der zweite Teil einer Artikelserie zur russischen Geostrategie analysiert das politisch-militärische Scheitern Moskaus im letzten Jahrzehnt der Sowjetunion und seine Konsequenzen. Die auf diesen Erfahrungen beruhende Rückbesinnung der heutigen russischen Staatsführung auf Konzeptionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts reicht in ihren Wirkungen weit über den Hindukusch hinaus. Ihre mit Afghanistan verbundenen konzeptionellen Grundlagen werden in einem abschließenden Beitrag beschrieben.

Abstract

On December 27, 1979, Soviet special forces killed Hafizullah Amin, the political leader of Afghanistan. At the same time regular Soviet forces invaded the country to support and stabilize the regime of Amin’s successor, Babrak Karmal. But Afghanistan became a “bleeding wound” which weakened the Soviet Union, contributed to its fall and to the dissolution of the Soviet empire in 1991. The second in a series of articles on Russia’s geostrategy describes Moscow’s failure and its consequences. A final article will discuss political ideas from the late 19th and early 20th century related to Afghanistan. They provide a conceptual framework for Russia’s current security policy and became an essential part of Moscow’s geostrategy.