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Transparenzdefizite beim kurz- und langfristigen Engpassmanagement der Übertragungsnetzbetreiber

Transparancy deficits in the short and long term congestion management of transmission system operators

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Zusammenfassung

Im Zuge der Energiewende und der Liberalisierung der Elektrizitätswirtschaft sind die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zur Gewährleistung der Netz- und Systemsicherheit mit immer umfassenderen Kompetenzen und Befugnissen ausgestattet worden. Diese sind geeignet, den Wettbewerb auf den dem Netz vor- und nachgelagerten Märkten signifikant zu beeinflussen. Da Systemdienstleistungen immer häufiger von den ÜNB erbracht werden müssen, gewinnen die diskriminierungsfreie Durchführung sowie die Effizienz der ergriffenen Maßnahmen bei der Sicherstellung des Wettbewerbs in der Elektrizitätswirtschaft immer mehr an Bedeutung. Transparenzdefizite, die eine Überprüfung der durch die ÜNB ergriffenen Maßnahmen sowie eine Diskussion über mögliche Änderungen des Marktdesigns unterbinden, sind daher kritisch zu sehen, zumal die ÜNB durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) reguliert werden und auch kein einseitiger Ermessenspielraum bei der Erfüllung von Informationspflichten bestehen darf. Der Artikel zeigt die bestehenden Eingriffsmöglichkeiten der ÜNB in das Marktgeschehen auf, arbeitet bestehende Transparenzdefizite heraus und unterbreitet Lösungsvorschläge, die auf eine Verbesserung der Transparenz abzielen.

Abstract

In the wake of the energy system transformation and the liberalisation of the electricity industry, transmission system operators (TSOs) have been given comprehensive powers and competences to ensure network and system security. These are capable of significantly affecting competition in markets that are upstream and downstream of the network. As system services increasingly have to be provided by TSOs, non-discriminatory implementation and the efficiency of the measures taken are becoming increasingly important in ensuring competition in the electricity industry. Transparency deficits that prevent a review of the measures taken by the TSOs and a discussion about possible changes in the market design should therefore be viewed critically, especially since the TSOs are regulated by the Federal Network Agency (BNetzA) and there must also be no unilateral discretion in the fulfilment of information obligations. The article shows the existing possibilities for TSOs to intervene in market developments, identifies existing transparency deficits and proposes solutions aimed at improving transparency.

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Abb. 1

Notes

  1. Transparenzdefizite können des Weiteren entstehen, wenn der Öffentlichkeit Informationen zum Regulierungsvorgang oder dem Regulierungsergebnis gänzlich vorenthalten bzw. nur unvollständig zur Verfügung gestellt werden, sodass behördliches Handeln im Hinblick auf seine Rechtsgrundlagen, seinen Verlauf, seine Datengrundlage sowie seine Ergebnisse für Dritte nicht nachvollziehbar und verifizierbar ist infraCOMP (2015).

  2. Unter Marktdesign ist die Fähigkeit zu verstehen, Institutionen so zu gestalten, dass die Verhaltensanreize der Marktteilnehmer mit den übergeordneten Zielen des Marktarchitekten im Einklang stehen. Solche Ziele können neben der Erlös‑, Effizienz- und Liquiditätsmaximierung auch die Offenbarung privater Informationen beinhalten (Ockenfels 2009).

  3. „Saldierte Kosten (aufwandsgleiche Kosten abzüglich kostenmindernder Erlöse) sowie Kosten für Netzreservekraftwerke und abschaltbare Lasten nach AbLaV“ (BNetzA und BKartA 2018).

  4. Regelenergie wird auch von Batteriespeichern erbracht. Anbieter von Abschaltleistung können auch Industriebetriebe sein, die für einen vereinbarten Zeitraum oder auch kurzfristig auf die Lieferung von Strom verzichten können, wenn im Stromnetz gerade nicht genügend Strom vorhanden ist. (https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/FAQs/DE/Sachgebiete/Energie/Verbraucher/PreiseUndRechnungen/umlage_abschaltbare_lasten.html, 03.08.2019).

  5. Die Berichte der BNetzA zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen finden sich unter: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Allgemeines/Presse/Mediathek/Berichte/berichte-node.html, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  6. Die Monitoringberichte der BNetzA finden sich unter: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/DatenaustauschundMonitoring/Monitoring/Monitoringberichte/Monitoring_Berichte_node.html, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  7. https://www.tennet.eu/de/strommarkt/transparenz/transparenz-deutschland/berichte-marktrelevante-informationen/netzsituationen-nach-132-enwg/, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  8. https://www.50hertz.com/de/Transparenz/Kennzahlen/Engpassmanagement, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  9. https://www.tennet.eu/de/strommarkt/transparenz/transparenz-deutschland/berichte-marktrelevante-informationen/netzsituationen-nach-132-enwg/, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  10. https://www.amprion.net/Strommarkt/Engpassmanagement/Ma%C3%9Fnahmen-nach-Paragraph-13.2-EnWG/, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  11. https://www.transnetbw.de/de/transparenz/stoerungen-und-unterbrechungen/anpassungs-und-einspeisemanagement?year=2017&app=curtailment-eeg#curtailment-eeg, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  12. Eine weitere „Blackbox“ stellen die jüngsten Power-to-Gas-(PtG)-Aktivitäten von ÜNB und Gas-Unternehmen dar (Gasunie, TenneT und Thyssengas 2018; Open Grid Europe/Amprion 2018). Dabei geht es um Kosten in Höhe von mehreren 100 Mio. €, die nach den Vorhaben der ÜNB über Netzentgelte gewälzt werden sollen. Zur Diskussion stehen zum einen die Kosten, die von Netznutzern getragen werden sollen, zum anderen Entflechtungsfragen, da Netzbetreiber keine Erzeugungsanlagen und keine PtG-Anlagen betreiben dürfen und daher die Anlagen als netztechnische Betriebsmittel betreiben wollen (so auch ähnlich die jüngst verabschiedete EU-Strombinnenmarktrichtlinie im Zuge des Clean Energy Package der Europäischen Kommission). Hierbei geht es um eine Grundsatzentscheidung, wie das Verhältnis von Markt und Regulierung bewertet wird (einschließlich Kostenverteilungs- und Effizienzfragen), die aber außerhalb der Öffentlichkeit getroffen wird. Eine Finanzierung über Netzentgelte würde den Markt für wettbewerbliche Lösungen verzerren bzw. per se ausschließen. Hier ist mehr Transparenz zu schaffen und grundsätzlich zu klären, inwieweit die ÜNB die richtigen Akteure hierfür sind.

  13. https://www.energiejobs.de/news/artikel-32617-oesterreich-klagt-gegen-teilung-der-strompreiszonen, zuletzt abgerufen am 20. September 2017.

  14. Zum aktuellen Stand siehe auch https://oesterreichsenergie.at/positionen-standpunkte/qa-preiszonentrennung.html, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  15. https://www.netzausbau.de/5schritte/bundesbedarfsplan/de.html, zuletzt abgerufen am 22. November 2018.

  16. NEP Strom 2030 (V2019, 2. Entwurf) vom 15.04.2019, S. 126 ff. https://www.netzentwicklungsplan.de/sites/default/files/paragraphs-files/NEP_2030_V2019_2_Entwurf_Teil1.pdf.

  17. https://www.entsoe.eu/.

  18. https://www.smard.de/home/datennutzung/666.

  19. https://www.regelleistung.net/ext/.

  20. https://www.netztransparenz.de/.

  21. Die von TransnetBW/NetzeBW im Juni 2018 kommunizierte Kooperationsplattform DA/RE ist in diesem Kontext positiv zu sehen, wenngleich diese sich allerdings bislang auf die TransnetBW-Regelzone begrenzt und sich auf die Umsetzung der europäischen Vorgaben zum Datenaustausch und Redispatch beschränkt. Inwieweit auch über die Pilotphase hinaus ein (institutionalisierter) Beirat, der Netznutzer und insbesondere auch Erzeuger, Flexibilitätsanbieter und Vertriebe zu allen Themen der Netznutzung einbinde muss sich erst zeigen. Wenngleich viele Fragen zur DA/RE noch offen sind, könnte dieses Vorhaben im Sinne eines ersten Schrittes einen Weg zu einem ÜNB-übergreifenden Beirat aufzeigen. (Transnet BW 2018).

  22. Zum Advisory Council von ENTSO‑E siehe https://www.entsoe.eu/about/inside-entsoe/advisory-council/, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2018.

  23. So sah bereits im Zweiten Energiebinnenmarktpaket Art. 9 Elektrizitätsrichtlinie 2003/54/EG eine derartige Verantwortung des Übertragungsnetzbetreibers vor, die sich nunmehr in Art. 12 Elektrizitätsrichtlinie 2009/72/EG in erweiterter Form wiederfindet. Dort ist nicht vorgesehen, einen Teil der Verantwortung auf anderweitige Gremien zu delegieren oder den Übertragungsnetzbetreiber in der Wahrnehmung seiner Verantwortung entscheidungsrelevant durch externe Instanzen – jenseits der Regulierungsbehörden – einzuschränken. Gerade vor dem Hintergrund der Entflechtungsvorgaben in Art. 9 sowie den Art. 13 ff. Elektrizitätsrichtlinie 2009/72/EG wäre andernfalls auch eine vertiefte Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht erforderlich.

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Dieser Beitrag befasst sich mit Transparenzdefiziten in der Elektrizitätswirtschaft und unterbreitet Lösungsvorschläge zur Behebung dieser.

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Haucap, J., Helle, C., Loebert, I. et al. Transparenzdefizite beim kurz- und langfristigen Engpassmanagement der Übertragungsnetzbetreiber. Z Energiewirtsch 43, 231–244 (2019). https://doi.org/10.1007/s12398-019-00263-8

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