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Potenziale zur Erhöhung des regionalen Markenkerns im Stromvertrieb am Beispiel der regionalen Grünstromkennzeichnung gemäß EEG 2017: Teil 2 (Multikriterien-Analyse)

Potentials for increasing the regional brand core in electricity marketing using the example of the regional green power labeling according to EEG 2017: Part 2 (Multi-Criteria Analysis)

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Zeitschrift für Energiewirtschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird – in Ergänzung eines vorangegangenen Beitrages zum Thema (Teil 1: Grundlagen und Potenzialanalyse) – eine Multikriterien-Analyse durchgeführt, wobei die Entscheidungsträger in den Analyseprozess mit einbezogen wurden. Aus der Multikriterien-Analyse werden Handlungsempfehlungen bzgl. der Alternativen zur regionalen Grünstromvermarktung abgeleitet (vgl. Teil 1). Für die multikriterielle Entscheidungsanalyse wurde eine hybride Multikriterien-Methode entwickelt, welche die Vorteile zweier Methoden miteinander paart. Konkret wurde die Bewertung der Alternativen und die Gewichtung der Kriterien mit der sogenannten Multi-Attribute Global Inference of Quality (MAGIQ) Methode vorgenommen, während die Berechnung des Analyseergebnisses über eine optimierte Form der Weighted Aggregated Sum Product Assessment (WASPAS) Methode erfolgte. Die Ergebnisse der multikriteriellen Entscheidungsanalyse zeigen, dass die regionale Grünstromkennzeichnung nach EEG 2017 dazu genutzt werden kann, die bereits vor der Einführung des EEG 2017 bestehenden Optionen zur Vermarktung von regional erzeugtem Strom aufzuwerten. So belegen Grünstromvermarktungsmodelle, die eine Kombination der regionalen Grünstromkennzeichnung nach EEG 2017 mit bestehenden Optionen zur Vermarktung von regional erzeugtem Strom vorsehen, im Ergebnis der durchgeführten multikriteriellen Entscheidungsanalyse die ersten drei Ränge.

Abstract

In this paper – complementing an earlier article on this topic (Part 1: Basics and Analysis of Potentials) – we perform a Multicriteria Decision Analysis (MCDA), also engaging decision-makers in the analytical process. From the MCDA we derive recommendations to act with regard to the alternatives for regional green power marketing (cf. Part 1). For the MCDA we have developed a hybrid multicriteria approach, which enables to pool the advantages of two methods. Specifically, for the valuation of alternatives and criteria weighting we use the so-called Multi-Attribute Global Inference of Quality (MAGIQ) method, whereas the computation of the analytical results was performed with the help of an optimized Weighted Aggregated Sum Product Assessment (WASPAS) method. The results of the MCDA show that the regional green power labeling according to EEG 2017 can be used for upgrading the options already existing before the introduction of the EEG 2017 for the marketing of regionally generated electricity. From the MCDA conducted we find that those green power marketing models which combine the regional green power labeling according to the EEG 2017 with previously existing options rank first to third.

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Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7
Abb. 8
Abb. 9
Abb. 10
Abb. 11
Abb. 12
Abb. 13
Abb. 14

Notes

  1. Grünstrom: Nach (UBA 2014) besteht keine präzise Festlegung bzgl. der Bezeichnung von Strom aus erneuerbaren Energien. In Anlehnung an die Bezeichnung „regionale Grünstromkennzeichnung“ aus § 92, Nr. 7 des EEG 2017, wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff „Grünstrom“ als Synonym für Strom aus erneuerbaren Energien verwendet (DBT 2016).

  2. Unter einem Grünstromvermarktungsmodell verstehen wir eine – unter Einhaltung der regulatorischen Vorgaben – ausführbare Kombination aus den verfügbaren Optionen der Grünstrombeschaffung und des Grünstromvertriebs.

  3. Die Grünstromvermarktung mit regionalem Bezug umfasst einerseits die (in unserer Analyse als „regionale Grünstromvermarktung“ bezeichnete) Versorgung von Letztverbrauchern mit Strom aus regionalen EE-Anlagen (vgl. Abschn. 3.1.2 bis 3.1.4, Teil 1) als auch Grünstromvermarktungsmodelle mit anderweitigem Bezug zur Region (vgl. Abschn. 3.1.1, Teil 1).

  4. Kriterienbereiche: Die Aufteilung der Kriterien auf unterschiedliche Kriterienbereiche ist in der MCDA nicht grundsätzlich verlangt. Die in der vorliegenden Arbeit angewandte MCDA-Methode „Multi-Attribute Global Inference of Quality“ (MAGIQ) sieht eine Unterteilung in Kriterienbereiche vor (vgl. Ravi 2012).

  5. In Roszkowska (2013) wurde neben der ROC–Methode der paarweise Vergleich, die Equal Weight (EW) Methode, die Rank Sum (RS) Methode und die Rank Exponent (RE) Methode untersucht.

  6. Die exakte Zuordnung der Kriterien aus der Expertenbefragung bzw. Literaturrecherche zu den hier genannten neun Bewertungskriterien wird in Tab. A.3 (Anhang A) dargestellt.

  7. Ein HKN bezieht sich auf eine Strommenge von einer Megawattstunde und stellt einen Nachweis über die erneuerbare Eigenschaft des Stroms dar (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1).

  8. Strommengen, die bereits über das EEG finanziert wurden, dürfen nach § 80 des EEG 2017 nicht als Strom aus erneuerbaren Energien vermarktet werden, Doppelvermarktungsverbot (DBT 2016).

  9. CSR-Berichtspflicht: Betroffen sind Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern (im Jahresdurchschnitt) und einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. € bzw. einem Umsatz von mehr als 40 Mio. €. Im Rahmen der CSR-Berichtspflicht müssen die Unternehmen u. a. über Leistungen im sozialen Bereich oder Umweltbereich berichten. (EU 2014).

Literatur

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Authors

Corresponding author

Correspondence to Reinhard Madlener.

Appendices

Anhang A

1.1 Ermittlung der Bewertungskriterien

In Tab. A.1 sind die gemäß Abschn. 2.1.1 durch Literaturrecherche ermittelten Kriterien aufgelistet.

Tab. A.1 Ergebnisse der Literaturrecherche

In Tab. A.2 sind die gemäß Abschn. 2.1.1 von den Experten genannten Kriterien aufgelistet.

Tab. A.2 Ergebnis der Expertenbefragung

In Tab. A.3 ist die Zusammenführung der in Tab. A.1 und Tab. A.2 aufgelisteten Kriterien dargestellt.

Tab. A.3 Zusammenführung der Kriterien

Anhang B

2.1 Fragebogen bzgl. der Gewichtung der Kriterienbereiche und Bewertungskriterien

2.1.1 Einleitender Teil der Umfrage

Die nachfolgenden Fragen stellen den einleitenden Teil der Umfrage dar. Sobald Sie die Beantwortung dieser Fragen vorgenommen haben, gelangen Sie zum Hauptteil (letzter Teil) der Umfrage (Umfang: Vier weitere Fragen).

1.:

Welches Tätigkeitsfeld haben Sie innerhalb des Energieversorgungsunternehmens?

2.:

Wie viele Mitarbeiter hat der Vertrieb Ihres Energieversorgungsunternehmens?

-:

<10 Mitarbeiter

-:

10–50 Mitarbeiter

-:

50–100 Mitarbeiter

-:

>100 Mitarbeiter

3.:

Wie ist das Versorgungsgebiet Ihres Unternehmens definiert?

-:

Regional

-:

Überregional

-:

Bundesweit

2.1.2 Hauptteil der Umfrage

Erläuterung zum Hauptteil der Umfrage:

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Regionalisierung eines Ökostromproduktes. Ein Teil der Möglichkeiten sieht die Vermarktung von regional erzeugtem Strom bspw. durch HKN aus der Region bzw. neuerdings auch Regionalnachweise nach EEG 2017 vor. Alternativ könnte ein Anteil der Produkterlöse in den regionalen Ausbau der erneuerbaren Energien investiert oder der Regionalbezug ausschließlich durch den Produktnamen hergestellt werden.

Welches Vermarktungsmodell eignet sich am besten zum Aufbau eines regionalen Ökostromproduktes?

Welche Variante bietet das größte Potenzial die Marke des Stromvertriebs durch den regionalen Bezug aufzuwerten?

Welche Kriterien haben den größten Einfluss auf den Erfolg des Produktes?

In dem Sie die unten dargestellten Bewertungskriterien in eine Rangfolge bringen helfen Sie dabei, deren Relevanz für die Bewertung der Möglichkeiten zur Regionalisierung des Ökostromproduktes gemäß den oben genannten Fragestellungen zu ermitteln.

Beispiele:

-:

Im Vergleich zum „Absatzpotenzial“ ist die „Anlagenverfügbarkeit“ bzw. die Höhe der Angebotsmengen wichtiger/unwichtiger für die erfolgreiche Umsetzung eines Produktes und sollte entsprechend stärker/schwächer bzgl. der Gesamtbewertung einer Produktvariante berücksichtigt werden.

-:

Die „Betriebswirtschaftliche Umsetzbarkeit“ eines Produktmodells ist wichtiger/unwichtiger als die Möglichkeit dem Letztverbraucher gegenüber den regionalen Bezug des Produktes nachzuweisen („Nachweisbarkeit der Regionalität“) und sollte einen entsprechend größeren/geringeren Einfluss auf die Gesamtbewertung einnehmen.

-:

Die „Kommunizierbarkeit“ bzw. Glaubwürdigkeit eines Produktmodells ist für die Stärkung der Markenpersönlichkeit bedeutsamer/weniger bedeutsam als die Ausprägung des regionalen Bezugs des Produktes („Ausprägung der Regionalität“). Dementsprechend ist es sinnvoll der „Kommunizierbarkeit“ einen höheren/niedrigeren Rang im Kriterienkatalog zuzuordnen

1.:

Welche Bedeutung sollten Ihrer Meinung nach die nachfolgend genannten marktbezogenen Kriterien bei der Bewertung möglicher regionaler Ökostrommodelle einnehmen?

Ziehen Sie die nachfolgenden Antwortoptionen per Drag & Drop in die gewünschte Reihenfolge. Erster Rang – hohe Bedeutung, Letzter Rang – geringe Bedeutung. Sie können den Kriterien hierbei keinen gleichbedeutenden Rang zuordnen.

-:

Absatzpotenzial (Erfüllung der Kundenbedürfnisse, Nachfragemengen kundenseitig)

-:

Anlagenverfügbarkeit (Potential an Angebotsmengen aus entsprechenden EE-Anlagen)

-:

Mehrpreisbereitschaft (Absatzpreis, Preisgestaltung)

2.:

Welche Bedeutung kommt Ihrer Meinung nach den nachfolgend dargestellten produktbezogenen Kriterien bzgl. der Bewertung zu?

Ziehen Sie die nachfolgenden Antwortoptionen per Drag & Drop in die gewünschte Reihenfolge. Erster Rang – hohe Bedeutung, Letzter Rang – geringe Bedeutung. Sie können den Kriterien hierbei keinen gleichbedeutenden Rang zu ordnen.

-:

Betriebswirtschaftliche Umsetzbarkeit (Kosten bzgl. Abwicklungsverfahren und Auswirkung auf bestehende Beschaffungsprozesse, kundenseitig)

-:

Nachweisbarkeit der Regionalität (Kennzeichnungsmöglichkeit des Tarifs)

3.:

Welche Bedeutung sollten Ihrer Meinung nach die nachfolgend genannten marketingbezogenen Kriterien bei der Bewertung möglicher regionaler Ökostrommodelle einnehmen?

Ziehen Sie die nachfolgenden Antwortoptionen per Drag & Drop in die gewünschte Reihenfolge. Erster Rang – hohe Bedeutung, Letzter Rang – geringe Bedeutung. Sie können den Kriterien hierbei keinen gleichbedeutenden Rang zuordnen.

-:

Kommunizierbarkeit (Verständlichkeit/Glaubwürdigkeit des Tarifes)

-:

Ausprägung des regionalen Bezugs (bspw. durch Größe der definierten Region)

-:

Differenzierungsmöglichkeit (ggü. anderen Stromvertrieben und -tarifen)

-:

Energiewirtschaftlicher Mehrwert (bspw. Steigerung der Akzeptanz ggü. EE-Anlagenausbau)

4.:

Bitte ordnen Sie den übergeordneten Kategorien der Bewertungskriterien einen Stellenwert zu!

Ziehen Sie die nachfolgenden Antwortoptionen per Drag & Drop in die gewünschte Reihenfolge. Erster Rang – hohe Bedeutung, Letzter Rang – geringe Bedeutung. Sie können den Kriterien hierbei keinen gleichbedeutenden Rang zu ordnen.

  • Markt: Absatzpotenzial, Anlagenverfügbarkeit, Mehrpreisbereitschaft

  • Produkt: Betriebswirtsch. Umsetzbarkeit, Mengenrisiko, Nachweisbarkeit der Regionalität

  • Marketing: Kommunizierbarkeit, Ausprägung des regionalen Bezugs, Differenzierungsmöglichkeit, energiewirtschaftlicher Mehrwert

Der oben dargestellte Fragebogen konnte durch die Adressaten der Umfrage über die Plattform „SurveyMonkey“ online bearbeitet werden. (SurveyMonkey 2017; 26.04.2017)

Anhang C

3.1 Analyse der Alternativen der Grünstromvermarktung in Bezug auf die Bewertungskriterien

Im Nachfolgenden werden die Grünstromvermarktungsmodelle aus Abb. 7 (vgl. Abschn. 2.2.1) bzgl. der in Tab. 1 (vgl. Abschn. 2.1.1) gezeigten Bewertungskriterien detailliert analysiert. In Abb. 8 (vgl. Abschn. 2.2.2) wird das hieraus folgende Bewertungsergebnis zusammenfassend dargestellt.

3.1.1 Anlagenverfügbarkeit

Die nachfolgende Analyse der Anlagenverfügbarkeit der Vermarktungsmodelle stellt eine auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland bezogene Einschätzung dar. Grundsätzlich können regionale Unterschiede der Anlagenverfügbarkeit dazu führen, dass regionsspezifische Betrachtungen von der nachfolgenden Bewertung der Anlagenverfügbarkeiten der Vermarktungsmodelle abweichen.

Das Kriterium „Anlagenverfügbarkeit“ bezieht sich sowohl auf die den Vermarktungsmodellen zugrunde gelegten Strombeschaffungsformen als auch auf die jeweils vorgesehenen Nachweise (bspw. HKN).

Bezüglich der Strombeschaffungsformen wird angenommen, dass beim Stromhandel über die Börse keinerlei Einschränkungen des Beschaffungspotenzials bestehen (Bewertung: „+ +“). Die Verfügbarkeiten bei der Strombeschaffung über die Direktvermarktung und sonstige Direktvermarktung ist hingegen davon abhängig, wie viele EE-Anlagen die entsprechende Veräußerungsform des EEG (vgl. Abschn. 2.1.1, Teil 1) nutzen.

Wie in Abb. 2 (vgl. Abschn. 2.1.1, Teil 1) dargestellt, zeigt sich bundesweit eine sehr hohe Verfügbarkeit von direktvermarkteten Strommengen. Aus diesem Grund wird für alle Grünstromvermarktungsmodelle, welche die Direktvermarktung als Strombeschaffungsform vorsehen, eine ausreichende Verfügbarkeit angenommen (Bewertung: „0“), unabhängig davon, ob lediglich eine eingeschränkte Region (ca. 50 km-Umkreis, vgl. Abschn. 2.2.1, Teil 1) als Bezugsgebiet vorgesehen ist (Modelle D.1 bis D.4) oder keine spezifische Regionsdefinition besteht (Modelle C.1 und C.2).

Für Vermarktungsmodelle, die eine Strombeschaffung über Anlagen der sonstigen Direktvermarktung vorsehen (Modelle B.2 und D.3), steht hingegen nur eine eingeschränkte Strommenge zur Verfügung (vgl. Abschn. 2.1.1, Teil 1). Die Verfügbarkeit der Strombeschaffungsform „sonstige Direktvermarktung“ wird daher in Tab. C.1 mit „− −“ bewertet. Dabei wird für Vermarktungsmodelle, bei denen eine Mischform zweier Strombeschaffungsformen vorgesehen ist, eine entsprechend abgestufte Bewertung gewählt, Bsp. Modell D.3:

  • Vorgesehene Strombeschaffungsformen: Sonstige Direktvermarktung (Bewertung „− −“) und Direktvermarktung (Bewertung: „0“) (vgl. Abb. 10; Teil 1)

  • Die Verwendung beider Strombeschaffungsformen führt bzgl. der Anlagenverfügbarkeit zur Bewertung „−“

Die Einschränkungen bei der Nachweisbeschaffung hängen ebenfalls eng von der, in Abb. 2 (vgl. Abschn. 2.1.1, Teil 1) gezeigten, verfügbaren Jahresarbeit der jeweiligen Veräußerungsformen ab. So werden bspw. HKN nur für Strommengen ausgestellt, welche über die sonstige Direktvermarktung veräußert werden (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1).

In der vorliegenden Arbeit werden sowohl Vermarktungsmodelle betrachtet, welche HKN beliebigen Ursprungs vorsehen (Modell A1 bis A.2) als auch Modelle, die bspw. HKN aus der Region des LV vorsehen (Modelle B.1, B.2, D.2 und D.3). HKN beliebigen Ursprungs können zum Beispiel über die Strombörse aus dem europäischen Ausland eingekauft werden und stehen, gemäß den Ausführungen in Abschn. 2.1.2 (Teil 1), reichlich zur Verfügung (Bettinger und Holstenkamp 2015). Aus diesem Grund wird den HKN dieser Qualität bzgl. ihrer Verfügbarkeit in Tab. C.1 die Bewertung „+“ zugeteilt. Die Verfügbarkeit von HKN deutscher Stromerzeugungsanlagen ist hingegen stark begrenzt (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1), somit muss die Verfügbarkeit von HKN auf regionaler Ebene in Tab. C.1 mit „− − −“ bewertet werden.

Für die Ausstellung von RN stehen, wie in Abschn. 2.2.1 (Teil 1) erläutert, die direktvermarkteten Strommengen von EE-Anlagen aus einem Umkreis von ca. 50 km um den LV zur Verfügung. Wie in Abb. 2 (vgl. Abschn. 2.1.1, Teil 1) zu sehen, ist die allgemeine Verfügbarkeit dieser Strommenge groß. Jedoch müssen ausreichend Anlagenbetreiber aus dem genannten Umkreis gefunden werden, die bereit sind sich einen solchen Nachweis ausstellen zu lassen und ihn anschließend zur Verfügung stellen (vgl. Abschn. 2.2.2, Teil 1). Diesbezüglich ist anzumerken, dass sich die 50 km-Regionen der verschiedenen Stromvertriebe überlappen, wodurch ein konkurrierendes Interesse an den RN der EE-Anlagenbetreiber entstehen kann. Aus diesem Grund wird die Verfügbarkeit des RN mit „−“ bewertet.

Eine Verwendung des RN ist, wie in Abschn. 2.2.2 (Teil 1) beschrieben, auf den Stromanteil „erneuerbare Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“ begrenzt. Für die Bewertung der Verfügbarkeit der Nachweise muss jedoch die gesamte, durch das jeweilige Vermarktungsmodell vorgesehene Nachweismenge, betrachtet werden. Daher erhalten die Modelle D.1 bis D.4 eine zusammengesetzte Bewertung, welche aus den jeweils vorgesehenen Kombinationen aus Nachweisen folgt. So wird bspw. Modell D.1, welches eine Ergänzung der RN (Bewertung: „−“) mit HKN beliebigen Ursprungs (Bewertung: „+“) vorsieht (vgl. Abschn. 3.1.4; Teil 1), mit der neutralen Bewertung „0“ berücksichtigt.

Das Vermarktungsmodell C.2 verzichtet gänzlich auf die Anwendung von Nachweisen (vgl. Abschn. 3.1.3; Teil 1), weshalb bei diesem Modell die Bewertung der Verfügbarkeit bzgl. der Nachweisbeschaffung mit „+ +“ vorgenommen wird.

Tab. C.1 zeigt die Zuordnung der vorangegangen erläuterten Verfügbarkeitsbewertungen gemäß der durch die Vermarktungsmodelle vorgesehenen Arten der Strom- und Nachweisbeschaffung. Aus der pauschalen Betrachtung der Verfügbarkeitsbewertungen ergibt sich die dargestellte Rangfolge der betrachteten Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. des Kriteriums „Anlagenverfügbarkeit“.

Abb. C.1
figure 15

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der Anlagenverfügbarkeit. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.2 Ausprägung des regionalen Bezugs

Das Kriterium „Ausprägung des regionalen Bezugs“ wird anhand der auf die Regionalität bezogenen Vermarktungsmodelleigenschaften untersucht. Hierbei werden die folgenden Eigenschaften betrachtet und bewertet: Der jeweilige Regionalbezug der Vermarktungsmodelle, die Definition der Region, die Höhe des vorgesehenen Anteils regional erzeugten Stroms sowie die Möglichkeiten zur konkreten Benennung von regionalen EE-Anlagen, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Modell stehen.

Der Regionalbezug der betrachteten Vermarktungsmodelle reicht von keinem Regionalbezug (Modell A.0, Bewertung: „− −“) bis zu einem eindeutigen Regionalbezug durch Versorgung mit regional erzeugtem Grünstrom (Bewertung: „+ +“). Dem Vermarktungsmodell A.1 wird aufgrund seines schwachen regionalen Bezugs, der ausschließlich durch den Stromproduktnamen hergestellt wird, die Bewertung „−“ zugeordnet.

Der regionale Bezug von Modell A.2 wird durch Investitionen in den regionalen EE-Anlagenausbau hergestellt. Diese Vermarktungsmodelleigenschaft ist nur für Kunden interessant, die dem regionalen EE-Anlagenausbau aufgeschlossen gegenüberstehen. Die Stromversorgung mit regional erzeugtem Grünstrom kann nach Rühl (2016) und Agora (2015) die Akzeptanz für den EE-Ausbau steigern. Der Regionalbezug durch die Vermarktung von regional erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien kann demnach die Akzeptanz bzgl. des Ausbaus vermeintlich steigern. Dem gegenüber setzt der Regionalbezug des Modells A.2 eine Akzeptanz bzgl. des regionalen EE-Anlagenausbaus voraus. Da die Wertigkeit der letztgenannten regionalen Modelleigenschaft von der Haltung des Kunden gegenüber der regionalen Energiewende abhängt, wird Modell A.2 bzgl. des Regionalbezugs mit „+“ bewertet.

In Tab. C.2 werden Modelle, die eine spezifische Definition der Region vorsehen, in der entsprechenden Spalte mit der Bewertung „+“ berücksichtigt. Eine solche spezifische Regionsdefinition ist ausschließlich bei den Vermarktungsmodellen vorgegeben, die eine Verwendung des RN (Modelle D.1 bis D.4) vorsehen (vgl. Abb. 7; Abschn. 2.2.1). Bei den Vermarktungsmodellen B.1, B.2, C.1 und C.2 unterliegt der räumliche Zusammenhang zwischen Erzeugung und Verbrauch keiner spezifischen Definition. Hierdurch ist es möglich bspw. ganz Süddeutschland als eine Region zu definieren, wie es beim Grünstromprodukt „Natur Max12“ der EnBW aufgezeigt wird (EnBW 2017; 14.03.2017). Diesen Modellen wird daher bzgl. der Spezifikation der Region die Bewertung „−“ zugeordnet. Die Modelle A.0 bis A.2 unterliegen ebenfalls keiner spezifischen Regionsdefinition, weshalb sie dieselbe Bewertung erhalten.

Eine anteilige Einbindung regional erzeugten Stroms wird in Tab. C.2 unter „Anteil des regional erzeugten Stroms“ mit „+“ bewertet. Bei den Modellen B.1 und B.2 ist aufgrund der eingeschränkten Anlagenverfügbarkeit (vgl. „Anlagenverfügbarkeit“, Anhang C) anzunehmen, dass lediglich eine anteilige Versorgung mit regional erzeugtem Strom realisierbar ist. Während bei Modell D.1, gemäß den gesetzlichen Vorgaben (vgl. Abschn. 2.2.2, Teil 1), lediglich in Höhe des Stromanteils „erneuerbare Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“ regional erzeugter Strom eingebunden wird. Ist eine vollständige Versorgung mit regional erzeugtem Strom vorgesehen und gemäß der Anlagenverfügbarkeit theoretisch möglich, wird dies mit „+ +“ bewertet. Modelle, die keine Versorgung mit regional erzeugtem Strom vorsehen, werden hingegen mit der Bewertung „0“ berücksichtigt.

Die Verwendung von HKN und RN ermöglichen eine konkrete Benennung der eingebundenen, regionalen Erzeugungsanlagen gegenüber dem LV (vgl. Abschn. 2.2.2, Teil 1). Die betroffenen Modelle werden daher in Tab. C.2 bzgl. der „Möglichkeit zur konkreten Anlagenbenennung“ mit „+“ bewertet, wobei eine kombinierte Anwendung von RN und regionalen HKN die Anzahl der konkret zu benennenden Anlagen erhöht und daher zur Bewertung „+ +“ führt. Die Nutzung der Direktvermarktung (Modell D.4) ohne Verwendung des RN steht aufgrund des Doppelvermarktungsverbots einer konkreten Anlagenbenennung im Weg (Energieagentur NRW 2016). Vermarktungsmodellen, die eine Direktvermarktung von Strom aus der Region vorsehen, wird daher – ebenso wie den Modellen die keine Einbindung regionaler Anlagen vorsehen – die Bewertung „−“ zugeordnet. Bei Modell A.2 ist es denkbar, dass Anlagen, die bzgl. ihrer Projektierung durch die Reinvestition in die Region gefördert wurden, konkret benannt werden (vgl. Abschn. 3.1.1; Teil 1). Diesem Modell wird daher in der entsprechenden Spalte der Tab. C.2 die Bewertung „+“ zugeordnet.

In Tab. C.2 sind die eben beschriebenen Bewertungen der Vermarktungsmodelleigenschaften dargestellt. Anhand der jeweiligen Einzelbewertungen kann die Rangfolge der Vermarktungsmodelle bzgl. des Kriteriums „Ausprägung des regionalen Bezugs“ abgeleitet werden.

Abb. C.2
figure 16

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der Ausprägung des regionalen Bezugs. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.3 Nachweisbarkeit der Regionalität

Die Nachweisbarkeit der Regionalität ist ein produktbezogenes Kriterium und bezieht sich auf die Strombeschaffungsform und vorgesehenen Nachweise der Vermarktungsmodelle (vgl. Abb. 7; Abschn. 2.2.1).

Die vom UBA ausgestellten RN stellen bspw. einen Nachweis der Regionalität dar. Die regionale Herkunft des Stroms kann hierbei bzgl. des in diesem Zusammenhang beschafften Stroms auf der Rechnung des Kunden angegeben werden (BMWi 2016). Für die Verwendung des RN ist aus diesem Grund bzgl. der Nachweisbarkeit der Regionalität die Bewertung „+ + +“ vorgesehen (vgl. Tab. C.3).

Bei den Vermarktungsmodellen bzw. den Stromanteilen, für die keine Einbindung des RN vorgesehen ist, findet sich die Regionalität dagegen zunächst lediglich in den Aussagen des Stromvertriebs wieder (Buchmüller 2016). Die Nutzung von Gütesiegeln, welche einen Nachweis über die Regionalität anbieten (vgl. Abb. 7, Teil 1), setzt die Einbindung von HKN aus regionalen EE-Anlagen voraus (vgl. Anhang C, Teil 1). Jedoch gibt es, wie in Abschn. 3.1.3 (Teil 1) erläutert, auch die Möglichkeit einer TÜV-Bescheinigung, welche die Regionalität eines Produktes nachweist, auch wenn der Strom aus regionalen direktvermarkteten Anlagen stammt und keine HKN für die eingebundene Strommenge nachzuweisen sind.

Da die konkrete Benennung des HKN in Werbeaussagen bereits genutzt wurde (ESM 2017), wird die Nachweisbarkeit der Regionalität mittels HKN mit „+ +“ bewertet, auch wenn hier zur glaubwürdigen Bescheinigung der regionalen Herkunft ein zusätzliches Gütesiegel notwendig ist. Die regionale Grünstromvermarktung über die Direktvermarktung (ohne Gütesiegel) wird hingegen nur mit der genannten TÜV-Bescheinigung nachweisbar, hier wird die Bewertung daher mit „+“ vorgenommen.

Das Vermarktungsmodell A.2 sieht Investitionen in den regionalen EE-Anlagenausbau vor. Gütesiegel sehen zwar gemeinhin die Zertifizierung einer solchen Förderkomponente vor (vgl. Abb. 7, Teil 1), jedoch wird hierbei nicht deren regionaler Bezug nachgewiesen (GSL 2015; EnergieVision e. V. 2016; TÜV NORD 2014; TÜV SÜD 2015). Ein offizieller Nachweis der Regionalität von einem unabhängigen Institut bleibt demnach bei diesem Vermarktungsmodell aus. Jedoch können die Stromvertriebe dem Stromkunden eine entsprechende Liste über die regional geförderten Erzeugungsanlagen zur Verfügung stellen, wodurch zumindest eine schwache Untermauerung der Aussagen über die Regionalität vorgenommen werden kann. Aus diesem Grund wird in einer weiteren Spalte der Tab. C.3 bewertet, inwiefern eine Untermauerung des regionalen Bezugs durch Aussagen des Stromvertriebs generell möglich ist. Hierin wird bei Vermarktungsmodellen, welche keinen regionalen Bezug aufweisen (Modell A.0) – oder lediglich im Produktnamen einen Bezug zur Region vorweisen (Modell A.1) – keine Möglichkeit zur Untermauerung des regionalen Bezugs anerkannt (Bewertung: „−“).

Abb. C.3
figure 17

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der Nachweisbarkeit der Regionalität. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.4 Kommunizierbarkeit und Glaubwürdigkeit

Im Nachfolgenden werden die Vermarktungsmodelle hinsichtlich ihrer Kommunizierbarkeit und Glaubwürdigkeit eingeordnet. Hierbei soll insbesondere bewertet werden, wie transparent und verständlich die angegebenen Vermarktungsmodelleigenschaften, bspw. die Regionalstromeigenschaft, gegenüber dem LV darstellbar sind.

Die Glaubwürdigkeit eines Grünstromproduktes ist nach (UBA 2016b) bei einer getrennten Beschaffung der angegebenen erneuerbaren Stromeigenschaft, bspw. durch HKN, und der den Nachweisen zugrundeliegenden Strommenge aufgrund der Intransparenz nicht gegeben. Die gekoppelte Strom- und Nachweisbeschaffung nimmt aus diesem Grund einen positiven Einfluss auf die Bewertung der Glaubwürdigkeit der betroffenen Vermarktungsmodelle. So erhält Modell B.2 in Tab. C.4 die Bewertung „+ +“ bzgl. der Glaubwürdigkeit des Modells. Denn Modell B.2 sieht eine gekoppelte Strom- und Nachweisbeschaffung über die sonstige Direktvermarktung vor, wobei die Höhe der gekoppelt beschafften Strommenge von der regionalen Anlagenverfügbarkeit abhängt (vgl. „Anlagenverfügbarkeit“, Anhang C). Den Modellen D.1 bis D.4 liegt in Bezug auf den Stromanteil „erneuerbare Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“, ebenfalls eine gekoppelte Strom- und Nachweisbeschaffung (RN) zugrunde. Die Kopplung bezieht sich nach Abschn. 2.2.2 (Teil 1) jedoch nur auf die Übertragung der Nachweise zwischen Anlagenbetreiber, Händler und Stromanbieter, weshalb diese Modelle lediglich mit einem „+“ bewertet werden. Bei Modell D.3 kommen neben dem RN gekoppelte HKN gemäß Modell B.2 zum Einsatz, weshalb hier die „Glaubwürdigkeit der regionalen Grünstromeigenschaft“ mit „+ + +“ bewertet wird.

Die verbleibenden Modelle erhalten aufgrund der fehlenden Kopplung die Bewertung „−“. Die Bewertung für A.0 stellt sich hierbei mit „− −“schlechter dar, da dieses Modell zusätzlich keine Regionalität vorweist und somit als regionales Grünstromprodukt nicht glaubwürdig ist. Bei Modell A.1 zeigt sich die diesbezüglich mangelhafte Glaubwürdigkeit noch deutlicher, da hier ein Regionalbezug durch den Produktnamen vorgegeben wird, aber faktisch nicht besteht (Bewertung: „− − −“).

Das Modell A.2 sieht die Investition in den regionalen EE-Anlagenausbau vor. Das hiermit verbundene Umweltengagement erhöht nach (Schmolke 2014, S. 63) die Glaubwürdigkeit der Grünstromeigenschaften, weshalb hier der negative Einfluss der getrennten Strom- und Nachweisbeschaffung gänzlich aufgewogen wird (Bewertung: „+ +“).

Der Kommunikationsaufwand, um dem LV die Regionalstromeigenschaft transparent darzustellen ist höher, falls lediglich eine anteilige Versorgung mit regional erzeugtem Strom vorgesehen ist (vgl. Abschn. 3.1.1; Teil 1). Daher erhalten Modelle, die in Abhängigkeit von der Anlagenverfügbarkeit (vgl. „Anlagenverfügbarkeit“, Anhang C), eine nahezu vollständige Versorgung mit regional erzeugtem Grünstrom ermöglichen (Modelle C.1, C.2 und D.4) in Bezug auf den Kommunikationsaufwand die Bewertung „+“. Vermarktungsmodelle, bei denen lediglich eine anteilige Versorgung vorgesehen (Modell D.1) oder aufgrund mangelnder Anlagenverfügbarkeit möglich ist (Modelle B.1, B.2, D.2 und D.3), erhalten die Bewertung „−“. Modelle, die keine Vermarktung von regional erzeugtem Strom beinhalten, werden hingegen mit der Bewertung „0“ neutral berücksichtigt (Modelle A.0 bis A.2), da hier keine diesbezügliche Beeinflussung des Kommunikationsaufwands anzunehmen ist.

In Tab. C.4 wird darüber hinaus die Nachvollziehbarkeit der Vermarktungsmodelle bewertet. Hierbei werden insbesondere die Modelle, bei denen der RN zum Einsatz kommen soll (D.1 bis D.4), negativ bewertet (Bewertung: „− − −“). Gemäß BDEW (2016) und Buchmüller (2016) erschwert die Komplexität der regionalen Grünstromkennzeichnung nach EEG 2017 die Nachvollziehbarkeit dieser Vermarktungsmodelle.

Bei den Vermarktungsmodellen C.1 und C.2 ist die Direktvermarktung von regional erzeugtem Grünstrom vorgesehen. Aufgrund des Doppelvermarktungsverbots kann die erneuerbare Eigenschaft des direktvermarkteten Stroms bei diesen Modellen nicht zur Vermarktung genutzt werden. Bei Modell C.1 ermöglichen zusätzlich beschaffte HKN die Vermarktung als Grünstrom. Bei Vermarktungsmodell C.2 wird hingegen auf die zusätzliche HKN-Beschaffung verzichtet, wodurch der Erklärungsaufwand bzgl. der erneuerbaren Eigenschaft bei diesem Modell höher ist. Die komplexen Zusammenhänge und der hiermit verbundene Erklärungsbedarf dieser Vermarktungsmodelle wird bei C.1 mit „− −“ und bei Modell C.2 mit „− − −“ bewertet.

Aufgrund der gekoppelten Strom- und Nachweisbeschaffung wird die Verständlichkeit des Vermarktungsmodells B.2 mit „0“ neutral bewertet, während bei den Modellen A.0, A.1 und B.1 aufgrund der fehlenden Kopplung schwieriger zu begründen ist, warum sich der LV sicher sein kann tatsächlich Grünstrom zu beziehen (Bewertung: „−“). Das Vermarktungsmodell A.2 weist hinsichtlich der Förderkomponente für den regionalen Anlagenausbau keinen erhöhten Erklärungsbedarf auf, weshalb dieses Modell hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit die Bewertung „+“ erhält. Die Rangfolge der zu untersuchenden Vermarktungsmodelle bezüglich des Kriteriums „Kommunizierbarkeit und Glaubwürdigkeit“, ergibt sich aus den genannten Bewertungen der Modelleigenschaften und ist in Tab. C.4 dargestellt.

Abb. C.4
figure 18

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der Kommunizierbarkeit und Glaubwürdigkeit. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.5 Energiewirtschaftlicher Mehrwert

Die Untersuchung des Kriteriums „Energiewirtschaftlicher Mehrwert“ soll insbesondere klären, inwiefern die Vermarktungsmodelle eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende unterstützen. Die regionale Vermarktung von Grünstrom kann bspw. die Akzeptanz der LV gegenüber der Energiewende steigern und hierdurch zu neuen Flächenausweisungen führen (BMWi 2016), wodurch der EE-Anlagenausbau indirekt unterstützt wird. Den Vermarktungsmodellen (B.1, B.2, C.1, C.2 und D.1 bis D.4), die eine regionale Grünstromvermarktung vorsehen, wird daher in Bezug auf die Akzeptanzsteigerung und die indirekte Förderung des EE-Anlagenausbaus in Tab. C.5 die Bewertung „+“ zugeordnet. Die aktive Förderung des Ausbaus (Modell A.2) wird hingegen mit einer höheren Bewertung „+ +“ berücksichtigt.

Die spezifische Nachfrage nach Strom aus neuen EE-Anlagen kann nach UBA (2017a) ebenfalls den weiteren Anlagenausbau fördern. Die untersuchten Vermarktungsmodelle sehen keine festgelegte Neuanlagenquote bei der Strombeschaffung vor, wie es bspw. durch Gütesiegel teilweise gefordert wird (vgl. Abb. 7, Teil 1). Jedoch werden bei Vermarktungsmodellen, welche die Direktvermarktung nutzen, jüngere Anlagen eingebunden als bei Modellen, welche durch sonstige Direktvermarktung Strom und Nachweise beschaffen. Gemäß den Angaben in Abschn. 2.1.2 (Teil 1) sind es in der Regel ja eher ältere, abgeschriebene EE-Anlagen, die in Deutschland ihren Strom über die sonstige Direktvermarktung veräußern. Aus diesem Grund wird die Einbindung direktvermarkteter Anlagen in Tab. C.5 bzgl. der Einbindung von Neuanlagen positiv berücksichtigt. Hierbei werden Modelle, die eine Stromversorgung ausschließlich über direktvermarktete Anlagen vorsehen (Modelle C.1, C.2 und D.4) mit „+ +“ bewertet werden, während die Modelle D.1 bis D.3 lediglich eine anteilige Versorgung mit direktvermarktetem Strom vorsehen und daher eine schwächere Bewertung erhalten („+“).

Die Beantragung des RN führt, wie in Abschn. 2.2.2 (Teil 1) erläutert, zur Reduktion der Marktprämie um 0,1 €-ct/kWh. Es kommt hierdurch entsprechend zur Reduktion der Gesamtheit der EEG-Vergütungen, wodurch letztlich die EEG-Umlage entlastet wird. Die Entlastung der EEG-Umlage wird in Tab. C.5 als energiewirtschaftlicher Mehrwert berücksichtigt. Den Vermarktungsmodellen, die eine Nutzung des RN vorsehen (Modelle D.1 bis D.4), wird daher eine entlastende Wirkung zugeordnet (Bewertung: „+“). Die entlastende Wirkung auf die EEG-Umlage bei Modell D.4 fällt deshalb geringer aus, weil für den Stromanteil „sonstige erneuerbare Energien“ direktvermarkteter Strom bezogen wird (vgl. Abschn. 3.1.4; Teil 1). Die Direktvermarktung stellt grundsätzlich aufgrund der Förderung durch die Marktprämie eine EEG-Belastung dar. Aus diesem Grund werden Vermarktungsmodelle, welche auf diese Veräußerungsform zurückgreifen, bzgl. ihrer Entlastungswirkung mit „−“ bewertet, während Modelle, die eine Nutzung der sonstigen Direktvermarktung vorsehen, mit der neutralen Bewertung „0“ berücksichtigt werden. In Tab. C.5 werden die Einzelbewertungen der Vermarktungsmodelleigenschaften und die hiervon abhängige Rangfolge der Vermarktungsmodelle bzgl. ihres energiewirtschaftlichen Mehrwerts aufgeführt.

Abb. C.5
figure 19

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. des energiewirtschaftlichen Mehrwerts. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.6 Differenzierungsmöglichkeiten

Deutsche Stromvertriebe haben die Möglichkeit ihre Grünstromprodukte bspw. durch Regionalität oder der Einbindung von Strom aus PV- und Windkraftanlagen von der überwiegenden Mehrheit der Grünstromprodukte zu differenzieren, da, wie bereits in Abschn. 2.1.2 (Teil 1) erläutert, der überwiegende Anteil der in Deutschland als Grünstrom vermarkteten Strommenge auf HKN aus norwegischen Wasserkraftwerken zurückzuführen ist.

In Abb. 3 (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1) wurde gezeigt, dass bzgl. der in Deutschland über die Direktvermarktung veräußerten Strommengen eine deutlich größere Diversität in Bezug auf die zugrundeliegenden Anlagentechnologien besteht. Aus diesem Grund werden im Nachfolgenden Vermarktungsmodelle, welche direktvermarkteten Strom nutzen (Modelle C.1, C.2 und D.1 bis D.4) mit einem größeren Differenzierungspotenzial hinsichtlich der Einbindung diverser Anlagentechnologien berücksichtigt (Bewertung: „+“). Vermarktungsmodelle, die ausschließlich direktvermarkteten Strom einbinden, weisen hierbei ein besonders hohes Differenzierungspotenzial auf (Modelle C.1. C.2 und D.4) und werden entsprechend in Tab. C.6 mit der Bewertung „+ +“ versehen.

Der Regionalbezug bietet eine Möglichkeit zur Differenzierung des Grünstromproduktes (Kaenzig et al. 2013; Hitschler 2016). Abgesehen von Modell A.0 weisen alle betrachteten Vermarktungsmodelle einen Regionalbezug auf, wobei sie sich bzgl. der Art der Umsetzung und Ausprägung des Regionalbezuges durchaus unterscheiden. Hierdurch bedingt bestehen Divergenzen bzgl. der Ausprägung des jeweiligen Produkt-Involvements der Vermarktungsmodelle (Trommsdorff 2009, S. 51; Schmolke 2014, S. 62). Die Bewertung des Regionalbezugs entspricht hierbei der in Tab. C.6 gezeigten Form, welche auf den Aussagen aus „Ausprägung des regionalen Bezugs“ (Anhang C) beruhen.

Ein höheres Produkt-Involvement ist nach Trommsdorff (2009, S. 51) und Schmolke (2014, S. 62) u. a. dann vorhanden, wenn sich der Kunde mit dem Produkt identifizieren kann. In UBA (2017b) wird die Annahme getroffen, dass dem LV eine Identifikation mit einem Regionalstromprodukt leichter fällt, wenn das Produkt konkret mit dem Namen oder mit einem Bild einer ihm bekannten regionalen EE-Anlage beworben wird. Die Anlagenbenennung wird daher bzgl. der Differenzierungsmöglichkeiten als positives Attribut berücksichtigt – die Bewertung der Möglichkeit zur Anlagenbenennung wird gemäß Tab. C.2 vorgenommen („Ausprägung des regionalen Bezugs“, Anhang C).

Bezüglich der Produktdifferenzierung durch Regionalbezug soll außerdem die emotionale Aufwertungsmöglichkeit der Vermarktungsmodelle analysiert werden. Hierbei wird gemäß Gelbrich und Souren (2009, S. 143) angenommen, dass die werthaltige, nutzenstiftende Assoziation bzgl. der Region den Markenwert stärken kann. Eine nutzenstiftende Assoziation kann bspw., wie in (VKU 2012) beschrieben, die Erläuterung der regionalwirtschaftlichen Effekte des Unternehmens sein. Vermarktungsmodelle, die neben dem Regionalbezug eine Möglichkeit zur Darstellung des regionalwirtschaftlichen Mehrwertes des Stromvertriebs aufzeigen, werden daher im Nachfolgenden höherwertig eingestuft (Bewertung: „+“). Die Möglichkeit zum Aufzeigen eines regionalwirtschaftlichen Mehrwertes bietet das Modell A.2 durch die Einbindung regionaler Dienstleister bei der Projektierung des Anlagenausbaus.

Die Modelle D.1 bis D.4, welche eine Verwendung des RN vorsehen, bieten ebenso eine Möglichkeit zum Aufzeigen einer regionalwirtschaftlichen Wertschöpfung. Der im Zusammenhang mit RN beschaffte Strom kann in Höhe des Stromanteils „erneuerbare Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“ zur Stromversorgung eingesetzt werden. Dieser Stromanteil ist, wie in Abschn. 2.2.2 (Teil 1) erläutert, von der Höhe der EEG-Umlagezahlungen der LV abhängig. Der LV bekommt in der Rechnung ausgewiesen, zu welchen Anteilen die Strommenge „erneuerbare Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“ regional erzeugt wurde. Umgekehrt ermöglicht dies den Stromvertrieben eine Aussage darüber, welcher Anteil der EEG-Umlagezahlungen der Kunden aus bilanzieller Sicht zur Förderung von EE-Anlagen in der Region eingesetzt wurde. Dies weist auf eine regionalwirtschaftliche Nutzung der EEG-Zahlungen hin und kann somit vom LV, gemäß obenstehender Angabe, als nutzenstiftende Differenzierung wahrgenommen werden.

In Tab. C.6 wird die erläuterte Zuordnung der bzgl. des Kriteriums „Differenzierungsmöglichkeiten“ relevanten Eigenschaften dargestellt und hierdurch die Rangfolge der Vermarktungsmodelle bzgl. des genannten Kriteriums abgeleitet.

Abb. C.6
figure 20

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der Differenzierungsmöglichkeiten. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.7 Betriebswirtschaftliche Umsetzbarkeit

Hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Umsetzbarkeit sollen die Vermarktungsmodelle insbesondere in Hinblick auf den jeweiligen internen Abwicklungsaufwand und die Kosten der Strom- und Nachweisbeschaffung untersucht werden. Die diesbezüglichen Unterschiede zwischen den Vermarktungsmodellen werden im Nachfolgenden aufgezeigt.

Vermarktungsmodelle, die eine Einbindung von HKN beliebigen Ursprungs vorsehen, werden bzgl. der Strom- und Nachweisbeschaffung in Tab. C.7 mit „0“ bewertet, denn für HKN eines beliebigen Ursprungs können bspw. norwegische HKN genutzt werden, welche aufgrund des Überangebots preisgünstig zur Verfügung stehen (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1).

Die Beschaffung von direktvermarktetem Strom ist im Vergleich zur Beschaffung von Strom über die sonstige Direktvermarktung günstiger realisierbar (Agora 2015), da der Anlagenbetreiber neben den Erlösen aus der Vermarktung die Marktprämie erhält (vgl. Abschn. 2.1.1, Teil 1). Aus diesem Grund wird Vermarktungsmodellen, die direktvermarkteten Strom nutzen, die Bewertung „+ +“ zugeordnet. Für Modell C.1 ist jedoch eine zusätzliche Beschaffung von HKN vorgesehen. Um dies zu berücksichtigen, wird dem Modell bzgl. der Strom- und Nachweisbeschaffung die Bewertung „+“ gegeben. Bei den Modellen D.1 bis D.4 wird u. a. ebenfalls direktvermarkteter Strom genutzt. Die betriebswirtschaftliche Umsetzbarkeit der Strom- und Nachweisbeschaffung ist jedoch zusätzlich durch die Beschaffung der RN geprägt; diese wird im Nachfolgenden näher betrachtet.

Vermarktungsmodelle, die eine Verwendung von deutschen HKN (HKN aus der Region) vorsehen, werden aufgrund des mit HKN dieser Qualität in Verbindung stehenden hohen Beschaffungspreises in Tab. C.7 der Strom- und Nachweisbeschaffung mit „−“ bewertet (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1).

Der Marktwert für RN wird sich erst in Zukunft zeigen. Fest steht jedoch, wie in Abschn. 2.2.2 (Teil 1) erläutert, dass sich die Marktprämie für den Betreiber einer Bestandanlage durch die Ausstellung von RN um 0,1 €-ct/kWh (entspricht 1,0 €/MWh) reduziert. Es wird die Annahme getroffen, dass sich die Anlagenbetreiber diesen Nachteil der reduzierten Vergütung von den Händlern bzw. Stromvertrieben beim Verkauf der RN monetär kompensieren lassen. Aus diesem Grund kann davon ausgegangen werden, dass sich der letztendliche Marktpreis der RN deutlich oberhalb der norwegischen HKN-Preise bzw. im Preisbereich der deutschen HKN befinden wird (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1). Modelle, welche die Verwendung von RN vorsehen, werden daher in Tab. C.7 bzgl. der Strom- und Nachweisbeschaffung ebenfalls mit „−“ berücksichtigt. Die Mehrkosten für Nachweise aus Deutschland machen sich insbesondere bei jenen Modellen bemerkbar, die neben der Einbindung von regionalen HKN die Verwendung von RN vorsehen (Modelle D.2 und D.3). Diese werden bzgl. der Strom- und Nachweisbeschaffung mit „− −“ bewertet.

Für die Nutzung des Herkunftsnachweis- (HKNR) und Regionalnachweisregisters (RNR) sind, gemäß den Angaben in Abschn. 2.1.2 und 2.2.2 (Teil 1), durch die Stromvertriebe Gebühren an das UBA zu entrichten (UBA 2017c). Die Höhe der Gebühren für die Nutzung des RNR war zum Zeitpunkt der vorliegenden Masterarbeit noch nicht determiniert. Es wurde daher die Annahme getroffen, dass sich diese an den Gebühren des HKNR orientieren und somit keinen differenzierten Einfluss auf die betriebswirtschaftliche Umsetzbarkeit der betroffenen Vermarktungsmodelle nehmen. Bezüglich der Bedienung des RNR durch Stromvertriebsmitarbeiter ist außerdem laut UBA (2017b) kein erhöhter interner Abwicklungsaufwand zu erwarten, sofern den Vertriebsmitarbeitern die Bedienung des HKNR bereits vertraut ist. Der Grund ist, dass sich das HKNR und das RNR in ihrem Aufbau stark ähneln werden (UBA 2017b).

Laut (UBA 2014) verursachen bilaterale Abkommen zwischen Anlagenbetreibern und Stromvertrieben keine hohen Transaktionskosten. Dennoch ist davon auszugehen, dass eine gekoppelte Beschaffung von regionalen HKN und regional erzeugtem Strom (Modelle B.2 und D.3) mit einem höheren internen Abwicklungsaufwand verbunden sein wird (Bewertung: „−“) als die Beschaffung von regionalen HKN über einen Händler und eine hiervon getrennte Strombeschaffung über die Börse (Modell B.1). Letztgenanntes wird daher in Tab. C.7 bzgl. des Attributes „interner Abwicklungsaufwand“ mit „+“ bewertet.

Die Beschaffung von Strom über die Direktvermarktung (Modelle C.1, C.2 und D.4) setzt ebenfalls einen bilateralen Vertrag zwischen Stromvertrieb und Anlagenbetreiber bzw. Direktvermarkter voraus (AEE 2014). Den betroffenen Modellen wird daher bzgl. des internen Abwicklungsaufwandes auch die Bewertung „−“ zugeordnet.

Den Vermarktungsmodellen D.1 bis D.4 liegt in Bezug auf den Stromanteil „erneuerbare Energien, finanziert aus der EEG-Umlage“, wie in Abschn. 2.2.2 (Teil 1) beschrieben, ebenfalls eine gekoppelte Beschaffung von RN und Strom zugrunde. Hierdurch ergibt sich ein höherer interner Abwicklungsaufwand aufgrund der Notwendigkeit von bilateralen Verträgen zwischen Anlagenbetreiber und Stromvertrieb. Hinzu kommt, dass die beim RN notwendige regionenscharfe Zuordnung von EE-Anlagen und LV insbesondere für bundesweit agierende Stromvertriebe einen sehr hohen zusätzlichen internen Abwicklungsaufwand bedeuten (Buchmüller 2016). Diesen Vermarktungsmodellen wird daher die Bewertung „− −“ bzgl. des internen Abwicklungsaufwands zugeordnet. Hierbei erhöht sich der jeweilige interne Abwicklungsaufwand, je nachdem welche Beschaffungsform für den verbleibenden Stromanteil „sonstige erneuerbare Energien“ vorgesehen ist (vgl. Abschn. 2.2.2, Teil 1).

Den geringsten internen Abwicklungsaufwand weisen die Modelle A.0 und A.1 auf. Die entkoppelte Beschaffung der hier vorgesehenen HKN beliebigen Ursprungs kann genau wie die Strombeschaffung über die Börse realisiert werden (Bewertung: „+ +“). Ein deutlich höherer interner Abwicklungsaufwand ist mit Modell A.2 verbunden. Hier muss die anteilige Investition der Vertriebserlöse in den regionalen EE-Anlagenausbau umgesetzt werden (Bewertung: „− −“).

Falls der Stromanbieter mehr RN beschafft als er letztlich zur Stromkennzeichnung nutzen kann, besteht bei den Modellen D.1 bis D.4 das Risiko, dass der Mehrwert der überschüssigen RN ungenutzt bleibt. Der Grund ist, dass die Veräußerung der überschüssigen RN nur in Verbindung mit der zugrundeliegenden Strommenge möglich ist (vgl. Abschn. 2.2.2, Teil 1) und die RN nur für jene Stromversorger interessant sind, deren LV in einem Umkreis von ca. 50 km um den Ursprungsort des Nachweises leben (vgl. Abschn. 2.1.2, Teil 1). Eine Veräußerung der überschüssigen RN wird hierdurch äußerst unwahrscheinlich. Dieses Risiko besteht für die anderen Vermarktungsmodelle nicht. Auch HKN, die an die zugrundeliegende Strommenge gekoppelt beschafft wurden, können ohne die entsprechende Strommenge weiterverkauft werden. Sie verlieren hierbei lediglich die Eigenschaft der optionalen Kopplung (UBA 2012).

In Tab. C.7 werden die vorangegangenen Erläuterungen zusammengefasst und die sich hieraus ergebende Rangfolge der Vermarktungsmodelle bzgl. des Kriteriums „Betriebswirtschaftliche Umsetzbarkeit“ dargestellt.

Abb. C.7
figure 21

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der betriebswirtschaftlichen Umsetzbarkeit. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.8 Mehrzahlungsbereitschaft

Im Nachfolgenden wird die zusätzliche Zahlungsbereitschaft der LV eingeschätzt, welche durch die verschiedenen Attribute der Vermarktungsmodelle generiert werden kann.

In Kaenzig et al. (2013) und DIHK (2014) wurde aufgezeigt, dass sowohl im Haushalts- als auch im Geschäftskundensegment eine hohe zusätzliche Zahlungsbereitschaft für Grünstrom vorhanden ist. Der Grünstromeigenschaft wird daher bzgl. einer Mehrzahlungsbereitschaft die Bewertung „+ + +“ zugeordnet (vgl. Tab. C.8). Ausschließlich dem Vermarktungsmodell C.2 wird eine „0“ zugeordnet, da es aufgrund des Doppelvermarktungsverbots nicht explizit mit der Grünstromeigenschaft beworben werden kann (vgl. Abschn. 3.1.3, Teil 1).

Für die regionale Herkunft des Stroms besteht ebenfalls sowohl im Haushalts- als auch im Geschäftskundensegment eine zusätzliche Zahlungsbereitschaft (Kaenzig et al. 2013; DIHK 2014). Diese ist jedoch nach Kaenzig et al. (2013) und DIHK (2014) im Vergleich zur Mehrpreisbereitschaft gegenüber der Grünstromeigenschaft weniger stark ausgeprägt. Da die LV weniger Mehrkosten in Kauf nehmen, wird die Zahlungsbereitschaft bzgl. der Regionalstromeigenschaft mit „+ +“ bewertet. Vermarktungsmodelle, die zwar einen Regionalbezug vorweisen, jedoch keine Versorgung mit regional erzeugtem Strom vorsehen (Modell A.1 und A.2), erhalten eine abgeminderte Bewertung (Bewertung: „+“).

Auch Investitionen des Stromanbieters in den EE-Anlagenausbau haben eine Mehrpreisbereitschaft beim LV zur Folge (Mattes 2012). Da jedoch gemäß der Studie von Bettinger und Holstenkamp (2015) das Ausmaß der Mehrzahlungsbereitschaft unsicher ist, und die Wertigkeit dieser Eigenschaft von der Akzeptanz der LV gegenüber der regionalen Energiewende abhängt (vgl. „Ausprägung des regionalen Bezugs“, Anhang C), wird diese Modelleigenschaft mit „+“ bewertet.

In Yang et al. (2016) wurde aufgezeigt, dass Haushaltkunden eine höhere Zahlungsbereitschaft gegenüber Grünstromtarifen aufweisen, die auf einen Mix an erneuerbaren Energien zurückgreifen. Stromtarife, die ausschließlich eine Vermarktung von Strom aus Wasserkraftwerken vorsehen, wird sowohl im Haushalts- als auch im Geschäftskundensegment die geringste Wertschätzung entgegen gebracht (Sundt und Rehdanz 2015; DIHK 2016). Vermarktungsmodellen, die gemäß den Untersuchungen in „Differenzierungsmöglichkeiten“ (Anhang C) ein hohes Potenzial zur Diversifizierung der EE-Anlagentechnologien vorweisen, werden daher bzgl. einer Mehrzahlungsbereitschaft mit „+ +“ bewertet. Modelle, welche diesbezüglich ein geringeres Potenzial vorhalten, werden hingegen mit einer geringeren zusätzlichen Zahlungsbereitschaft berücksichtigt (Bewertung: „+“).

Die spezifischen Mehrzahlungsbereitschaften bzgl. der genannten Vermarktungsmodelleigenschaften werden in Tab. C.8 den Vermarktungsmodellen entsprechend der jeweiligen Erfüllung der betrachteten Eigenschaften zugeordnet. Hieraus ergibt sich die Rangfolge der Vermarktungsmodelle bezüglich des Kriteriums „Mehrzahlungsbereitschaft“.

Abb. C.8
figure 22

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. der Mehrzahlungsbereitschaft. Quelle: Eigene Darstellung

3.1.9 Absatzpotenziale

Das Absatzpotenzial ist von der kundenseitigen Nachfrage abhängig und wird daher über das jeweilige Potenzial der Vermarktungsmodelle zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse eingeschätzt. Hierfür werden die aus Kundensicht markanten Eigenschaften der Vermarktungsmodelle hinsichtlich der Kundenbedürfnisse untersucht.

Im Allgemeinen kann aufgrund der im vorangegangenen Abschnitt diesbezüglich aufgezeigten Mehrzahlungsbereitschaft konstatiert werden, dass ein Kundenbedürfnis für Strom mit erneuerbarem Ursprung besteht. Da jedoch der gesamte Grünstromabsatz hinsichtlich der Gesamtsumme des Stromabsatzes in Deutschland bei nur 11,9 % liegt (BNetzA 2016), wird das Absatzpotenzial der Vermarktungsmodelle bzgl. der Grünstromeigenschaft in Tab. C.9 mit „+“ bewertet. Dem Vermarktungsmodell C.1 kann als einziges der betrachteten Vermarktungsmodelle kein Absatzpotenzial bzgl. der Grünstromeigenschaft zugeordnet werden, da die erneuerbare Eigenschaft aufgrund des Doppelvermarktungsverbots nicht zur Vermarktung genutzt werden darf (vgl. Abschn. 3.1.3; Teil 1).

Laut Agora (2015) und (UBA 2016b) treffen Regionalstromprodukte im Allgemeinen auf ein Kundeninteresse. In Tabi et al. (2014) konnte für regionale Grünstromprodukte eine spezifische Zielgruppe definiert werden, welche ein Viertel der in dieser Studie befragten Haushaltskunden repräsentierte. Die Zielgruppe für regionale Grünstromprodukte ist, wie auch durch Bettinger und Holstenkamp (2015) beschrieben, nicht durch Haushaltskunden definiert, die bereits Grünstrom beziehen (Tabi et al. 2014). Grünstromprodukte, die einen regionalen Bezug vorweisen, ermöglichen somit den Stromabsatz durch Neukundenakquisition außerhalb des regulären Grünstromkundensegments zu steigern. Eine Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2016 zeigte zudem, dass zwei Drittel der befragten Haushaltskunden bevorzugt Strom aus regionalen Windenergieanlagen beziehen würden, wenn dieser entsprechend gekennzeichnet wäre (Forsa 2016b). Das Kundeninteresse an regional erzeugtem Grünstrom besteht hierbei über alle Altersgruppen hinweg (Forsa 2016a).

Laut DIHK (2016) ist die derzeitige Stagnation der Entwicklung der Grünstromnachfrage im Geschäftskundensegment damit zu begründen, dass die Unternehmen bei den bisherigen Grünstromprodukten den Beitrag zur deutschen Energiewende vermissen. Nach Schweins (2015) werden regionale Grünstromprodukte diesem Kundenbedürfnis eher gerecht als Grünstromprodukte, die HKN aus dem Ausland einbinden. Im Geschäftskundensegment könnte demnach ein zusätzliches Absatzpotenzial durch regionale Grünstromprodukte erschlossen werden.

Diese Annahme wird dadurch bestärkt, dass die seit 1. Januar 2017 verpflichtende CSR-BerichtspflichtFootnote 9 (EU 2014) dazu führen könnte, dass Unternehmen durch den Bezug von regionalem Grünstrom ihr nachhaltiges Engagement in der Region stärken. Gemäß BMFSFJ (2012) konzentrierten sich fast 90 % der Unternehmen in der Vergangenheit mit ihren CSR-Maßnahmen auf das direkte Umfeld ihres Standortes.

Da gemäß den obigen Ausführungen insbesondere in Bezug auf Haushaltskunden auch abseits der Grünstromnische ein Kundeninteresse an regional erzeugtem Strom besteht, wird der Regionalstromeigenschaft im Vergleich zur Grünstromeigenschaft ein höherer Einfluss auf das Absatzpotenzial der betrachteten Grünstromvermarktungsmodelle zugeteilt. Die Regionalstromeigenschaft wird daher hinsichtlich des Absatzpotenzials mit „+ +“ bewertet. Die Vermarktungsmodelle A.1 und A.2 weisen zwar einen Regionalbezug auf, sehen jedoch keine Versorgung mit regional erzeugtem Strom vor; sie erhalten daher lediglich die Bewertung „+“.

Wie bereits in „Mehrzahlungsbereitschaft“ (Anhang C) erläutert, sind den Haushaltskunden mehrheitlich Investitionen des eigenen Stromversorgers in den Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig. Die Wertigkeit der Reinvestition eines definierten Anteils der Erlöse in den regionalen Ausbau der EE-Anlagen hängt jedoch von der Akzeptanz der LV gegenüber der regionalen Energiewende ab (vgl. „Ausprägung des regionalen Bezugs“, Anhang C). Aus diesem Grund wird das Absatzpotenzial des Vermarktungsmodells A.2 hinsichtlich der Reinvestitionen in erneuerbare Energien lediglich mit der Bewertung „+“ berücksichtigt.

Die Diversität der eingebundenen erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen hat, wie bereits unter „Differenzierungsmöglichkeiten“ (Anhang C) beschrieben, Einfluss auf die Attraktivität eines Grünstromproduktes. Daher wird angenommen, dass mit dem Potenzial der betrachteten Vermarktungsmodelle zur Diversifizierung der eingebundenen Anlagentechnologien auch das jeweilige Absatzpotenzial steigt. Aus diesem Grund wird den Vermarktungsmodellen, gemäß den jeweiligen Diversifizierungspotenzialen aus Tab. C.6 (vgl. „Differenzierungsmöglichkeiten“, Anhang C), ein entsprechendes Absatzpotenzial bzgl. dieser Eigenschaft zugeschrieben. In Tab. C.9 werden die jeweiligen Absatzpotenziale in Abhängigkeit der Vermarktungs-modelleigenschaften dargestellt und hieraus eine entsprechende Rangfolge der Modelle bzgl. des untersuchten Kriteriums abgeleitet.

Abb. C.9
figure 23

Bewertung der Grünstromvermarktungsmodelle bzgl. des Absatzpotenzials. Quelle: Eigene Darstellung

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Peters, P.C., Madlener, R. & Schemm, R. Potenziale zur Erhöhung des regionalen Markenkerns im Stromvertrieb am Beispiel der regionalen Grünstromkennzeichnung gemäß EEG 2017: Teil 2 (Multikriterien-Analyse). Z Energiewirtsch 42, 57–87 (2018). https://doi.org/10.1007/s12398-017-0214-y

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