Die Fortschritte in der Krebsmedizin sind beeindruckend. Aber oft genug sind unsere Möglichkeiten ausgeschöpft, ohne dass wir die Erkrankung der Patient*innen heilen konnten. Es ist gut, dass die Palliativmedizin in der Krebstherapie mittlerweile etabliert ist und von Anfang an mitgedacht wird. So liegt der Fokus nicht mehr auf Heilungsversuchen um jeden Preis, sondern auf der bestmöglichen Lebensqualität für unsere Patient*innen.

Der Begriff der Palliativmedizin leitet sich vom lateinischen Wort „palliare“ ab, was so viel heißt wie „mit einem Mantel umhüllen“. In Deutschland ist sie noch ein recht junges Fach: 1983 etablierte hier der damalige Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik zu Köln, Prof. Dr. Dr. Heinz Pichlmaier, innerhalb der Chirurgie die erste Station für palliative Therapie, ein Jahr später ergänzt durch einen Hausbetreuungsdienst und das „Bildungsforum Chirurgie“ – sämtlich gefördert durch die Deutsche Krebshilfe. 1994 dann gründete er die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Seit 2010 ist die Palliativmedizin fester Bestandteil der ärztlichen Ausbildung. Seitdem hat sie sich rasant weiterentwickelt und ist integraler Bestandteil der Onkologie geworden. In der Onkologie ist es Standard, dass interdisziplinäre und multiprofessionelle Teams die Diagnosen stellen und die Erkrankungen behandeln. Das trifft ebenso auf die palliative Versorgung zu. Die enge Zusammenarbeit mit den Patient*innen, ihren Angehörigen und einem interdisziplinären Team aus Ärzt*innen, Pflegekräften, Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen sowie Seelsorgenden spielt eine zentrale Rolle.

In zertifizierten Zentren ist die palliative Versorgung nicht mehr wegzudenken. Vielleicht erweckt der Begriff der Palliation zunächst den Gedanken an die letzten Lebenstage von Patient*innen. Die palliative Behandlung hat sich jedoch über die Jahre weiter ausdifferenziert und steht jetzt für eine hohe Lebensqualität über die Behandlungsdauer hinweg – bis zum Lebensende. Menschen mit einer Krebserkrankung im fortgeschrittenen Stadium profitieren von einer palliativen Begleitung. Effektive Schmerztherapie, Linderung von Therapienebenwirkungen und Krankheitssymptomen, aber auch Hilfsangebote bei Depressionen und Ängsten gehören zu dieser Begleitung.

Eine Erkrankung wie Krebs wirft bei vielen Menschen existenzielle Fragen auf. Die Palliativmedizin kann hierfür einen Raum bieten. Ziel ist es, dass die Patient*innen und ihre Angehörigen weiter ein möglichst normales Leben führen können. Die palliative Begleitung ist dafür schon früh im Krankheitsverlauf hilfreich.

Diese Ausgabe von FORUM leistet einen wertvollen Beitrag zur Verbreitung von Wissen und Erfahrungen über und aus der Palliativmedizin. Der fachliche Austausch, innovative Forschungsergebnisse und Best-Practice-Beispiele sind von unschätzbarem Wert für alle, die sich in der Versorgung von Krebspatient*innen engagieren. Die hier präsentierten Artikel sollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Palliativmedizin in der Onkologie noch besser verankert wird und die Qualität der Versorgung kontinuierlich steigt.

Ich möchte alle Leser*innen ermutigen, die Erkenntnisse in ihre tägliche Arbeit mitzunehmen. Palliativmedizin hat nichts damit zu tun, die Hoffnung aufzugeben. Denken wir die palliative Versorgung bereits frühzeitig mit und vermitteln dies unseren Patient*innen. Dann können wir dazu beitragen, dass diese Menschen bestmöglich begleitet werden und eine bessere Lebensqualität erhalten.

Danken möchte ich allen Kolleg*innen, die in der Palliativmedizin jeden Tag Herausragendes leisten. Danke für Ihre Empathie und Fachkompetenz, die das Leben so vieler unserer Patient*innen positiv beeinflussen. Und da die medizinische Entwicklung nicht stehenbleibt, weder in der Onkologie noch in der Palliativmedizin: vielen Dank an alle Forscher*innen, die sich für diesen Fortschritt einsetzen. Ich bin gespannt, was die Zukunft in diesem Bereich bringen wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierende Lektüre und hoffe, dass dieser inhaltliche Schwerpunkt bewirkt, dass die Palliativmedizin weiterhin die Aufmerksamkeit und Anerkennung erhält, die sie verdient.

Herzliche Grüße

Ihr Michael Ghadimi

Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft