Krebskranke Menschen benötigen vielfach Hilfe, die über die körperliche Behandlung ihrer Erkrankung hinausgeht. Ambulante Krebsberatungsstellen übernehmen hier eine wichtige Aufgabe – zusammen mit niedergelassenen Ärzt*innen sowie ärztlichen und psychologischen Psychotherapeut*innen dienen sie als Anlaufstellen bei psychosozialen Belastungen. In der Vergangenheit war die Finanzierung dieses niederschwelligen Beratungsangebots aber nicht langfristig gesichert, eine kontinuierliche Arbeit der Beratungsstellen kaum möglich. Durch die Einführung von §65 e in das SGB V soll sich das jetzt ändern.

Das Gesetz schafft den Rahmen für eine Förderung der ambulanten Krebsberatungsstellen durch Mittel des GKV-Spitzenverbands. Der Spitzenverband hat sich nun bereit erklärt, ambulante Krebsberatungsstellen mit einem Gesamtbetrag von jährlich bis zu 21 Mio. € zu fördern. Diese Förderung gilt ab dem 1. Juli 2020 rückwirkend für das gesamte Jahr 2020.

Voraussetzung für eine Förderung: Die Krebsberatungsstellen müssen die Qualitätskriterien erfüllen, die die Kassen bis Mitte 2020 noch festlegen werden – welche das genau sind, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht klar. Orientierung bietet ein Grundsatzpapier, das von Experten im Rahmen des Nationalen Krebsplans (NKP) erarbeitet und am 21. Januar 2020 veröffentlicht wurde.

Der Beratungsbedarf der Betroffenen ist wissenschaftlich belegt, das Spektrum der Beratungsthemen breit: Es reicht von psychischen Belastungen hin zu existenziellen Fragen, die sozialrechtliche Kompetenz erfordern. Die Expert*innen des NKP-Papiers unterscheiden deshalb zwischen psychosozialer Beratung mit psychologischer und sozialer Schwerpunktsetzung. Häufig sind beide Themenbereiche Gegenstand der Beratung und überschneiden sich. Deshalb müssen Krebsberatungsstellen auch beides abbilden – durch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter*innen. Darüber hinaus empfehlen die Expert*innen auch die Einhaltung bestimmter Standards beim Qualitätsmanagement, bei der Dokumentation, der Supervision und bei Fortbildungen.

Grundsätzlich ist es sehr begrüßenswert, dass durch die Beteiligung der Kassen ein erster Schritt hin zu mehr Kontinuität der Krebsberatung erfolgt. Zwar entsteht durch dieses Finanzierungsmodell eine Wettbewerbssituation: Jeder, der die entsprechende Struktur- und Prozessqualität bietet, kann auf dem Beratungsmarkt agieren. Doch die Landeskrebsgesellschaften, die derzeit in ca. 130 Beratungsstellen bundesweit psychosoziale Hilfe anbieten, haben sich im Laufe ihrer Arbeit sehr für die Qualitätsentwicklung in Krebsberatung engagiert und sind entsprechend gut aufgestellt.

Die vereinbarte Finanzierung durch die Kassen deckt jedoch nur 40 Prozent der Kosten ambulanter Krebsberatung. Die restlichen Kosten sollen durch die Rentenversicherungsträger, die Länder und aus Eigenmitteln der Träger aufgebracht werden. In seiner Sitzung am 04.12.2019 hatte der Bundesrat dazu aufgefordert, möglichst rasch eine abschließende Regelung zu finden. Entscheidend für die Betroffenen sind dabei einheitliche Angebote, die unabhängig vom Wohnort einen niederschwelligen Zugang ermöglichen. Erste Gespräche mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Rentenversicherungsträgern haben stattgefunden – die Beteiligten bemühen sich, ein gutes Beratungsangebot zu schaffen. Ich hoffe sehr auf eine zeitnahe Lösung. Denn wenn die übrigen Finanzierungspartner nicht nachziehen, dann kommen die Beratungsstellen in eine Schieflage, weil sie wesentliche Teil des Beratungsbedarfs nicht finanziert bekommen.

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Ihr Olaf Ortmann

Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft