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Krebsmedizin gilt als teuer. Schuld daran sind unter anderem die massiven Preise der medikamentösen Tumortherapie. Behandlungen, deren Jahreskosten 100.000 € übersteigen, sind heute keine Seltenheit. Diese Entwicklung sollte allerdings differenziert betrachtet werden.

Gesundheitsökonomen betonen die höchst unterschiedlichen Perspektiven, wenn von Kosten die Rede ist. Betrachtet man die Krankheitskosten, so zeigt sich, dass die von Krebs verursachte Krankheitslast für nahezu ein Fünftel der gesamten Krankheitslast, also der krankheitsbedingt verlorenen Lebenszeit und Lebensqualität, der deutschen Bevölkerung verantwortlich ist. Dies bedeutet, dass die intangiblen Kosten außerordentlich hoch sind, so Michael Schlander in diesem Heft. Demgegenüber entfielen 2015 nur rund sechs Prozent der deutschen Gesundheitsausgaben von 343 Mrd. € auf bösartige Erkrankungen. Der Anteil der Kosten der Krebsmedizin an den gesamten Gesundheitsausgaben ist zudem seit 2004 weitgehend stabil; es gibt insoweit keinen Hinweis auf überproportionale Ausgaben.

Die von Patienten erlebte gesundheitsbezogene Lebensqualität und Kosten erscheinen auf den ersten Blick nicht gemeinsam messbar. Dennoch ist eine ökonomische Bewertung des subjektiven Werts einer Behandlung unumgänglich, wenn wir Lebensqualität als ein Therapieziel anerkennen. Die ökonomische Bewertung von Lebensqualität ist methodisch komplex, jedoch möglich und sinnvoll. Gesundheitsbezogene Lebensqualität in ökonomischen Evaluationen zu berücksichtigen, trägt dazu bei, die onkologische Versorgung gezielt an der Erlebensrealität des Patienten zu orientieren, so Markus Antonius Wirtz in diesem FORUM.

Welche Mechanismen werden benötigt, um Innovationen in eine finanzierbare Versorgung zu integrieren? Florian Kron und Michael Hallek stellen das Konzept der Wissensgenerierenden Versorgung, eine Initiative unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft vor. Als Teil dieses Konzepts sollen regionale translationale Tumorboards in enger Kooperation mit den betreuenden Ärzten agieren und die innovativen Behandlungsdaten in Krebsregistern dokumentieren. Dabei werden digitale Instrumente zur Datenaggregation und -analyse benötigt. Thomas Seufferlein stellt in seinem Beitrag aktuelle Forschungskonzepte und Förderinstrumente dar, um dem Thema der Innovation in der personalisierten Krebsmedizin gerecht zu werden. Ein geeignetes Modell ist das von der Deutschen Krebshilfe unterstützte und an universitären Krebszentren etablierte Nationale Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs.

Zu den unterschiedlichen Perspektiven der Kostenbetrachtung in der Krebsmedizin tragen auch die Beiträge von Kostenträgern und von Patientenvertretern bei. Christoph Straub und Ursula Marschall erläutern den Wert von Routinedaten, die für die Abrechnung von Leistungen zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen generiert werden. Diese bilden eine immer wichtiger werdende Basis für die Versorgungsforschung ab. Sie beschreiben Inhalt und Struktur von Sekundärdaten und benennen dabei neben Vorteilen auch ihre Limitationen. Interessant ist vor allem, wie Krankenkassen die Ergebnisse der Versorgungsforschung nutzen können, um Defiziten im Versorgungsalltag zu begegnen. Günter Feick und Jens-Peter Zacharias vom Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. bejahen eine ökonomische Betrachtung der Krebsmedizin, solange dies der Qualitätsverbesserung und gerechten Verteilung von Leistungen dient. Eine Optimierungen der Qualität im Gesundheitswesen durch Messung, Vergleich und Veröffentlichung klinischer und von Patienten berichteter Behandlungsergebnisse ist möglich und bereitet wertbasierter Medizin den Weg, so die Autoren.

Wir wollen mit diesem und dem kommenden FORUM eine differenzierte Betrachtung der Kostenentwicklung und Ökonomie in der Krebsmedizin fördern. Wichtig ist, dass wir Innovationen nicht alleine als Kostenrisiko, sondern vor allem als Chance begreifen, die Behandlung von Krebs wirksamer, zielgerichteter und wertorientiert zu gestalten. Dies kann letztendlich auch zu einer Kosteneffizienz in der Krebsmedizin beitragen.

Ihr

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Florian Lordick