Liebe Leserinnen und Leser,

die Idee, Controlling auf den öffentlichen Sektor zu übertragen, geht auf die 1980er Jahre zurück - viel Zeit ist also vergangen, um die neue Form der Steuerung zu verankern. Mittlerweile gibt es, wie auch die Beispiele in dieser Ausgabe zeigen, viele Exempel dafür, dass dies erfolgreich gelungen ist. Von einem durchschlagenden Erfolg kann aber nicht die Rede sein.

Ein wesentlicher Grund dafür sind häufig begangene Einführungsfehler. Controlling wurde in vielen Behörden viel zu instrumentell aufgesetzt. Ein gutes Beispiel ist der Fokus auf die Kosten- und Leistungsrechnung, der man eine zentrale Rolle in der Umgestaltung zuerkannte. Sie hatte aber eher verbrannte Erde als eine Veränderung des Verhaltens der Führungskräfte zur Folge. Bei der Veränderung der Führungskultur ausschließlich auf Instrumente zu setzen, funktioniert nicht. Zudem wurde Controlling von Beratern häufig als eine Art Heilslehre verkauft und die bestehende bürokratische Steuerung als völlig überkommen diskreditiert. Das zeugte allerdings eher von der Unkenntnis der Berater und einem gänzlichen Unverständnis darüber, wie man die Fähigkeiten der Beamten bei der Veränderung für beide Seiten nutzbringend einsetzen konnte. Schließlich zählte zur Heilslehre auch, dass alles in den Behörden quantifiziert werden müsse, Leistungen ebenso wie ihre Erfolge und ihre Wirkungen. Dies wird aber den speziellen Aufgaben der Behörden nicht gerecht. Sie erbringen keine standardisierten Sachleistungen. Dienstleistungen sind schwerer zu quantifizieren, und eine Abbildung des Abbildbaren würde dazu führen, dass diese Facetten im Fokus stehen zulasten der anderen. Daran kann niemandem gelegen sein.

Hinderlich für den bislang nur begrenzten Einführungserfolg von Controlling waren weiterhin zwei Charakteristika des öffentlichen Sektors, die die Veränderungsfähigkeit und Veränderungsgeschwindigkeit stark einschränken. Zum einen ist dies das Gebot der Rechtmäßigkeit des Handelns. Dieses ist zwar auch Unternehmen nicht fremd, in Behörden aber viel granularer ausgeprägt. Gegen alles und jedes zu klagen, ist dort - so hat man Eindruck - zum Volkssport geworden. Dies erschwert Veränderungen, insbesondere solche, die grundsätzlicher Natur sind. Zum anderen unterliegen Behörden keinem Existenzdruck, der Unternehmen in den Märkten stets begleitet. Existenzkrisen sind der stärkste Hebel, grundlegende Veränderungen zu ermöglichen. Diesen erfahren Behörden nicht oder nur in Ausnahmefällen.

Der öffentliche Bereich erweist sich also für das Controlling als ein sehr dickes Brett. Das verurteilt Einführungsprojekte, die nur auf wenige Jahre ausgelegt sind, von vornherein zum Scheitern. Schlimmer noch: Sie diskreditieren das neue Steuerungskonzept als offensichtlich unpassend und unwirksam und schaffen verbrannte Erde. Wer erfolgreich einführen will, braucht viel mehr Zeit, braucht eine Behördenleitung, die glaubhaft für die Veränderung steht, und von der zu erwarten ist, dass sie den Einführungsprozess lange vorantreiben kann. Ein Einführungserfolg braucht zudem eine starke kulturelle Perspektive, die den Grund der veränderten Steuerung für jeden fassbar macht und versucht, jeden auf dem Weg der Veränderung mitzunehmen. Die Kultur frisst die Strategie zum Frühstück: Das gilt auch hier. Eine Reihe von Beispielen zeigt, dass Controlling im öffentlichen Sektor dennoch funktionieren kann. Viele haben den Marathonlauf aber noch vor sich. Er wird bekanntermaßen im Kopf gewonnen.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen Ihnen

figure 1

Utz Schäffer

figure 2

Jürgen Weber