Eine seit Jahren sinkende Auslastung und dazu die Corona-Pandemie erhöhen auch den Druck auf gemeinnützige Häuser, Controllinginstrumente auszubauen. Die Standards und Muster des Deutschen Vereins für Krankenhaus-Controlling e. V. (DVKC) sehen eine Steuerung bis auf Ebene der einzelnen Fachabteilungen vor.
Krankenhäuser in Deutschland, die sich in öffentlicher, freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft befinden und bis auf die privaten Häuser keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen, stehen aktuell vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Seit 2016 sinken bereits die Fallzahlen, und mit Beginn der COVID-19-Pandemie in 2020 sind die Fallzahlen gegenüber 2019 noch einmal massiv um rund zehn Prozent eingebrochen. Die durch die Bundesregierung geleisteten Ausgleichszahlungen wurden im Laufe des ersten Halbjahres 2022 eingestellt. Entscheidungen zu einer Fortführung der Ausgleichszahlungen sind angesichts der aktuellen Haushaltslage ungewiss. Bereits für 2021 haben 60 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland ein negatives Jahresergebnis erwartet. Und jedes zweite Haus rechnet laut dem Deutschen Krankenhausinstitut mit einer weiteren Verschlechterung seiner Situation. Gleichzeitig mehren sich die Stimmen von Experten, dass die Fallzahlen wegen einer allgemeinen Krankenhausskepsis und der politisch geförderten Ambulantisierung auf einem niedrigeren Niveau verharren könnten. Vor diesem Hintergrund ist es zwingend erforderlich, dass sich auch die gemeinnützigen Krankenhäuser den Fragen einer besseren Steuerung ihrer Kosten und einer Bereinigung ihres Leistungsportfolios stellen. Zum Verständnis der notwendigen Steuerungsinstrumente sind grundlegende Kenntnisse über die Krankenhausfinanzierung unabdingbar.
Grundsätze der Krankenhausfinanzierung
Die Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland ist in der Sozialgesetzgebung geregelt und unterliegt der Maxime der Beitragssatzstabilität. Damit soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der Krankenkassen nicht schneller steigen als deren Einnahmen aus den Beiträgen der Versicherten.
Im dual angelegten Finanzierungssystem werden die Betriebskosten der Krankenhäuser im Wesentlichen durch die Krankenkassen finanziert und die Investitionen durch die Bundesländer. Durch die ab 2003 schrittweise erfolgte Einführung einer pauschalierten Finanzierung der Krankenhausaufenthalte wurde das bis dahin vorherrschende Selbstkostendeckungsprinzip aufgegeben. Das System der "Diagnosis Related Groups" (DRGs, deutsch: Diagnosebezogene Fallgruppen) wurde aus Australien übernommen und auf deutsche Verhältnisse angepasst.
Abrechnung nach Fallpauschalen
Zielsetzungen des neuen Systems sollten sein, die im internationalen Vergleich ausgedehnten Verweildauern der Krankenhauspatienten zu reduzieren, ein Wettbewerbsdenken der Krankenhäuser zu entwickeln sowie Transparenz und Qualität der erbrachten Leistungen zu steigern. Bis dahin hatten die Krankenhäuser den überwiegenden Teil ihres Umsatzes durch mit Patienten belegte Betten erzielt, unabhängig von Schweregrad und Komplexität der Behandlung. Nun sollte das Geld der Leistung folgen (vergleiche Eisenmenger 2021, S. 9 f.).
Die nach dem neuen System durch die Krankenhäuser abzurechnenden Fallpauschalen werden jährlich vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) auf der Basis der Kostendaten von rund 300 Krankenhäusern kalkuliert. Im aktuellen Fallpauschalenkatalog sind rund 1.300 DRGs enthalten. Jeder DRG ist ein Relativgewicht zugeordnet, das die Kostenrelation zu den anderen DRGs angibt. Das Produkt aus Relativgewicht und dem auf Landesebene festgelegten Landesbasisfallwert ergibt im Wesentlichen den Betrag, den das Krankenhaus für eine Behandlung mit der Krankenkasse abrechnen darf. Beispielsweise können Krankenhäuser 2022 für eine Blinddarmentfernung nach der gängigen DRG G07B in Nordrhein-Westfalen 1,64 * 3.825,28 Euro = 6.273,46 Euro in Rechnung stellen.
Die Rahmenbedingungen und mit ihnen die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser dürften sich weiter verschlechtern.
Die Abrechnung der Fallpauschalen setzt eine Verhandlung von Leistungsbudgets zwischen den Krankenkassen und dem einzelnen Krankenhaus voraus. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass jedes Krankenhaus mit den Krankenkassen, deren Versicherten hauptsächlich im jeweiligen Krankenhaus behandelt werden, jährlich die Menge und Art der Behandlungen vereinbart. Über das Budget des Vorjahres hinausgehend neu verhandelte Leistungen werden in der Regel für drei Jahre mit einem sogenannten Fixkostendegressionsabschlag von 35 Prozent belegt, das heißt, der eigentlich im Fallpauschalenkatalog vorgesehene Betrag wird entsprechend reduziert. Damit soll die Mengenentwicklung begrenzt werden.
"Die Entwicklung und Nutzung einer Bereichsergebnisrechnung ist in Krankenhäusern zwar eine Herausforderung, allerdings existenziell wichtig."
Diese Regulatorik zwingt Krankenhäuser dazu, ihr Verhalten an die vorgegebenen Erlöse anzupassen. Mengenanpassungen sind angesichts sprungfixer Kostengrenzen (vor allem hinsichtlich der Personalkapazität) nur in einem behutsamen Maße möglich, weil die mit einem Fixkostendegressionsanschlag belegten Fälle sicher nur hinsichtlich der Steigerung der variablen Kosten finanziert sind.
Finanzierung von Investitionen und Mieten
In die Kalkulation der DRGs gehen Aufwendungen für die Finanzierung von Investitionen und Mieten nicht ein. Die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass die Bundesländer die Krankenhauslandschaft planen und die Investitionen der Krankenhäuser sicherstellen. Jedoch reichen die hierfür zur Verfügung gestellten Mittel nicht aus. Infolgedessen besteht ein erheblicher Investitionsstau. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) stellte dazu im vergangenen Jahr fest: "Dem vom InEK berechneten jährlichem Investitionsbedarf der Krankenhäuser in Höhe von derzeit sieben Milliarden Euro […] stehen tatsächliche Investitionen von drei Milliarden Euro gegenüber. Der bereits aufgelaufene Investitionsstau ist immens." (DKG 2021)
Deshalb müssen Krankenhäuser die notwendigen Investitionen zu einem erheblichen Teil aus Mitteln finanzieren, die eigentlich für die Betriebskosten vorgesehen sind. Insofern liegt es auf der Hand, dass auch gemeinnützige Krankenhäuser gezwungen sind, Überschüsse zu erwirtschaften und hierfür die Unterstützung durch ein effizientes und gutes Controlling benötigen. Im Verhältnis zu den Häusern der privaten Betreiber fallen Ergebniserwartungen der gemeinnützigen Häuser allerdings geringer aus, weil die Interessen ihrer Kapitalgeber nicht an Überschüssen orientiert sind.
Geeignetes Berichtswesen aufbauen
Eine gezielte Planung und Steuerung der Ergebnisse sind also auch für die gemeinnützigen Krankenhäuser notwendig. Dies verlangt entsprechende Transparenz, die über ein geeignetes Berichtswesen zu realisieren ist. Basisinstrumentarium ist der Akkord aus Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Die erforderlichen Ergebnisrechnungen beziehen sich auf die Einrichtungs- beziehungsweise Konzernebene, die Bereichsebene und die Ebene der Leistungsgruppen.
Es besteht ein großer Druck, Kosten anzupassen und das Leistungsportfolio zu straffen.
Welche Ergebnisse hat ein Haus erzielt?
Krankenhäuser sind nach der Krankenhaus-Buchführungsverordnung (KHBV) unabhängig von der Rechtsform verpflichtet, einen Jahresabschluss nach kaufmännischen Grundsätzen vorzulegen, der aus Bilanz, Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) und Anhang einschließlich Anlagennachweis besteht. Die KHBV gibt eine Gliederung für die GuV vor. In der Regel berichten die Krankenhäuser in monatlichen oder vierteljährlichen Abständen über die aktuelle Situation. Die Berichte auf der Konzern- und/oder Einrichtungsebene sind an die Aufsichtsgremien, die Konzernleitung sowie die Leitungsebene der Krankenhausunternehmen gerichtet. Weitere Adressaten sind die kreditgebenden Banken. Die Berichte sollen, ergänzt um aktuelle Steuerungsmaßnahmen, nach außen für Vertrauen in die Unternehmensführung sorgen und die Investitionsfähigkeit nachweisen. Nach innen soll Transparenz über die aktuelle Lage erzeugt, die Notwendigkeit noch durchzusetzender Maßnahmen begründet sowie der Erfolg bereits umgesetzter Maßnahmen aufgezeigt werden.
Das als Anlage 2 in der KHBV enthaltene Gliederungsschema der GuV ist sehr feingranular aufgebaut. Nicht berücksichtigt sind Investitions- und Finanzergebnis sowie die Ausweisung von Sondereffekten durch ein neutrales Ergebnis. Insofern ist eine nach diesem Muster erstellte GuV nur begrenzt brauchbar, um die Finanzierungsfähigkeit eines Krankenhauses und die Wirksamkeit eingeleiteter Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit zu beurteilen.
Eine durch das Bundesministerium für Gesundheit geförderte Arbeitsgruppe des Deutschen Vereins für Krankenhaus-Controlling e. V. (DVKC) hat deshalb "ein Schema entwickelt, das die Finanzierungsfähigkeit nachweist und den Unternehmenserfolg aus der gewöhnlichen operativen Geschäftstätigkeit klar herausarbeitet" (vergleiche Maier/Weiß/Heitmann 2016, S. 843). Das Schema sieht den EBITDAR (earnings before interest, taxes, depreciation, amortization or rent costs) als nachhaltiges Betriebsergebnis und zentrale Ergebnisgröße vor (vergleiche Tabelle 1). Damit wird die Betrachtung des bislang häufig verwendeten bereinigten EBITDAs weiterentwickelt, um die auch im Gesundheitswesen zunehmende Anwendung von Finanzierungsinstrumenten wie Leasing zur Finanzierung von Anlagevermögen zu berücksichtigen. Fördermittel sind an dieser Stelle im Schema noch nicht eingeflossen, wodurch auch ein Vergleich von Einrichtungen hinsichtlich ihrer Investitionsfähigkeit möglich wird. Mit dem Schema sollen die im Krankenhausbereich häufig voneinander abweichenden Rechenschemata der Ertragslage standardisiert werden, um eine Vergleichbarkeit der Krankenhäuser untereinander zumindest hinsichtlich der umsatzbezogenen Margen zu ermöglichen. Auf der Konzern- und Einrichtungsebene ist so der Erfolg des Unternehmens erklärbar.
Welche Abteilung leistet welchen Beitrag?
Krankenhäuser verfügen abhängig von ihrer Größe und Leistungsfähigkeit über eine ganze Reihe von Abteilungen mit eigenen Leistungen, Prozessen und Märkten. Um die einzelnen Beiträge zum Unternehmensergebnis zu beurteilen und zu steuern, sollten auch Krankhäuser kostenrechnerische Instrumente einsetzen (vergleiche Weber 2022, S. 222). In der jährlich erscheinenden Studie zum Krankenhauscontrolling in Deutschland wurde allerdings wiederholt festgestellt, dass nur rund die Hälfte der Krankenhäuser regelmäßig das Instrument einer Bereichsergebnisrechnung nutzt (vergleiche Crasselt/Wacker 2022). Die Entwicklung und Nutzung einer Bereichsergebnisrechnung ist in Krankenhäusern schon wegen der in der Regel relativ geringen Ausstattung mit Controllingpersonal zwar eine Herausforderung, allerdings aus den beschriebenen Gründen existenziell wichtig.
Der DVKC hat deshalb entschieden, einen Standard zur mehrstufigen Bereichsergebnisrechnung zu entwickeln, um Krankenhäuser bei dem Thema zu unterstützen (vergleiche Tabelle 2). Damit soll der individuelle Entwicklungsaufwand für die Controller in den Krankenhäusern gering gehalten und gleichzeitig ein fundiertes und sowohl wissenschaftlich als auch in der Praxis evaluiertes Instrument zur Verfügung gestellt werden. Mittlerweile führt eine Reihe von Krankenhäusern das Modell unter Begleitung des DVKCs ein.
Gemeinnützige Krankenhäuser müssen ihr etriebswirtschaftliches Instrumentarium dringend erweitern.
Der Standard sieht eine nach unten abnehmende Beeinflussbarkeit in den einzelnen Ergebnisstufen vor. Die Einrichtung kann frei definieren, auf welcher Ebene der einzelne Bereich zu steuern ist. In CS 200 werden sachlogisch zusammenhängende Sachverhalte unabhängig von der buchhalterischen Logik zusammengeführt. So werden beispielsweise extern bezogene Laborleistungen mit den im eigenen Haus erstellten gemeinsam dargestellt. Zu der Methodik der Erlösverteilung bei abteilungsübergreifend behandelten Patienten gibt der Standard ebenfalls Vorgaben. Weiterhin sind marktnahe Verrechnungspreise vorgesehen, um Gewinnverschiebungen zwischen den Bereichen möglichst auszuschließen. Wegen der Standardisierung des Berechnungsverfahrens besteht die Möglichkeit, Quervergleiche mit gleichartigen Abteilungen anderer Einrichtungen durchzuführen. Die Bereichsleiter erhalten so ein zuverlässiges Instrument, das auch hohen Ansprüchen an eine methodische Qualität genügt. Deshalb ist zu erwarten, dass mit der Nutzung dieses Standards mehr über mögliche Ansatzpunkte zur Verbesserung der Ergebnisse als wie bisher über deren Berechnungsmethode diskutiert wird (nähere Informationen zur Funktionsweise des Standards und der Pilotphase bei Maier/Weiß 2021; Crasselt/Wacker 2022).
Wie laufen die einzelnen Leistungen einer Fachabteilung?
Der einzelne Bereich, zum Beispiel die Klinik für Kardiologie eines Krankenhauses, erbringt eine ganze Reihe unterschiedlicher Leistungen. Das können im Falle der Kardiologie beispielsweise Linksherzkatheter-Untersuchungen oder Ablationen sein. Um die Aussage zur Wirtschaftlichkeit der Klinik noch differenzierter zu betrachten, hat es sich bewährt, Portfolioanalysen durchzuführen. Dazu ist es notwendig, die Leistungen nach medizinischen Kriterien zu clustern, die eine Steuerung durch die verantwortlichen Mediziner unterstützen. Beispielsweise ist das von der DRG Research Group entwickelte System der Klinischen Leistungsgruppen (KLG) für diese Zwecke nutzbar. Alle Behandlungsfälle beziehungsweise deren Ergebnisse aus der Fallkostenrechnung werden genau einer KLG zugeordnet. Die jeweiligen Fallkosten werden mit aus den Abrechnungserlösen entwickelten Zielkosten verglichen, um so die Wirtschaftlichkeit je Fall und je KLG zu ermitteln. Aus den Ergebnissen lassen sich Handlungsoptionen zur Kostenanpassung oder Mengenentwicklung ableiten. Eine Mengensteigerung, um beispielsweise Skaleneffekte zu nutzen, wird sich nur realisieren lassen, wenn das dafür erforderliche Marktpotenzial besteht. Insofern ist es sinnvoll, neben der Wirtschaftlichkeit auch die Marktsituation zu analysieren. Der Gesundheitsmarkt ist weit überwiegend lokal oder regional geprägt. Im ersten Schritt ist das eigene Einzugsgebiet zu definieren. Das lässt sich mit Bordmitteln aus den Patientendaten bewerkstelligen, weil je Patient der Wohnort nebst Postleitzahl im Krankenhausinformationssystem abgespeichert wird. Die Krankenhaushäufigkeit lässt sich aus den Landes- und Bundesstatistiken in Bezug auf Krankheiten und Prozeduren ermitteln und mit den Bevölkerungsdaten der Postleitzahlenbezirke korrelieren, um eine erwartete Patientenanzahl zu definieren. Das Marktpotenzial ergibt sich aus der Subtraktion der selbst behandelten Patienten von der erwarteten Patientenzahl. Zur Beurteilung, ob ein Markt lohnend erscheint, sind außerdem die eigene und die Stärke der jeweiligen Mitbewerber einzuschätzen. Daneben sind noch weitere Faktoren einzubeziehen, die in der Zukunft auf die Marktattraktivität einwirken, wie zum Beispiel ein etwaiges Potenzial zur Ambulantisierung der jeweiligen Leistung. Die Ergebnisse lassen sich in einem Portfolio der Leistungsgruppen je Klinik darstellen (vergleiche Abbildung 1).
Ohne unterstützendes Change Management ist die Gefahr des Scheiterns groß.
In der Vierfeldertafel sind Primärhandlungen als Standard hinterlegt:
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1.
Marktpotenzial hoch, Wirtschaftlichkeit gering: Wirtschaftlichkeit optimieren, dann Marktabschöpfung steigern, sonst Reduktion prüfen.
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2.
Marktpotenzial hoch, Wirtschaftlichkeit hoch: Marktabschöpfung ausbauen.
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3.
Marktpotenzial gering, Wirtschaftlichkeit hoch: Leistungsmenge halten.
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4.
Marktpotenzial gering, Wirtschaftlichkeit gering: Wirtschaftlichkeit optimieren, sonst Reduktion prüfen.
Die Ergebnisse der Portfolioanalyse beantworten wichtige Fragen zur Entwicklung der strategischen Ausrichtung des Krankenhauses: Was sind meine Gewinnbringer? Wo erziele ich Verluste? Wo liegen unsere zukünftigen Chancen? Bei diesen Überlegungen sind Aspekte des Versorgungsauftrages und eine Reihe weiterer Rahmenbedingungen zu beachten.
Ausblick und Schlussbetrachtung
Ein im April 2022 veröffentlichtes Gutachten beschreibt ein ganz erhebliches Ambulantisierungspotenzial unter den derzeit stationär behandelten Patienten und empfiehlt eine Verdopplung der bisher im Katalog für ambulantes Operieren vorgesehenen Leistungen (IGES 2022). Das erhöht für Krankenhäuser weiter den Druck, die Kostensituation stringenter zu steuern und gleichzeitig ihr Leistungsportfolio zu bereinigen. Hierfür braucht es entsprechende Change-Management-Projekte, die durch die oberste Leitung entschieden und permanent unterstützt werden. Denn auch wenn der Handlungsdruck groß ist und die prekäre Situation spätestens seit der Corona-Pandemie nicht an den Mitarbeitern vorbeigegangen sein dürfte, stellt die Einführung der beschriebenen Instrumente oder ein Relaunch derselben einen tiefen Eingriff in die Unternehmenskultur dar. Im Zweifel kann schon das bloße Erzeugen von Transparenz als bedrohliche Veränderung wirken. Neben der Einbindung der obersten Leitung müssen Meinungsführer gewonnen werden. Gegebenenfalls ist auch externe Unterstützung erforderlich, um die Arbeitslast des Controllings zu reduzieren und die vorhandene Expertise zu verbreitern. Die Feststellung eines Gefühls der Change-befördernden Dringlichkeit (Sense of Urgency) dürfte im Krankenhaus angesichts der aktuellen Entwicklungen der Rahmenbedingungen hingegen sehr leichtfallen.
Die geplante strukturelle Neuordnung der Krankenhauslandschaft könnte die Krankenhäuser bei ihren Steuerungsvorhaben unterstützen. Ansätze einer detaillierteren Krankenhausplanung bestehen in Nordrhein-Westfalen. Auch der Koalitionsvertrag 2021 auf der Bundesebene sieht eine diesbezügliche Veränderung der Politik vor. Vermutlich wird der Weg der Regulatorik eher langsam sein. Schnell wirken allerdings die jetzt schon etablierten Strukturvoraussetzungen für die abrechnungsrelevanten Prozedurenschlüssel und Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses, die vom Medizinischen Dienst streng kontrolliert werden. Die Handlungsnotwendigkeit für die Krankenhäuser ist also äußerst dringlich. Das dort vorhandene Controllinginstrumentarium ist vielfach als "ausbaufähig" zu bezeichnen. Den Krankenhäusern kann nur geraten werden, ihre Instrumente im oben beschriebenen Sinne möglichst schnell auszubauen.
Literatur
Crasselt, N./Wacker, F. (2022): Überwindbare Hürden, in: KU Gesundheitsmanagement, 05/2022, S. 17-19.
DKG (2021): Positionen der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags, https://go.sn.pub/KGeocB (letzter Abruf: 21.07.2022).
DVKC (2021): Standard CS 100, www.stacog.de/standard-100 (letzter Abruf: 21.07.2022).
DVKC (2021): Standard CS 200, www.stacog.de/standard-cs-200 (letzter Abruf: 21.07.2022).
Eisenmenger, N. (2021): Das aG-DRG-System, 1. Auflage, Backnang.
Hentze, J./Kehres, E./Maier, B. (2022): Kosten- und Leistungsrechnung in Krankenhäusern, 6. Auflage, Stuttgart.
IGES (2022): Ambulantisierung: Gutachten nennt 2.500 neue AOP-Leistungen, https://go.sn.pub/eO8vse (letzter Abruf: 21.07.2022).
Maier, B./Weiß, A. (2021): Start für den CS 200, in: f & w 01/2021, S. 66-69.
Maier, B./Weiß, A./Heitmann, C. (2016): Ein Quantum Transparenz, in: f&w 09/2016, S. 842-845.
Weiß, A. (2012): Weg mit Rasenmäher und Gießkanne, in: KU Gesundheitsmanagement, 10/2012, S. 48-51.
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Weiß, A. Gemeinnützige Krankenhäuser effizienter steuern. Control Manag Rev 66, 38–46 (2022). https://doi.org/10.1007/s12176-022-1004-x
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