Liebe Leserinnen und Leser,
seit Jahren wird viel über Künstliche Intelligenz gesprochen. Allmählich setzt sich auch in der Finanzfunktion die Einsicht durch, dass das mit dem Begriff verbundene Bündel von Schlüsseltechnologien die Praxis von Controlling und Unternehmenssteuerung nachhaltig verändern wird. Konkrete Use Cases finden sich schon heute bei der Vorhersage von Umsätzen, Kosten, Zahlungsverhalten, Kreditausfällen, Kundenloyalität und anderen Dingen mehr, der laufenden Anpassung von Preisen, der Kommentierung von Berichten oder auch dem Versenden von Alerts bei außergewöhnlichen Ereignissen.
Solche Anwendungen sind in der Regel schon per se wertstiftend. Wenn wir nun aber einen Schritt weitergehen, stellt sich die Frage, ob nicht auch verschiedene Use Cases und die dahinterliegenden Methoden wertstiftend kombiniert und am Ende ganze Prozessketten intelligent automatisiert werden können. Der Gedanke führt uns zum Konzept der intelligenten Automatisierung, auch Hyperautomatisierung genannt, mit dem wir uns im vergangenen Jahr an der WHU intensiver auseinandergesetzt haben. Danach verfügen Menschen über ein Set an unterschiedlichen Fähigkeiten, wie Denken und Lernen, Sehen, Sprechen, Ausführen. Und unterschiedliche Technologien stehen bereit, diese menschlichen Fähigkeiten zu unterstützen, zu erweitern oder gar durch ihren Einsatz zu ersetzen. So können im einfachsten Fall manuelle Tätigkeiten wie das Schreiben oder das Übertragen von Informationen durch einfache Programmierlösungen und die sogenannte Robotic Process Automation von Software-Lösungen ("der Maschine") übernommen werden. Genau hier setzt in der Regel auch das intuitive und umgangssprachliche Verständnis von Automatisierung an und viele von Ihnen haben in den vergangenen Jahren erste Erfahrungen damit gesammelt. Mit Künstlicher Intelligenz haben diese Anwendungen allerdings noch sehr wenig zu tun. Sie kommt ins Spiel, wenn es darum geht, auch andere menschliche Fähigkeiten zu automatisieren. Dabei kann die menschliche Sehkraft durch optische Zeichenerkennung und die automatisierte Analyse von Bildern und Filmen und das menschliche Hören durch die Methoden der Computerlinguistik ergänzt oder ersetzt werden. Ganz analog kann Machine Learning unsere Fähigkeit zu denken und zu lernen unterstützen. Und in der Kombination der verschiedenen Methoden kann es schließlich gelingen, ganze Prozessketten nicht nur effizienter, sondern auch effektiver zu gestalten.
Die Finanzfunktion ist beim Thema Künstliche Intelligenz sicherlich kein Vorreiter. Das muss sie auch nicht sein. Dennoch gilt es, hier nicht den Anschluss zu verpassen und das Thema proaktiv anzugehen. Zum einen muss gerade die Finanzfunktion ihren Beitrag leisten, um die enormen Effizienz-, Qualitäts- und Geschwindigkeitspotenziale, die mit den neuen Technologien verbunden sind, zu heben. Zum anderen sollten Finanzvorstände und Controller bei Automatisierungsthemen unbedingt sprach- und argumentationsfähig bleiben und durch den Einsatz entsprechender Technologien neue Einsichten generieren und bessere Entscheidungen ermöglichen. Für alle drei Bereiche gilt gleichermaßen: Wenn Controller und Finance Professionals die Herausforderung nicht oder zu spät annehmen, werden andere an ihre Stelle treten und die intelligente Automatisierung von Unternehmenssteuerung und Controlling vorantreiben. Und vielleicht früher, als wir heute denken.
Viel Spaß bei der Lektüre wünschen Ihnen

Utz Schäffer

Jürgen Weber
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Schäffer, U., Weber, J. Intelligente Automatisierung. Control Manag Rev 66, 3 (2022). https://doi.org/10.1007/s12176-022-0505-y
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