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Das vom Kinderrechtler Manfred Liebel verfasste Buch „Kritische Kinderrechtsforschung. Politische Subjektivität und die Gegenrechte der Kinder“ stellt die Idee von Kinderrechten und der kritischen Kindheitsforschung ausführlich vor. Liebel nimmt die Perspektiven und Sichtweisen der Kinder ernst und sein Fokus liegt hier auf deren Verknüpfung „einer kritischen Theorie der Kinderrechte“ (S. 17) und der Kindheitsforschung. Durch seine kritische Betrachtung fordert Liebel „[…] die Rechte der Kinder als einen nicht abschließbaren Prozess zu verstehen. […] d. h. aus ihrer Lebenswirklichkeit heraus, ihre Bedürfnisse und Rechte auf ein besseres Leben in umsetzbare Forderungen und Verpflichtungen gegenüber Regierungen und Machteliten überführen“ (S. 13). Ferner macht er nicht nur darauf aufmerksam, wie die soziale Stellung von Kindern und ihre Handlungsmöglichkeiten global erweitert werden, sondern vielmehr wie diese rechtlichen Voraussetzungen begleitet und unterstützt werden können. Der Band besteht insgesamt aus zwei Teilen und umfasst zehn Kapitel. Im ersten Teil (Kapitel 1–5, S. 21–138) geht es um „Kinderrechte von unten“ (S. 17). Im zweiten Teil (Kapitel 6–10, S. 139–238) werden die Grundfragen der „Kritische Kinderrechtsforschung“ dargelegt (S. 19). Das Gesamtfazit nimmt die Gegenrechte der Kinder in den Blick und wie diese von ihnen umgesetzt werden können. Im ersten Teil des Buchs, Kinderrechte von unten, werden die Kinderrechte aus einer mehrdimensionalen Sicht betrachtet. Im Kapitel 1, „Kinderrechte und die Perspektiven des Subjekts“ in Überlegungen zum Kind als Rechtssubjekt ein.“ (S. 23–42), erörtert Liebel die Problematik, Kinder ausschließlich auf deren Status als Rechtssubjekt zu reduzieren (Liebel 2023, S. 24). Er macht deutlich, dass „sie sich gegen unzumutbare Lebensbedingungen wehren“ können (S. 29). Liebel geht in Kapitel 2, „Kinderinteressen und die Handlungsrechte der Kinder“ (S. 43–70), der Frage nach, was denn genau Kinderinteressen seien, wer sie festlegt und wie sie ggf. von Kindern selbst durchgesetzt werden können. Dabei sind „[…] Aspekte ihrer Lebenssituation wichtig“ (S. 50) „[…] und ihre Interessen als handlungsfähige Menschen Anerkennung finden“ (2023, S. 69). Für den Autor ist in Kapitel 3. „Kinder zwischen Resilienz und Widerstand“ (S. 71–102) „den Sinn des Handelns der Kinder aus deren eigenen Perspektive und in seiner Bedeutung für die Bewältigung ihrer Lebenssituation zu verstehen“ (2023, S. 86) von Bedeutung. Widerstand und widerständiges Handeln von jungen Menschen sind aus seiner Sicht entscheidend. Für Liebel sind in Kapitel 4, „Der Gerechtigkeitssinn von Kindern“ (S. 103–118), „die Menschenrechte, und damit auch die Kinderrechte, als ein grundlegendes Kriterium von Gerechtigkeit und damit des Gerechtigkeitssinns zu betrachten“ von Bedeutung (S. 114). In Kapitel 5, „Kinderrechte und der Protagonismus der Kinder“, (S. 119–136) erläutert er „die Grundidee des Kinder-Protagonismus […]“ (S. 121). Dabei nimmt er die Perspektive „(als Erwachsene) […] ein und beschreibt wie „junge Menschen solidarisch […] unterstützt und gefördert werden können“ (Liebel 2023, S. 136). Im zweiten Teil werden die Grundfragen der Kinderrechtsforschung aufgezeigt. Liebel sieht die Kinderrechte als living rights und die zentrale Aufgabe der Kinderrechtsforschung liege darin, „zu erkunden, welche Bedeutungen Rechte im Leben von Kindern haben oder erlangen können“ (S. 149). Kapitel 7, „Wirtschaftliche und Arbeitsrechte – eine Leerstelle der Kinderrechtsforschung“, fokussiert die wirtschaftlichen und Arbeitsrechte, insbesondere im Globalen Süden. In Kapitel 8 setzen sich Manfred Liebel und Philip Meade intensiv mit dem Kinderwahlrecht und der intergenerationalen Gerechtigkeit auseinander. Gemeinsam mit Urszula Markowska-Manista betrachtet der Autor in Kapitel 9 „Ethische Herausforderungen partizipativer Forschung mit Kindern des Globalen Südens“ (S. 207–220): die „[…] die ungleiche Machtverteilung zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden, die […] in versteckten institutionellen Formen fortbesteht“ (S. 209 ff). Dazu gehören aus Forscherungsperspektive u. a. die selbstkritische Reflexion (S. 219). Im zehnten Kapitel „Nicht über, sondern mit uns! Epistemischer Ungehorsam in der Forschung zu Kindern und Kinderrechten“ (S. 221–238) wird die Auseinandersetzung als „eine selbstkritische Reflexion der akademisch Forschenden über ihre eigenen Privilegien und ihre eigene Dominanz im Forschungsprozess“ (S. 225) in den Blick genommen. Der Autor schließt das Buch mit einem Gesamtfazit, in dem er dafür plädiert, „den bisherigen Diskurs und die Praxis der Kinderrechte zu überdenken“ (S. 239) und dass junge Menschen befähigt, empowert und gestärkt werden, vorhandenen Ungerechtigkeiten zu begegnen und diese zu bekämpfen. Mit seiner Publikation bietet Liebel für die Kindheitsforschung und darüber hinaus neue kritische Denkanstöße. In diesem Kontext beschäftigt sich Liebel mit Theoretisierungen der Forschung zu Kinderrechten und der Kindheitsforschung und gibt Anregungen für weiterreichende Umsetzungen. Dieses Buch ist somit Pflichtlektüre für jene Kinderrechtler_innen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, jungen Menschen Voraussetzungen zu schaffen, damit sie als Subjekte und mit ihren Gegenrechten verstanden werden.