in meiner Kindheit war die Frage „Schämst Du Dich denn eigentlich nicht?“ ein fester Bestandteil der Erziehung: nach meiner Erinnerung wurde sie in Kindergärten, Schulen und auf Spielplätzen regelmäßig gestellt. Und es war dann nicht möglich, darauf gegebenenfalls ehrlich mit „Nein“ zu antworten...

Auch wenn die Beschämung als erzieherische Maßnahme inzwischen möglicherweise an Bedeutung verloren hat, wird trotzdem jeder das unangenehme Schamgefühl kennen: Erröten beispielsweise und der Wunsch, am liebsten im Boden zu versinken, um unsichtbar zu sein. Bei manchen Menschen tritt Scham nicht nur gelegentlich auf, sondern bestimmt deren Leben und macht es dadurch für sie schwierig. Andererseits werden der Scham auch positive gesellschaftliche Wirkungen zugesprochen: so kann sie etwa das Zusammenleben regulieren und Empathie fördern. Ein hohes Maß an Empathie scheint übrigens vice versa die individuelle Schamgrenze zu senken - bis hin zum Phänomen des „Fremdschämens“, das in den vergangenen Jahren vermehrt thematisiert wurde (und z.B. 2010 in Österreich „Wort des Jahres“ war). In unserem Schwerpunkt „Scham und Beschämung“ fragen wir, wo Beschämung bzw. Scham im Kontext Sozialer Arbeit vorkommen und welche Intentionen mit Beschämungspraktiken verfolgt werden.

In „Praxis aktuell“ geht es um „Gender Budgeting“, also einem Konzept, das öffentliche Ausgaben einer geschlechtsspezifischen Analyse unterzieht und dem Ergebnis entsprechend anpasst. In Berlin und Freiburg wurden damit bereits erste Erfahrungen gesammelt. Im Schwerpunkt blicken wir jedoch nicht nur auf diese beiden Leuchttürme, sondern stellen auch einen Bezug dieses Konzepts zur Sozialen Arbeit her: Hier sind Auswirkungen auf sehr unterschiedlichen Ebenen vorstellbar. Sicher scheint aber, dass es sich um ein Modell handelt, „das ohne den expliziten Willen der politisch Verantwortlichen nicht funktionieren kann und nicht funktionieren wird“, wie es Sabine Hering in ihrem Beitrag zusammenfasst.

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