Liebe Leserinnen und Leser des AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv,

wie schon in der letzten Ausgabe angekündigt, liegt beginnend mit diesem Heft die Schriftleitung des AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv in neuen Händen. Nach der erfolgreichen Konstituierung der Zeitschrift durch Hans Wolfgang Brachinger hat Ralf Münnich, nach dem frühen Tod des Gründungsherausgebers im Jahre 2011, die Zeitschrift sehr erfolgreich weitergeführt. Insbesondere die Aufnahme des AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archivs in das Handelsblatt-VWL-Ranking im Jahre 2015 und die damit verbundene Möglichkeit, Publikationen im AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv als Prüfungsleistung an einigen deutschen Hochschulen im Rahmen einer kumulierten Promotion anerkennen zu lassen, war ein wichtiger Meilenstein in der Zeit der Herausgeberschaft von Ralf Münnich.

Wir als neue Herausgeber, Timo Schmid und Markus Zwick, übernehmen die Verantwortung einer wohl etablierten Fachzeitschrift. Für das AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv ist es das erste Mal, dass die Schriftleitung geteilt wird. Für die weitere Zeitschrift der Deutschen Statistischen Gesellschaft, das AStA Advances in Statistical Analysis, hat die gemeinsame Herausgeberschaft schon eine längere Tradition. Die gemeinsame Schriftleitung hat den Vorteil, dass sehr unterschiedliche Themen und Personenkreise durch die ‚Editor in Chief‘ erreicht werden können. Timo Schmid als Professor an der Freien Universität Berlin bringt hier ein breites Netzwerk aus der universitären Statistik mit, während Markus Zwick als langjähriger Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes insbesondere eine breite Vernetzung zur amtlichen Statistik im In- und Ausland in die Herausgeberschaft mit einbringt. Darüber hinaus bedeutet eine gemeinsame Verantwortung natürlich auch, dass die mit dem Editorial verbundenen Aufgaben, geteilt werden können.

Mit dem Wechsel der Herausgeberschaft hat sich auch der Herausgeberbeirat ein wenig gewandelt. Die Herren Eckart Bomsdorf, Manfred Ehling, Siegfried Gabler und Stefan Huschens gehören leider aus verschiedenen Gründen dem Beirat nicht mehr an. Wir danken, auch im Namen von Ralf Münnich, für die stets sehr gute Mitarbeit im Editorial Board. Für den Herausgeberbeirat konnten wir Michael Fürnrohr, Ralf Münnich, Walter Radermacher und Ulrike Rockmann neu gewinnen. Ihnen der Dank für ihre Bereitschaft künftig gemeinsam mit den weiteren Beiratsmitgliedern und uns die Geschicke der Zeitschrift zu lenken.

Leider beginnen die Artikel unserer ersten Ausgabe mit einer traurigen Nachricht. Am 9. Dezember 2016 ist Dr. Rolf Wiegert, langjähriges und sehr aktives Mitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft, verstorben. Rolf Wiegert hat es wie kaum ein Zweiter verstanden, den Dialog zwischen der universitären und der Amtsstatistik zu entwickeln und zu fördern. Insbesondere ist sein Engagement im Aufbau und der Etablierung des ‚Wiesbadener Wissenschaftlichen Kolloquiums‘, das 2016 sein 25. Jubiläum feierte, unvergessen. Seine Weggefährten Jürgen Chlumsky, Ralf Münnich und Jürgen Schmidt haben den Nachruf auf Rolf Wiegert formuliert (Chlumsky et al. 2017).

Die Zusammenführung verschiedener Mikrodatenbestände zur Beschreibung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Zusammenhänge hat, insbesondere auch im Zeitalter neuer digitaler Datenquellen, eine immer größere Bedeutung erlangt. Integrierte Mikrodatensätze erlauben vielfach einen deutlich differenzierten Blick auf Sachzusammenhänge und dies ohne zusätzliche Belastung von Auskunftgebenden. René Söllner und Sandra Jung (2017) nutzen für ihren Beitrag integrierte Unternehmensdaten, die innerhalb des Eurostat Projektes ‚Micro data linking of Structural Business Statistics and other business statistics‘ für Deutschland entstanden sind, für die Fragestellung, ob international vernetzte Unternehmen, sei es als Importeur und/oder Exporteur, Marktvorteile aufweisen. Dabei kommen die Autoren zu Ergebnissen, die teilweise im Widerspruch zu anderen vorliegenden empirischen Aussagen liegen. Dies ist ein weites und spannendes Feld im Zusammenspiel von Datenproduktion und empirischer ökonomischer Analyse, welches künftig noch viele neue Erkenntnisse erwarten lässt. Wie Wagner (2015) in seinem auch im Artikel zitierten Beitrag zeigte, hat die mikrodatenbasierte Unternehmensanalyse, gerade auch auf der Grundlage integrierter Unternehmensdaten, eine gewisse Tradition in Deutschland. Erfreulicherweise hat auch der Gesetzgeber mit der Änderung des § 13a Bundesstatistikgesetzes im Jahre 2016 die Notwendigkeit anerkannt, dass zusammengeführte Unternehmensdaten eine statistische wie wissenschaftliche Relevanz haben. Nunmehr ist es möglich, Unternehmensdaten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder sowie der Bundesbank zur Gewinnung von statistischen Informationen ohne zusätzliche statistische Erhebungen unter bestimmten Bedingungen zusammenzuführen. Aus diesem Grund können wir für die Zukunft auf weitere integrierte Mikrodatensätze hoffen, die, wie die vorliegende Arbeit zeigt, neue Einsichten in Marktzusammenhänge erlauben.

Die zunehmende Digitalisierung erfasst heutzutage immer größere Bereiche der Gesellschaft, der Wirtschaft wie auch der Umwelt und führt zu neuen (großen) Datenquellen. Es wird zunehmend bedeutsam diese Quellen durch Kenntnisse im Bereich Datenverarbeitung und -auswertung zur adäquaten Beschreibung realer Begebenheiten in Wirtschaft und Gesellschaft zu nutzen. Forschungsleistung und Ausbildung im Bereich der Statistik kann sich daher zu einem wesentlichen Standortvorteil in den nächsten Jahren entwickeln. Szugat et al. (2017) verwenden für ihren Beitrag die Publikationsraten von Ländern in internationalen Statistik-Zeitschriften als Näherung für die jeweilige Forschungsleistung. Welche Faktoren beeinflussen nun diese Publikationsraten? Sind etwa Länder mit einem hohen Anteil an Universitäten mit eigenständigem Statistik-Fachbereich besonders produktiv? Wie schlägt sich Deutschland im internationalen Vergleich? Diese und weitere Fragen werden in der Arbeit von Szugat et al. (2017) statistisch diskutiert. Als Datengrundlage dienen rund 3600 Artikel aus dem Zeitraum 2010 bis 2016 aus 16 international hochwertig geltenden Statistik-Zeitschriften. Der Beitrag soll auch die Grundlage zu einem weiteren Diskurs zu dem Thema „Evaluierung und Messung von wissenschaftlicher Forschung“ darstellen. Szugat et al. (2017) verwenden für die Bewertung der Statistik-Zeitschriften internationale Journal-Rankings. Diese Rankings stellen häufig die Grundlage für die Beurteilung der Leistung von Wissenschaftlern (etwa in Berufungsverfahren) dar und sind somit entscheidend für die Karriereentwicklung bzw. Reputation. Können diese Rankings als Grundlage für einen fairen Vergleich unterschiedlicher Disziplinen herangezogen werden? Welche zusätzlichen Kriterien können für die Evaluierung von Wissenschaftlern herangezogen werden? Wie bewerten und messen andere Länder wissenschaftliche Forschung?

Wir würden uns freuen, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich in Form von Beiträgen aktiv an der Diskussion beteiligen.

Zusätzlich freuen wir uns, dass wir die Reihe der Interviews mit namhaften Statistikern im AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv weiter fortsetzen können. Dieses Mal mit dem ehemaligen Vorsitzenden und Ehrenmitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft Peter-Theodor Wilrich, mit dem Walter Krämer (2017) während der Statistischen Woche 2016 in Augsburg die Zeit fand, das mit diesem Heft veröffentlichte Interview zu führen. Peter-Theodor Wilrich gilt als einer der führenden Vertreter der Technischen Statistik weltweit. Es ist ein Glück für die deutsche Statistik, dass er nach seinem Physikstudium in Elektro- und Nachrichtentechnik an der Universität Hamburg und der RWTH Aachen den Weg an das Institut für Statistik der RWTH Aachen unter der damaligen Leitung von Kurt Stange fand. Die Ausführungen dazu, wie ein Physiker den Weg in die Statistik findet, sind im Artikel sehr interessant beschrieben. Schon die Dissertation mit dem Titel ‚Das Zeitverhalten offener exponentieller Warteschlangensysteme mit einer oder mehreren parallelen Bedienungsstationen und unendlich vielen Warteplätzen‘ zeigte deutlich die Verbindung, die Peter-Theodor Wilrich zwischen Physik und Statistik fand. In diesem Zusammenhang hervorzuheben sind auch die regelmäßigen internationalen Tagungen „Frontiers in Statistical Quality Control“, deren Ergebnisse er in acht Proceedings Bänden herausgegeben hat.

Und nun wünschen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Spaß bei der Lektüre unserer ersten Ausgabe von AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv.

Timo Schmid und Markus Zwick