Betrachtet man die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet der Ätiologie, Diagnostik und Therapie der Parodontalerkrankungen, so kann man kaum nachvollziehen, weshalb die Parodontitis immer noch zu den Volkskrankheiten zählt. Bei über 40-Jährigen führt sie sogar, wie eine kürzlich veröffentliche Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) zeigt, noch immer häufiger zum Zahnverlust als die Karies.

Die Parodontitis führt bei über 40-Jährigen häufiger zum Zahnverlust als Karies

Dabei könnte jeder Patient bei Blutungen des Zahnfleischs, die durch mechanische Berührungen ausgelöst werden, schon aufgrund der Zahncremewerbung die Selbstdiagnose Zahnfleischentzündung stellen und damit die Aufbruchstimmung in Richtung Zahnarztpraxis erhöhen. Vielleicht erweist sich aber dabei oft die Tatsache als hinderlich, dass die Parodontitis keine Schmerzen hervorruft. Oder die immer noch an Stammtischen und bei Kaffeekränzchen kursierende Fehlinformation, dass die Behandlung sehr schmerzhaft sei, schüchtert den Patienten ein.

Mit welchen Konsequenzen der therapeutischen parodontalen Maßnahmen unsere Patienten trotz deutlich weniger invasiven Therapiekonzepten zu rechnen haben und über welche Sekundäreffekte wir unsere Patienten vor der Behandlung informieren sollten, greift der Beitrag aus der Züricher Klinik auf.

Die Reduktion der Entzündung und der Taschentiefen hat Umbauprozesse und Gewebeschrumpfungen im Bereich des Zahnhalteapparats zur Folge; neben den ästhetischen Veränderungen gehören die empfindlichen Zahnhälse zu den häufigsten Patientenbeschwerden. Der Beitrag aus der Kieler Klinik beschäftigt sich mit der Frage, welche therapeutischen Konzepte heute neben der Behandlung überempfindlicher Zähne („üZ“) in den Praxen herangezogen werden können, um diesen Alltagsbeschwerden auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu begegnen.

Viele Patienten hoffen auf eine komplette Wiederherstellung des Zahnhalteapparats

Dem modernen Zeitgeist wohnt der hohe Anspruch an die Medizin inne, nach eingetretener Erkrankung den Zustand des Gesunden komplett wiederherzustellen. Eine entsprechende Hoffnung verbinden unsere Patienten auch mit den parodontalen Therapieangeboten. Dass trotz erheblicher Bemühungen der Wissenschaft und Praxis die Aussichten auf eine komplette Wiederherstellung des komplizierten Zahnhalteapparats immer noch nicht die besten sind, ist Inhalt des Beitrags zur regenerativen Parodontaltherapie aus der Münchener Praxis. Da diese Maßnahmen noch dazu aufwendig und teuer sind, fasst der Beitrag diejenigen Faktoren zusammen, die der Zahnarzt in der Praxis für die Erfolgsabschätzung kennen sollte.

Während in der Vergangenheit das Zahnfleischbluten oder die Zahnlockerung im Morgenmagazin oder der Apothekenrundschau kaum thematisiert wurden, fanden die Zusammenhänge zwischen parodontalen Erkrankungen und einem erhöhten Risiko für systemische Erkrankungen wie Atherosklerose, Diabetes mellitus und Schlaganfall in der Öffentlichkeit durchaus größere Beachtung. Am Beispiel der rheumatischen Erkrankungen zeigt unsere Autorin aus der Medizin die gemeinsamen pathogenetischen und immunpathologischen Aspekte auf.

Da die entzündlichen Prozesse der Mundhöhle oft nicht nur lokale Ursachen und Auswirkungen haben, werden diese Erkenntnisse zukünftig ein Umdenken bei Patienten und Zahnärzten bewirken. Dabei den Blick über die lokale Symptomatik hinaus zu schärfen, kann allen Beteiligten nur nutzen, denn Zahnfleischbluten und Zahnverlust stehen immer auch in Zusammenhang mit der allgemeinen Situation des Menschen und seinen mehr oder weniger gut funktionierenden Abwehrmechanismen. Medizinische Aspekte werden in der Zahnmedizin nicht an Bedeutung verlieren.

Ihr Norbert Grosse