Mehr als zwei Jahre liegt das letzte Heft mit dem Themenschwerpunkt Implantologie zurück und man stellt sich die Frage, inwieweit sich der Stellenwert der Implantologie im Fächerkanon der zahnmedizinischen Fachgebiete verändert hat. Die Antwort fällt leicht: Sie ist eigentlich noch zentraler geworden!

Wie sehr implantologische Maßnahmen bei therapeutischen Überlegungen auch in andere Gebiete hineinreichen, zeigen die übergeordneten Fragestellungen der Fachkongresse. So z. B. die Frage, ob es noch sinnvoll ist, eine aufwendige endodontische Versorgung oder parodontale Behandlung von kritischen Zähnen durchzuführen – wo die implantologische Therapie so gute Erfolge vorweisen kann.

„Zahnerhalt oder Implantat“ ist ein gerne gewähltes Diskussionsthema

Dabei ist es grundsätzlich kein Nachteil, wenn die Vielfältigkeit der Therapiemöglichkeiten konkurrierende Überlegungen mit sich bringt – aber wie oft in der Zahnmedizin ist die Entscheidungsfindung nicht leichter geworden.

Es eröffnet sich hier ein breites Betätigungsfeld der Versorgungsforschung, um durch Langzeitstudien und Kosten-Nutzen-Vergleiche entsprechende Entscheidungshilfen einzubringen.

Die zunehmende Bedeutung der Implantologie wird dabei durch den weitverbreiteten Wunsch der Patienten nach festsitzendem Zahnersatz und die forcierte Vermarktung dieser Entwicklung durch die Dentalindustrie beschleunigt.

Wir alle täten aber gut daran, vor Übertreibungen und ungerechtfertigter Erwartungshaltung zu warnen. Keine Entwicklung kann so gut sein, dass ihr keine Grenzen gesetzt wären. Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Implantologie mit dem Thema „Misserfolge erkennen und beherrschen“ im Herbst 2010 zeugt von dieser Notwendigkeit und dem Mut, diese auch zuzugeben.

Wie die Fallstricke schon in der Planung liegen können, wo es zu Früh- und Spätkomplikationen kommen kann, und welche allgemeinmedizinischen und systemischen Faktoren eine Rolle spielen, das muss auch öffentlich diskutiert und erkannt werden.

Das neue Heft Implantologie von wissen kompakt lässt diese Überlegungen nicht außen vor. So beschreibt der Beitrag aus der Kieler Klinik nicht nur die beeindruckenden Möglichkeiten der Knochenaugmentationsverfahren, sondern greift auch das Komplikationsmanagement auf. Die erhöhte Gefahr der Periimplantitis und des Implantatverlustes im parodontal geschädigten Gebiss wird im Artikel aus der Berner Klinik deutlich. Wie ein überlegtes Weichgewebsmanagement und die richtige Wahl des Knochenersatzmaterials den Behandlungserfolg in der Implantologie stabilisieren können, wird in den Beiträgen aus der Würzburger und der Mainzer Klinik beleuchtet.

Alle Beiträge können die zentrale Rolle der Implantologie in der Zahnmedizin festigen und unsere Maßnahmen in der Praxis noch erfolgreicher machen.

Möge es auch immer so bleiben!

Mit kollegialen Grüßen

Ihr Norbert Grosse